Parteienfinanzierung

Eine halbgare Entflechtung – die FDP und die Glücksspiellobby

Auf ihrem Parteitag hat die FDP am Wochenende tatsächlich die Kaufpreise für die jüngsten Geschäfte mit der Spielautomatenfirma Gauselmann genannt. Demnach brachte die Auflösung der wechselseitigen Firmenbeteiligungen der FDP 864.000 Euro ein. Die neue Transparenz ist positiv. Aber die Frage bleibt: Ist das ein Bruch mit der Glücksspielindustrie, der nur nebenbei Geld in die FDP-Kassen […]
von 15. März 2013

Foto Spielautomat, CC BY-SA 3.0, Quelle: http://bit.ly/rN3Bp4Auf ihrem Parteitag hat die FDP am Wochenende tatsächlich die Kaufpreise für die jüngsten Geschäfte mit der Spielautomatenfirma Gauselmann genannt. Demnach brachte die Auflösung der wechselseitigen Firmenbeteiligungen der FDP 864.000 Euro ein. Die neue Transparenz ist positiv. Aber die Frage bleibt: Ist das ein Bruch mit der Glücksspielindustrie, der nur nebenbei Geld in die FDP-Kassen brachte? Oder ist es eine Geldspritze für die FDP, die als Entflechtung verkauft wird? Nach unserer Analyse bleibt die Entflechtung zumindest halbgar. Wir können keinen vollständigen Bruch zwischen FDP und Glücksspielindustrie erkennen.

Kontroverse um den Wert der Beteiligungen

Ausgangslage waren Investitionen der Gauselmann-Gruppe von knapp 2 Mio. Euro in zwei FDP-Tocherfirmen in den Jahren 2004 und 2007. Der Automatenhersteller hielt danach 29% der ProLogo, die das Sponsoring der FDP abwickelt, und 40% der FDP-Druckerei altmann-druck. Ende 2012 kaufte die FDP die ProLogo-Anteile für 696.000 Euro zurück. Gauselmann kaufte zugleich die verbleibenden Druckerei-Anteile für 1,56 Mio. Euro. Zusammengenommen brachte das Geschäft der FDP 864.000 Euro in die klammen Kassen – Geld, das die verschuldete Partei im Wahljahr gut gebrauchen kann.

Umstritten ist, ob die Druckerei ihren Preis wirklich wert ist. Die FDP verweist darauf, dass das Geschäft durch die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) begleitet worden sei. PwC habe demnach durch ein Gutachten den Wert der Prologo- und Altmann-Anteile bestimmt. Allerdings war altmann-druck die letzten Jahre defizitär. 2011 machte die Druckerei einen Verlust von 82.423 Euro. Gegenüber dem ARD-Magazin Monitor sagte Regine Buchheim, Professorin für Rechnungswesen von der Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin: Angesichts der Verluste sei die Investition von Herrn Gauselmann „betriebswirtschaftlich schwer nachvollziehbar“.

Insgesamt stellt sich die Frage, warum die Gauselmann Gruppe die wenig ertragreiche Druckerei altmann-druck für ein gutes Investitionsobjekt hält. Warum will eine Spielautomatenfirma auf einmal eine kleine Druckerei kaufen? Als rein wirtschaftlich motivierte Investition erschließt sich der Kauf der Druckei durch die Gauselmann-Gruppe für uns nicht.

Halbgare Entflechtung: die Nähe bleibt

Die nächste Frage: Was verliert die FDP durch den Verkauf? Verändern sich nun die Geschäftsbeziehungen der FDP zur Druckerei? Im Herbst noch betonte die FDP uns gegenüber, wie nützlich eine eigene Druckerei sei. Kurz darauf verkauft sie altmann-druck komplett. Tatsächlich wird die Firma weiter als FDP-Druckerei arbeiten. Die FDP antwortete uns dazu:

„Die Firma Altmann Druck GmbH bleibt, solange sie im Wettbewerb besteht, der vorrangige Druck- und Logistik-Partner der FDP Bundespartei und, wie wir annehmen, auch vieler Gliederungen der FDP.“

Im Januar wurde der bisherige Geschäftsführer der altmann-druck, Jörg Paschedag, zum Geschäftsführer der FDP ernannt. Die Geschäftsführung der Druckerei wurde intern neu besetzt, die neue Geschäftsführerin ist eine langjährige Mitarbeiterin der Druckerei und kommt ebenfalls von der FDP: Sabine Kibath, in den Jahren zuvor u.a. Schatzmeisterin des FDP-Bezirks Berlin-Treptow-Köpenick. Gauselmann hat also niemanden aus der eigenen Firma an die Spitze seiner Druckerei geholt.

