Parteienfinanzierung

Parteienfinanzierung bleibt undurchsichtig

Die gestern veröffentlichen Rechenschaftsberichte der Parteien belegen erneut die Intransparenz der Parteienfinanzierung. Auch in diesem Jahr konnten Unternehmen wie Dr. Oetker und die DVAG konnten ihre Großspenden so stückeln, dass sie unter der Schwelle von 50.000 Euro liegen, ab der Parteispenden sofort veröffentlicht werden müssen. Alle Spenden unter 10.000 Euro sowie die Einnahmen, die die Parteien aus Sponsoring beziehen, bleiben intransparent. Mehr Transparenz und klare Schranken für die Parteienfinanzierung sind dringend notwendig.
von 25. Februar 2014

Gestern veröffentlichte die Bundestagsverwaltung die Rechenschaftsberichte für das Jahr 2012 aller derzeit im Bundestag vertretenen Parteien. Heute erschien außerdem der Rechenschaftsbericht der FDP. Nach über einem Jahr wissen wir nun endlich mehr darüber, wer welcher Partei welche Summen im Jahr 2012 hat zukommen lassen. Dabei werden erneut die gravierenden Regelungslücken bei der Parteienfinanzierung in Deutschland deutlich. Auch in diesem Jahr konnten einige Unternehmen und Verbände ihre Großspenden so stückeln, dass sie unter der Schwelle von 50.000 Euro liegen, ab der Parteispenden sofort veröffentlicht werden müssen. Alle Spenden unter 10.000 Euro sowie die Einnahmen, die die Parteien aus Sponsoring beziehen, bleiben intransparent.  Mehr Transparenz und klare Schranken für die Parteienfinanzierung sind dringend notwendig.

+++ Aktualisierung: Die Zahlen aus den Rechenschaftsberichten der FDP sind eingearbeitet. +++

topspender

Die Top-Spender: Automobilbranche vorne

Bei den Top-Spendern im Jahr 2012 gibt es auf den Spitzenplätzen wenig Überraschungen. Ganz oben liegt mit 420.000 Euro der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Daimler und BMW besetzen Platz 2 und 4, dazwischen liegt auf dem dritten Platz die DVAG und ihr Umfeld.

Auf weiteren Spitzenplätzen folgen Südwestmetall, Dr. Oetker, die Berenberg Bank, Metall NRW, die Allianz und der Verband der Bayerischen Chemischen Industrie.

Fast zwei Drittel aller Unternehmens- und Verbandsspenden sind unbekannt

Im letzten Jahr war viel von einem vermeintlichen Rückgang der Unternehmensspenden die Rede. Tatsächlich gab es einen Rückgang von 26 Prozent bei den Großspenden von juristischen Personen gegenüber dem Jahr 2011 (von 1,8 Mio. auf 1,3 Mio. Euro, nur damals im Bundestag vertretene Parteien). Die Rechenschaftsberichte zeigen nun, dass der Rückgang aller Spenden von juristischen Personen allerdings deutlich geringer ausfällt – er liegt bei 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr (von 14,7 Mio. auf 12,8 Mio. Euro). Die namentlich nicht ausgewiesenen Spenden unter 10.000 Euro gingen sogar nur um 8,2% zurück, von 8,8 Mio. Euro auf 8,1 Mio. Euro. Der Rückgang der Unternehmensspenden ist also vor allem bei den Spendenhöhen größer, für die es Transparenzpflichten gibt.

Insgesamt hat sich das Verhältnis der intransparenten zu transparenten Spenden bei den Unternehmen und Verbänden gegenüber 2011 verschlechtert. Im Jahr 2012 ist die Herkunft von fast zwei Drittel aller Spenden vollständig unbekannt (63% gegenüber 60% im Jahr 2011).

Grafik-Spenden-JuristPersonen-2012-Verteilung_mitFDP_gross

Quelle: Rechenschaftsberichte der Parteien, www.bundestag.de

Wir fordern, dass Parteispenden schon ab 10.000 Euro sofort veröffentlicht werden müssen und ab 2.000 Euro in den Rechenschaftsberichten aufgeführt werden. Außerdem fordern wir eine Obergrenze von 50.000 Euro pro Spender pro Jahr, damit einzelne Unternehmen, Verbände und Einzelpersonen keinen übermäßigen Einfluss auf die finanzielle Ausstattung der Parteien nehmen können.

