Nach Vorwürfen wegen falscher Spesenabrechnungen trennt sich die Bertelsmann-Stiftung vom Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld. Er wird den Stiftungsvorstand zum 30. November verlassen. Weidenfeld soll Ausgaben im vierstelligen Bereich als Spesen verrechnet haben. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Zahlung von 10.000 Euro eingestellt. Prof. Dr. Dr. h.c. Weidenfeld war seit 1992 Mitglied der Stiftung und beriet Regierungs- und Konzernchefs. Er lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität München, und leitet dort das „Centrum für angewandte Politikforschung“ (CAP), das eng mit der Bertelsmann-Stiftung verbunden ist. Allein 2005 erhielt das CAP ca. 20% seiner Aufträge von der Bertelsmann-Stiftung, u.a. für „internationale Standortrankings“, eine Art Zeugnis für Nationalstaaten und deren Reformpolitik. Die bis 2010 laufenden Projektfinanzierungen sollen nicht verlängert werden. Zugleich holt die Bertelsmann-Stiftung den bisherigen CAP-Vizechef Josef Janning (50) in den Vorstand der Bertelsmann-Stiftung.
Die Bertelsmann-Stiftung und der Bertelsmannkonzern kommen auch an anderer Stelle unter Druck. Etwa 200 Kritiker kamen am letzten Oktoberwochenende zur Bertelsmann-kritischen Tagung nach Frankfurt a.M. Die Tagung verabschiedete einen Aufruf, der Bertelsmann-Stiftung die Gemeinnützigkeit abzuerkennen und die Kooperationen von Parteistiftungen, Gewerkschaften und Verbänden mit der Stiftung zu beenden (hier als pdf, siehe zur Tagung auch einen taz-Bericht).
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat die Zusammenarbeit mit Bertelsmann und dem Tochterunternehmen Avarto bereits auf ihrem Gewerkschaftstag Anfang Oktober auf Eis gelegt. Möglicherweise kommt das Thema auch beim laufenden Gewerkschaftstag der IG Metall auf die Tagesordnung.
Außerdem lesenswert zu dem Thema
– Handelsblatt: Gütersloher Gemeinnützigkeiten.
– Rebellen ohne Markt: Kein Grund zum Jubeln
– taz: Studierende gegen CHE (das Centrum der Hochschulentwicklung, ein Ableger der Bertelsmann-Stiftung).
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1 Kommentar
Es bleibt noch anzumerken, dass die IG Metall nach Auskunft zweier IGM-Referenten auf der Bertelsmann-kritischen Tagung bei Produktion und Versand von IGM-Druckerzeugnissen mit ARVATO zusammenarbeitet.
Das dürfte erklären, wie einige seltsame Verhaltensweisen der IG-Metall und die dazu gehörigen Erklärungen zustande kommen.
Niemand kann unbeschadet mit Bertelsmann ins Bett gehen. Wer mit Bertelsmann zusammen arbeitet, ist nicht mehr glaubwürdig.