Die Non Toxic Solar Alliance stellte sich als gemeinnützige Initiative aus Wissenschaftlern, Solarunternehmen und Zivilgesellschaft dar. Aber Recherchen von LobbyControl zeigten, dass sie eine Gründung der Lobbyagentur Bohnen Kallmorgen und Partner war, die neue Kunden aus der Solarbranche gewinnen wollte. Der PR-Rat hat nun BKP und NTSA wegen ihres irreführenden Auftretens gemahnt und sie aufgefordert, ihre Außendarstellung zu korrigieren.
Absenderverschleierung
Die NTSA versuchte Ende 2009 und Anfang 2010, auf EU-Ebene ein Verbot von Cadmiumtellurid-Solarzellen durchzusetzen. Das wäre im Interesse anderer Solarfirmen gewesen, die auf Siliziumbasis produzieren. Diese Firmen versuchte BKP erfolglos als Unterstützer der NTSA zu gewinnen. LobbyControl hatte das Vorgehen der Lobbyagentur in einem Dossier im letzten November öffentlich gemacht und damit das Beschwerdeverfahren beim PR-Rat ausgelöst.
Der PR-Rat kritisiert nun in seinem Beschluss die fehlende Transparenz der NTSA und hält fest, dass „vor dem Bekanntwerden des Vorwurf der Absenderverschleierung überhaupt nicht kommuniziert wurde, dass die BKP die NTSA finanziert und gegründet hatte“. Der PR-Rat fordert die Agentur deshalb auf, die bestehende Webseite und Einträge in Social Media wie Facebook zu korrigieren oder ggf. zu löschen, falls die NTSA nicht mehr aktiv sei (aus unserer Sicht wäre die Löschung auch im Blick auf nachträgliche Transparenz die deutlich schlechtere Lösung).
Fehlende Transparenzverpflichtungen für Lobbyisten
Das Beispiel der Non-Toxic Solar Alliance und der Lobbyagentur Bohnen Kallmorgen und Partner verdeutlicht, dass Lobbyagenturen in Deutschland und auf EU-Ebene nach wie vor zu leicht im Dunkeln operieren können. Lange konnte die NTSA in Brüssel Lobbyarbeit betreiben, ohne klar ihren Hintergrund und ihre Finanzierung zu benennen.
Die Mahnung des PR-Rats ist nur eine nachträgliche Kritik, denn die Lobby-Aktivitäten der NTSA ruhen seit letztem Jahr. Um wirklich Transparenz während der Lobby-Auseinandersetzungen zu schaffen, brauchen wir verpflichtende Lobbyregister in der EU und in Deutschland.
In den USA müssen Lobbyagenturen offen legen für wen sie tätig sind und neue Kunden spätestens nach 45 Tagen registrieren. In Deutschland gibt es kein vergleichbares Lobbyregister, in der EU nur ein freiwilliges. Dort hatte sich zwar die NTSA eingetragen, aber ohne die Verbindung zur Agentur BKP offen zu legen. BKP selbst hatte sich nicht registriert, so dass offen blieb, ob es Verbindungen zwischen der NTSA und anderen Kunden der Agentur gab.
Im Bundestag haben Union und FDP zuletzt zweimal Anträge von Grünen, Linken und SPD für ein verpflichtendes Lobbyregister abgelehnt. In ihren Redebeiträgen verwiesen Abgeordnete der Regierungsfraktionen darauf, dass es in Deutschland ja die Verbändeliste gäbe und die Politiker schon wüssten, mit wem sie es zu tun hätten. Der Fall NTSA zeigt nochmal deutlich, dass diese Argumentation falsch ist. In der Verbändeliste sind Lobbyagenturen wie BKP und einzelne Unternehmen gar nicht erfasst. Bis heute ist wegen der fehlenden Transparenzverpflichtungen in Deutschland offen, für welche Kunden die Agentur BKP während der aktiven Zeit der NTSA ansonsten tätig war und welche möglichen Verbindungen es zur NTSA gab.
Offene Fragen
Für LobbyControl bleiben weitere Fragen zur NTSA offen. Insbesondere warum die NTSA so lange weiter aktiv blieb, obwohl BKP keine Unterstützer unter den Solarfirmen fand. Oder die Frage, ob BKP die zur Debatte stehende EU-Richtlinie zur Beschränkung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RoHS) auch für andere Kunden beobachtete. In der Anhörung beim PR-Rat hatte BKP gesagt, dass man die RoHS-Richtlinie schon seit 2008 beobachtet habe. Dabei blieb offen, ob das aus eigener Initiative oder im Auftrag eines anderen Kunden geschah.
Ein weiterer Wermutstropfen bleibt: der PR-Rat kritisiert deutlich, dass die NTSA keine eigenständige Struktur und Finanzierung hatte, sondern abhängig von der Agentur BKP war und für diese unternehmerische Ziele verfolgte. Er stellt auch fest, dass die NTSA von BKP und deren Mitarbeitern gegründet wurde und nicht von besorgten Wissenschaftlern, Bürgern und Vertretern der Solarindustrie. Letzteres hatte die NTSA in ihrer Außendarstellung behauptet hatte.
Nach Analyse von LobbyControl handelt es sich dabei um eine irreführende Darstellung, wie sie in der PR- und Lobbybranche häufiger vorkommt: Lobbyorganisationen versuchen sich ein zivilgesellschaftliches Mäntelchen umzuhängen, selbst wenn sie unternehmerische Ziele verfolgen. An dieser Stelle bleibt der PR-Rat merkwürdig blass in seinem Ratsspruch. Mit der Mahnung wählte der Rat zudem die schwächere Urteilsform. Aus Sicht von LobbyControl wäre angesichts der irreführenden Außendarstellung der NTSA durchaus eine Rüge für BKP angemessen gewesen.
Weitere Informationen:
- der Ratsspruch des Deutschen Rats für Public Relations (pdf)
- das LobbyControl-Dossier zur NTSA von November 2010 (pdf)
Foto: Karlsplatz 7 in Berlin. Hier residieren Bohnen Kallmorgen und Partner und NTSA. Quelle: LobbyControl
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