Pressemitteilung

Draghi-Studie: Einseitige Einflussnahme auf Studie zu Europas Wettbewerbsfähigkeit

LobbyControl und Corporate Europe Observatory kritisieren den übermäßigen Einfluss großer Unternehmen auf die Studie Mario Draghis zur Wettbewerbsfähigkeit Europas. Aus einer gestern durch Politico veröffentlichten Liste geht hervor, dass rund 65 Prozent der Beiträge zur Studie von Unternehmen und ihren Verbänden stammen. Draghis Studie ist als zentrale Referenz in allen Mission Statements künftiger EU-Kommissar:innen benannt und gilt als entscheidender Beitrag für die Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit Europas.

von 19. September 2024

Eine Auswertung von LobbyControl und Corporate Europe Observatory zeigt, dass von den 236 eingegangenen Beiträgen zur Studie 157 von Unternehmen und ihren Verbänden stammen. Das sind rund 65 Prozent der Beiträge. Insgesamt verschafften sich vor allem große Konzerne Einfluss, darunter Amazon, Google oder Deutsche Telekom. Ebenso sind große Unternehmerverbände vertreten, darunter der Europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope und der Verband der Europäischen Chemieindustrie (CEFIC).

Die Zahlen sind besonders besorgniserregend, wenn man sie mit den 12 Eingaben von NGOs, Gewerkschaften sowie Verbraucherschutz- und Patientenorganisationen vergleicht. Sie machen nur 5% aller insgesamt eingegangenen Eingaben aus. 

Bei der Ausarbeitung seiner Studie hat Draghi es demnach versäumt, angemessenen Input von zivilgesellschaftlichen Gruppen und Gewerkschaften einzuholen. Bereits im Mai 2024 kritisierten zivilgesellschaftliche Organisationen in einem offenen Brief den Mangel an Transparenz und fehlende Inklusivität bei der Erarbeitung der Studie. Draghi hat sich jedoch nicht einmal die Mühe gemacht, auf diesen Brief zu antworten. 

Max Bank von LobbyControl kommentiert:

„Draghi hat bereits während der Erstellung seiner Studie zivilgesellschaftliche Organisationen ignoriert und Unternehmen den Vorrang eingeräumt. Unsere Kritik daran stieß auf taube Ohren. Eine Studie, die bei der Erstellung einseitig Unternehmensinteressen bevorzugt, sollte nicht zentrale Referenz in der Debatte um die Zukunft der EU sein.“

Olivier Hoedeman von Corporate Europe Observatory kommentiert:

„Der negative Blick auf Regulierung insgesamt und das Eintreten für eine aggressive Deregulierungsagenda spiegeln den Einfluss von Unternehmenslobbygruppen wider. Große Teile von Draghis Studie lesen sich wie ein Wunschzettel von Unternehmen.

Bei derart einseitigem Einfluss ist es weniger überraschend, dass der Bericht das Ausmaß der ökologischen Krise und der sozialen Ungleichheit in Europa nicht angemessen berücksichtigt. Dieser Bericht verdient nicht die hochrangige Unterstützung, die er von der von der Leyen-Kommission erhalten hat."

Hintergrund

  • Im September veröffentlichte Corporate Europe Observatory einen Blogbeitrag über die Wettbewerbsfähigkeit und den Druck der Lobby, sie zur obersten Priorität in den politischen Leitlinien für die neue Europäische Kommission zu machen, die von der Leyen am 18. Juli veröffentlicht hat.
  • Im Mai schrieben zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen Mario Draghi und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen offenen Brief. Darin kritisierten sie die Studie zur Wetttbewerbsfähigkeit wegen einseitiger Einflussnahme und fehlender Transparenz.
  • Im April veröffentlichte LobbyControl einen Beitrag darüber, wie die aktuelle Debatte über „Wettbewerbsfähigkeit“ den Weg zu mehr Monopolmacht in Europa ebnen könnte.
  • Die Liste der Beiträge zu Draghis Studie finden Sie hier.


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