Es bleibt also personell eine große Nähe zur FDP. Die Partei wird zudem im Wahljahr 2013 über die Druckerei laufend in Geschäftsbeziehung zur Gauselmann Gruppe stehen. Von außen wird es kaum nachzuvollziehen sein, ob dabei wirklich mit Marktpreisen gerechnet wird oder ob Gauselmann die FDP indirekt durch günstige Preise unterstützt. Theoretisch könnte er natürlich die FDP auch durch hohe Preise ärgern oder mitten im Wahlkampf zu einem Wechsel zu einer anderen Druckerei zwingen.

Welche Alternativen hätte es gegeben?

Die Entflechtung bleibt somit halbgar. Welche Alternativen hätte die FDP gehabt?

  • Option 1: Rückabwicklung aller Anteilsgeschäfte mit der Gauselmann-Gruppe
  • Option 2: Ersatz von Gauselmann durch einen anderen unverfänglicheren Investor. Die FDP hat im Herbst im Gespräch mit uns betont, dass sie für die Anteile bei altmann-druck jederzeit neue Investoren finden könnte.

Diese Wege ist die FDP aber nicht gegangen. Konnte sie nicht oder wollte sie nicht? Die erste Option eines Rückkaufs aller Anteile von der Gauselmann-Gruppe hätte die FDP viel Geld gekostet. Das konnte sie vermutlich angesichts der eigenen knappen Kassen und der Schulden nicht. Wir haben die FDP gefragt, ob sie versucht habe, andere Investoren zu finden. Die Antwort: „Dazu bestand keinerlei Anlass. Der Mitgesellschafter hatte die Absicht, die Anteile vollständig zu übernehmen.“ Demnäch wäre die Initiative also von Gauselmann ausgegangen.

Die neue Spielverordnung

Auch auf politischer Ebene ist kein grundsätzlicher Kurswechsel der FDP beim Thema Glücksspiel erkennbar. Ende Februar kündigte das FDP-geführte Wirtschaftsministerium eine Überarbeitung der Spielverordnung an, die Regeln für das Aufstellen von Spielautomaten festlegt. Der neue Vorschlag wurde als weitreichende Verschärfung verkauft, was viele Medien übernahmen. In die Welle dieser Berichterstattung platzierte die FDP geschickt die Nachricht von dem wechselseitigen Anteilsverkäufen mit der Gauselmann-Gruppe. Die Süddeutsche Zeitung etwa sah darin den Versuch der FDP vor der Bundestagswahl, sich angesichts der öffentlichen Kritik von der traditionellen Nähe zur Glücksspielindustrie zu lösen.

Von Experten wird die neue Spielverordnung anders bewertet. Der Fachverband Glücksspielsucht zum Beispiel kritisiert in einer Stellungnahme, dass der neue Entwurf im Vergleich zur Vorgängerversion keine wesentlichen Verbesserungen für den Spielerschutz enthalte. Auch wenn man den aktuellen Entwurf mit den ursprünglichen Forderungen der Drogenbeauftragten Mechthild Dyckmans (FDP) in den letzten Jahren vergleicht, bleibt von einem echten Kurswechsel in Sachen Glücksspiel wenig übrig (Stichpunkte: personengebundene Spielerkarte mit Sperrsystem, Verbot der Punktespiele, Verbot von Automaten in der Gastronomie).

Unser Fazit: Die Glücksspiel-Industrie hat massiv von den laxen Regeln für Spielautomaten profitiert. Sie hat eine intensive und kreative Landschaftspflege bei den Parteien betrieben, um trotz klarer Suchtproblematik eine Verschärfung der Regeln zu verhindern. Die Beziehung zur FDP war dabei in der Vergangenheit besonders eng. Die Partei versucht sich nun nach außen davon zu distanzieren – das ist erstmal ein Erfolg der kritischen Berichterstattung über die Verflechtungen. Aber ein echter Bruch ist die neue Spielverordnung und der Anteilstausch mit der Gauselmann-Gruppe nicht. Vielmehr brachte das Geschäft mit der Gauselmann-Gruppe der Partei eine erneute Geldspritze. Zugleich bleiben mit Gauselmann als Hausdrucker der FDP die engen Beziehungen zwischen dem Glücksspielunternehmen und Partei bestehen. Es gilt also weiter ein wachsames Auge auf die Glücksspiellobby und das Verhältnis der Gauselmann-Gruppe zur FDP zu haben.

Bild Automat: Pcb21, CC BY-SA 3.0

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