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Großflächige Werbeanzeigen, Briefe an Kunden oder Postwurfsendungen: Im Wahlkampf haben nicht nur Parteien, sondern auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände versucht, individuelle Wahlentscheidungen zu beeinflussen. Diese Formen der Einflussnahme sind problematisch.
Einerseits können sich alle Interessengruppen in die Debatten vor einer Wahl einbringen und ihre Positionen öffentlich vertreten. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Zunahme externer Unterstützungskampagnen die Gefahr mit sich bringt, dass Geld eine größere Rolle im Wahlkampf spielt und das demokratische Prinzip „eine Person, eine Stimme“ gefährdet. Besonders heikel wird es, wenn Kund/innen oder Mitarbeiter/innen in diese Wahlaktivitäten einbezogen werden – schließlich kann eine Abhängigkeit von Gehältern oder Verträgen die freie Entscheidung gefährden. Ein Überblick über einige bekannt gewordene Einflussversuche finanzstarker Interessengruppen und Unternehmen:
Gegenwind bei der Steuerpolitik
Besonders scharfen Gegenwind gab es zur Steuerpolitik. Fragen von Umverteilung gesellschaftlichen Wohlstands, etwa durch eine Vermögenssteuer, spielten in den Parteiprogrammen von SPD, Grünen und Linken eine Rolle. Das Thema rief etwa die arbeitgeberfinanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und den Verband „Die Familienunternehmer“ auf den Schirm.
Die INSM produzierte großflächige Plakate mit der Aufschrift „Ist es gerecht, Steuern zu erhöhen?“. Der Verband „Die Familienunternehmen“ (ehemals ASU) startete eine Kampagne gegen die Vermögenssteuer, u.a. mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen mit dem Slogan „Von Franzosen beneidet, Chinesen kopiert, der Vermögenssteuer ruiniert“ auf den Farben der Deutschlandfahne. Die Kampagnen schienen Gehör gefunden zu haben: Im Wahlkampf avancierte das Schlagwort Steuererhöhungen zu einem der meist diskutierten Themen.
Krankenkassen: Briefe an die Kunden
Auch die von SPD und Grünen geplante Bürgerversicherung wurde zum Ziel im Wahlkampf. So verfassten gleich mehrere Krankenkassen – darunter die Privatkasse Barmenia und die gesetzliche Versicherung „Hanseatischen Krankenkasse“ – Briefe an ihre Kunden, um sie vor den Folgen einer Bürgerversicherung zu warnen. Unmissverständliches Ziel der Briefe war es, die Wahlentscheidungen ihrer Kundinnen und Kunden zu beeinflussen. Das Bundesversicherungsamt, die Aufsichtsbehörde der gesetzlichen Krankenkassen, wertete das Schreiben der Hanseatischen Krankenkasse laut Spiegel als „unzulässige Wahlbeeinflussung“.
Wahlaufruf von Tengelmann
Massiv Wahlkampf betrieb auch Tengelmann (Kaiser’s, Tengelmann, KiK, Obi). Einige Tage vor der Wahl schaltete das Einzelhandelsunternehmen im Handelsblatt eine ganzseitigen Anzeige mit einem klaren Aufruf zur Wahl von Angela Merkel. Unter dem Titel „Im Zweifelsfall für die Raute“ zeigt die Anzeige einen großen Wahlzettel, auf dem sich Wähler zwischen Merkels zur „Raute“ gefalteten Händen und Steinbrücks viel diskutiertem „Stinkefinger“ entscheiden konnten. Laut Konzernpressestelle durfte die Kantine in der Unternehmenszentrale in Mühlheim an der Ruhr am Freitag vor der Wahl nur fleischlose Gerichte anbieten – als Protest gegen die Forderung der Grünen nach einem vegetarischen Tag („Veggie Day“) in öffentlichen (!) Kantinen.
Externe Wahlkampffinanzierung als Problem
Alle Beispiele zeigen: Hier geht es um finanzielle Unterstützung von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden für einzelne Parteien oder Parteilager. Dennoch fallen die Maßnahmen nicht unter die – ohnehin schon sehr schwachen – Transparenzregeln der Parteienfinanzierung. Auch eine mögliche Begrenzung der Parteienfinanzierung, wie LobbyControl sie fordert, wird durch solche Werbekampagnen unterlaufen. Das ist eine Tendenz, die in den USA die dortigen schärferen Regeln zur Parteienfinanzierung zum Teil ausgehebelt hat. Der Einfluss finanzstarker externer Akteure auf den Wahlkampf sollte daher kritisch unter die Lupe genommen. Darüber hinaus brauchen wir eine Diskussion über mögliche Schranken solcher Einflussnahme.
Weitere Beispiele:
Nachdenkseiten: WAHL-BILD und Co. – Endspurt der Pro-Merkel-PR
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