Heute ist der neu gewählte Bundestag zu seiner ersten Sitzung zusammengekommen. Neben der Wahl des Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter gab es eine wichtige Neuerung in der Geschäftsordnung: Alle Abgeordneten müssen in Zukunft die Höhe ihrer Nebeneineinkünfte wesentlich detaillierter offenlegen als bisher. Das ist ein Teilerfolg für uns, auch wenn weiterhin Transparenzlücken bestehen bleiben.
Zehn Stufen statt drei
Die neue Regelung wurde bereits im März unter der dem Druck der Debatte um die Nebeneinkünfte des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück beschlossen. Während SPD, Grüne und Linke in der Folge eine Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent forderten, wollte die schwarz-gelbe Koalition daran festhalten, die Nebeneinkünfte nur in Stufen zu veröffentlichen. Dennoch bringt die neue Stufenregelung wichtige Verbesserungen mit sich. Abgeordnete müssen ihre Nebeneinkünfte nun bis zu einer Obergrenze von 250.000 Euro in zehn Stufen offenlegen.
Die bisherige Grenze lag bei 7.000 Euro. Daher war es für die Öffentlichkeit bisher nicht nachvollziehbar, ob ein Abgeordneter für eine Nebentätigkeit 8.000 oder 80.000 Euro erhalten hat. Mit den neuen Stufen wird nun zumindest die Größenordnung der Nebeneinkünfte sichtbar.
Positiv ist auch, dass mit der neuen Stufenregelung die Bagatellgrenze nicht angehoben wurde. Diese Grenze bleibt wie bisher bei 1.000 Euro: Einkünfte unter dieser Grenze müssen nicht offengelegt werden. In der Vergangenheit war mehrmals eine Anhebung dieser Grenze im Gespräch, quasi als Gegenleistung für mehr Transparenz in den höheren Einkommensbereichen. Auch dank unseres gemeinsam mit Transparency Deutschland, campact und Mehr Demokratie organisierten Protests konnte das verhindert werden.
Aktualisierung: Verbesserung bei Redneragenturen
Zusätzlich zu den erweiterten Nebeneinkünfte-Stufen erließ der Bundestagspräsident im Juni neue Ausführungsbestimmungen (pdf, ab S. 17). Diese enthalten eine neue Regel für Vortragstätigkeiten. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt.
Dies löst das Transparenzproblem, das Abgeordnete bei Vorträgen häufig über Redneragenturen gebucht werden. In diesen Fällen tauchte die Redneragentur (= der Vertragspartner) in den Angaben des Abgeordneten auf. Der wahre Auftraggeber aber, der die Redneragentur bezahlte, blieb bisher unbekannt. Wir freuen uns über diese Verbesserung, die wir selbst im letzten Jahr immer wieder eingefordert hatten. Die neue Regel trat am 22. Oktober in Kraft.
Anmerkung (29.10.2013): In der ersten Version des Artikels hatten wir auch die Redneragenturen als ungelöstes Problem aufgelistet. Dabei hatten wir die Änderung in den Ausführungsbestimmungen übersehen. Wir bitten das zu entschuldigen.
Transparenzlücken klaffen weiterhin
Der Verbesserung bei den Stufen und den Redneragenturen stehen aber drei unbearbeitete Probleme gegenüber:
- Anwälte und Unternehmensberater mit Bundestagsmandat: Diese müssten zumindest die Branchen von Kunden offenlegen. Diese Möglichkeit wird von den geltenden Verhaltensregeln für Abgeordnete bereits eingeräumt, wurde bisher aber sowohl von Schwarz-Gelb als auch der letzten großen Koalition abgelehnt.
- Lobbyarbeit neben dem Mandat: Nach wie vor ist es nicht ausgeschlossen, dass Bundestagsabgeordnete neben ihrem Mandat Geld mit der Vertretung von Interessen verdienen und sich so Interessenkonflikten aussetzen.
- Kontrolle und Sanktionen: Die bestehenden Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln sind nicht ausreichend.
Weitere Hintergründe zur neuen Regelung und den bestehenden Transparenzlücken sind in unserem Lobbyreport 2013 verfügbar.
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