DVAG und Dr. Oetker: Intransparenz bei großen Spenden

Die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) hatte sich schon in den letzten Jahren als wahrer Meister des Spendenstückelns hervorgetan. Auch im Jahr 2012 flossen aus dem DVAG-Umfeld 370.000 Euro, ohne dass diese sofort veröffentlicht werden mussten. Die Spenden stammten von Tochterunternehmen, von einem von der DVAG gegründeten Verband sowie vom DVAG-Gründer Reinfried Pohl. Auch die Spenden des Unternehmens Dr. August Oetker, des Verbands der Bayerischen Chemischen Industrie und des Immobilienunternehmers Dietmar Bücher lagen in der Summe überhalb der Grenze der Veröffentlichkeitspflicht von 50.000 Euro – wurden aber erst im Rechenschaftsbericht angezeigt.

Das ist dadurch möglich, dass die Parteien Zuwendungen nur dann sofort veröffentlichen müssen, wenn sie im Einzelfall die Höhe von 50.000 Euro überschreiten. So kann ein Spender mehrmals Beträge unter 50.000 Euro spenden, ohne dass diese sofort bekannt gegeben werden müssen. Dadurch können Spender ihre Zuwendungen dem Blickfeld der Öffentlichkeit bis zur späteren Veröffentlichung des Rechenschaftsberichts entziehen – mögliche Zusammenhänge mit politischen Entscheidungen lassen sich so sehr viel schwerer rekonstruieren. Wir fordern, dass Spenden dann veröffentlicht werden müssen, wenn sie in der Summe eine Obergrenze überschreiten.

Ergänzung: Dr. Oetker betont in einer Stellungnahme an uns, dass die im Rechenschaftsbericht genannte Summe von 112.000 Euro an die CDU die Summe verschiedener Spenden an die CDU Bielefeld, die CDU in Nordrhein-Westfalen und die Bundespartei sei. Diese Parteiorganisationen hätten bei dem Unternehmen einzeln angefragt und dann für einzelne Projekte jeweils Spenden in Höhe von über 11.000 Euro bekommen, damit die Transparenz gewährleistet sei. Die Dr. August Oetker KG habe überhaupt kein Interesse daran, irgendwelche legalen und legitimen Parteispenden zu verschleiern.

Anmerkung von LobbyControl: wir haben den Text als Reaktion leicht angepasst. Das Transparenzproblem für die Öffentlichkeit bleibt auch bei Spenden an verschiedene Parteigliederungen erhalten. Insofern sehen wir weiterhin den Bedarf die Transparenzregeln an diesem Punkt zu überarbeiten.

Einnahmen aus Sponsoring weiterhin hoch

Plakate vor Bundestag-Aktion-Koalitionsverhandlungen

Während der Koalitionsverhandlungen übergeben wir Unterschriften für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Foto: Jakob Huber

Die Rechenschaftsberichte geben nur einen begrenzten Einblick, welche Partei von wem wie viele Zuwendungen erhalten hat. Denn auch Einnahmen aus Sponsoring bleiben verborgen – sie müssen nicht gesondert in den Rechenschaftsberichten ausgewiesen werden. Sponsoringeinnahmen tauchen nur als Teil des Postens „Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und sonstiger mit Einnahmen verbunden Tätigkeiten“ auf. Sponsoring bietet Unternehmen und Verbänden also weiterhin ein Schlupfloch, um die Veröffentlichungspflichten des Parteiengesetzes zu umgehen. Sponsoring ist beliebt bei Unternehmen, da sie ihre Sponsoringausgaben im Gegensatz zu Parteispenden steuerlich geltend machen können.

Im Jahr 2012 nahmen Parteien insgesamt rund 34,2 Millionen Euro in der Kategorie „Einnahmen aus Veranstaltungen etc.“ ein (im Jahr 2011 lagen sie bei rund 37 Millionen Euro). Wir fordern, dass für das Parteisponsoring die gleichen Regeln gelten wie für Parteispenden. Auch Bundestagspräsident Lammert mahnte erst kürzlich mehr Transparenz für das Parteisponsoring an.

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