Gestern hat das Plenum des Europaparlaments mit überwältigender Mehrheit beschlossen, einen Teil des Budgets für die Expertengruppen der europäischen Kommission einzufrieren, bis neue Regeln ihre Transparenz verbessern und vor ihrer Vereinnahmung durch Lobbyisten schützen. Dies ist ein Erfolg unserer Arbeit mit der Allianz für Lobby-Transparenz und ethische Regeln (ALTER-EU). Gemeinsam machen wir seit längerem Kampagnenarbeit gegen die bisherige Einseitigkeit und Intransparenz der EU-Expertengruppen.
Das Parlament fordert nun von der EU-Kommission unter anderem :
- Die EU-Kommission soll Leitlinien (safeguards) gegen die Vereinnahmung von Expertengruppen durch Partikular- und Unternehmensinteressen entwickeln.
- Lobbyisten und Führungskräfte soll es untersagt sein, in den Expertengruppen „in eigener Sache“ („in personal capacity“) zu sitzen.
- Tagesordnungen, Protokolle und Stellungnahmen der Mitglieder von Expertengruppen sollen online verfügbar sein.
Bis die neuen Regeln in Kraft treten, werden zwanzig Prozent des Budgets zurückgelegt, das für Reisekosten, Unterbringung und sonstige Aufwendungen für Experten dient, die zur Beratung der EU-Kommission nach Brüssel kommen. ALTER-EU schätzt, dass rund 100 Expertengruppen von großen Konzernen dominiert werden. Diese haben dadurch großen Einfluss auf Richtlinien- und Verordnungsentwürfe in Politikbereichen, in denen sie starke Interessen haben (etwa Finanzwesen, Gentechnik, Rohstoffe, Klima, Landwirtschaft, Forschung und mehr). Tagesordnungen und Protokolle der Sitzungen geraten selten in die Öffentlichkeit.
Die Mitglieder des europäischen Parlaments nutzten nun ihre Budgethoheit, nachdem die Kommission ihren Aufruf zur „Sicherstellung einer ausgewogenen Vertretung von Interessengruppen in der Mitgliedschaft in der Expertengruppen“ aus dem Jahr 2008 ignoriert hat. Die EU-Kommission hatte es auch abgelehnt, das Parlament in das Verfahren für die Überarbeitung der Regeln für Expertengruppen einzubeziehen und sich geweigert, auf Fragen zu den Expertengruppen Anfang des Jahres umfassend zu antworten.
Der Antrag wurde von den Grünen eingebracht, im Rahmen des Berichts zum EU-Haushalt 2012. Er wurde unterstützt von den Sozialdemokraten, Liberalen, der Vereinigten Linken und den meisten Abgeordneten der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR). Dagegen stimmten fast alle Abgeordneten der Europäischen Volkspartei, darunter die deutschen Abgeordneten von CDU/ CSU.
Die Kommission muss jetzt endlich neue Regeln vorschlagen, die wirksam die Probleme der unausgewogenen Zusammensetzung und mangelnden Transparenz beseitigen. Bis zum Ende des Jahres will zudem der europäische Ombudsmann eine Untersuchung abschließen, ob die Arbeitsweise der Expertengruppen den Prinzipien einer guten Regierungsführung gerecht wird.
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