Lobbyismus an Schulen

Deutsche Vermögensberatung AG – Kandidat für die Lobbykratie-Medaille

Nominiert für die Lobbykratie-Medaille, weil sie PR-Texte als seriöses Lehrmaterial vermarktet und so Lobbyarbeit aus den Parlamenten in die Schulen verlagert.
von 2. November 2011

Quelle: www.dvag.comNominiert für die Lobbykratie-Medaille, weil sie PR-Texte als seriöses Lehrmaterial vermarktet und so Lobbyarbeit aus den Parlamenten in die Schulen verlagert.

Was ist die Lobbykratie-Medaille?

Die Deutsche Vermögensberatung AG ist mit rund 37.000 Handelsvertretern der größte Vertrieb von Finanzprodukten in Deutschland. Die Mitarbeiter der DVAG bekommen Provisionen, wenn sie ihren Kunden Lebensversicherungen, Riester-Renten oder Bausparverträge verkaufen. Weil dies im Rahmen von Hausbesuchen geschieht, bezeichneten Kritiker das Unternehmen einst als größte Drückerkolonne Deutschlands. Sorgen machen dem Finanzvertrieb derzeit Initiativen der Bundesregierung zur Verbesserung des Verbraucherschutzes. Im zuständigen Ministerium gibt es Pläne, die Jagd der Vermögensberater nach Provisionen zu reglementieren und die unabhängige Beratung der Kunden gegen Honorar zu fördern. Friedrich Bohl, der Vorsitzende des DVAG-Aufsichtsrats, findet dieses Vorhaben empörend und schimpft über „Planwirtschaft in der Finanzbranche“.

Um ihr Image aufzubessern, gibt die DVAG viel Geld für Eigenwerbung aus. Gezahlt wird für PR-Veranstaltungen mit Michael Schumacher oder Benefiz-Aktionen wie „Ein Herz für Kinder“. Als Ausdruck der eigenen „gesellschaftlichen Verantwortung“ präsentiert die Firma auch ihre Aktivitäten im Bereich der Lehrerfortbildung. Als einer der Hauptsponsoren der Initiative „Handelsblatt macht Schule“ hat die DVAG die Kosten für Erstellung, Druck und Versand einer Unterrichtseinheit zur „Finanziellen Allgemeinbildung“ übernommen. Sie ist im März 2011 in einer Auflage von 10.000 Stück erschienen und kann von Lehrern kostenlos bestellt werden. Laut Auskunft des Handelsblatts wird von dieser Möglichkeit eifrig Gebrauch gemacht. Bekanntermaßen haben viele Schulen wenig Geld und sind deshalb für Gratismaterial dankbar.

Offinfizielle Autoren der Unterrichtseinheit sind drei Mitarbeiter des Instituts für ökonomische Bildung in Oldenburg. Der stellvertretende Chefredakteur des Handelsblatts stellt in seinem Vorwort jedoch klar, wie sehr er sich über das Fachwissen freut, das die DVAG zu den Texten beigesteuert hat. Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen zufolge sind viele Informationen in dem Lehrmaterial „oberflächlich und einseitig“. Als Beispiel wird das Firmenporträt angeführt, das der Chefvolkswirt der DVAG für die Unterrichtseinheit verfasst hat. Eine Leseprobe: „Vermögensberater zu sein ist eine spannende Tätigkeit, mit der man auch nebenberuflich – z.B. neben dem Studium – beginnen kann.“ Bei der Vermögensberatung, so heißt es weiter, gehe es allein um „die persönlichen Wünsche und Ziele der Kunden“. Also nicht etwa um die Provisionen der Berater.

Als einziger Praxiskontaktpartner in Sachen Ffinanzieller Allgemeinbildung wird die DVAG empfohlen. Die Lehrer werden dazu aufgefordert, einen Vertreter der Vertriebsfirma zu Expertengesprächen und Rollenspielen mit den Schülern einzuladen. Auf der Internetseite eines Gymnasiums aus Bremerhaven kann man nachlesen, wie der DVAG-Vertreter seine Tätigkeit den Schülern nahebringt. Zitat: „Wir sind sozusagen der Hausarzt für die finanziellen Sorgen und Nöte der Menschen.“ Ähnliche Botschaften verkünden auch andere Finanzdienstleister im Rahmen ihres Schulsponsorings.

„Früher an später denken!“ – diesen Werbeslogan hat die DVAG offenkundig auch zum Motto der eigenen Lobbyarbeit gemacht. Deshalb hat sie sich ihre Nominierung für die Lobbykratie-Medaille redlich verdient.

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Update (12.10.2015): „Handelsblatt macht Schule“ hat im September 2015 eine Neuauflage der Unterrichtseinheit veröffentlicht. Die PR-Text der DAVG kommen darin nicht mehr vor.

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