In die überfällige Neuregelung der Abgeordnetenbestechung ist Bewegung gekommen: Union und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Gesetzesentwurf verständigt, der den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ausweitet.
Bisher wird nur der direkte Kauf und Verkauf von Stimmen bei Abstimmungen in den Parlamenten strafrechtlich geahndet. Viele Formen der Korruption sind damit strafrechtlich nicht relevant. Auch deshalb konnte Deutschland bislang – als mittlerweile einziges Land innerhalb der EU – die Konvention gegen Korruption der UN nicht umsetzen.
Eine Neuregelung des Straftatbestands war also dringend nötig. Wir freuen uns, dass nun zum ersten Mal seit zehn Jahren, damals trat die UN-Konvention in Kraft, eine realistische Chance auf eine Umsetzung besteht. Aber der vorgelegte Entwurf hat große Lücken.
Straffreiheit für Bestechungsversuche
Der Gesetzesentwurf enthält einige Verbesserungen, aber auch deutliche Schwächen und sollte nachgebessert werden: Der Straftatbestand wird ausgeweitet, so dass nicht nur der direkte Stimmenkauf strafbar ist, sondern auch der Kauf anderer Handlungen von Abgeordneten. Dazu würde z.B. das Einbringen von bestimmten Gesetzesvorschlägen oder -passagen gehören. Zudem sollen auch immaterielle Vorteile erfasst werden sowie Vorteile, die sich an Dritte richten. Das ist sinnvoll.
Problematisch ist aber, dass nur dann ein strafbares Verhalten vorliegen soll, wenn der oder die Abgeordnete „im Auftrag oder auf Weisung“ handelt. In der Begründung weist die Koalition zwar darauf hin, dass diese Begriffe „weit zu verstehen“ seien. Es ist aber fraglich, ob sich Gerichte diese Interpretation zu eigen machen werden. Wenn sich die Rechtsprechung aber auf den direkten Wortlaut beruft, verengt das den Straftatbestand und damit ist die Wirksamkeit des neuen Gesetzes in der Praxis sehr fraglich. Denn ein klarer Auftrag oder eine Weisung im engeren Sinne wird bei Korruption häufig nur schwer nachzuweisen sein.
Ein weiterer Schwachpunkt ist die Straffreiheit von Bestechungsversuchen. Nach geltendem Recht ist bereits der Versuch, ausländische Parlamentarier zu bestechen, strafbar. Der aktuelle Entwurf verzichtet für die deutschen Abgeordneten auf diesen Punkt. Die Abschreckwirkung fällt damit deutlich geringer aus. Zusätzlich soll das Gesetz eben auch für ausländische Abgeordnete gelten, sodass hier möglicherweise bald schwächere Gesetze gelten als bisher.
Verhaltensregeln müssen verbessert werden
Ein Knackpunkt ist außerdem der Verweis auf bestehende Regeln für Abgeordnete, also etwa die Verhaltensregeln für Bundestagsabgeordnete. Ein strafwürdiges Verhalten liege demnach nicht vor, wenn die „Annahme des Vorteils im Einklang “ mit diesen Regeln stehe. Das Problem ist dabei, dass diese Regeln selbst lückenhaft und zum Teil verbesserungswürdig sind. Klar muss aus unserer Sicht in Zukunft sein, dass das Abgeordnetenmandat nicht mit bezahlten Lobbytätigkeiten vereinbar sein darf. Auch Direktspenden an Abgeordnete sollten entweder verboten oder deutlich transparenter gemacht werden. Das fordert unter anderem auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats.
Viele Zeit für Veränderungen am Gesetzesentwurf bleibt nicht mehr, denn nach dem Willen der Koalition soll das Gesetz bereits in der nächsten Sitzungswoche – zusammen mit einer kräftigen Diätenerhöhung – vom Bundestag verabschiedet werden. Union und FDP haben jahrelang eine Verschärfung blockiert und immer wieder behauptet, man bräuchte noch mehr Zeit, um eine juristisch saubere Lösung zu finden. Da ist es erstaunlich, wie rasch das Thema jetzt durchgepeitscht werden soll. Eine richtige öffentliche Debatte und Auseinandersetzung ist offensichtlich unerwünscht. Dabei zeigen die Lücken, dass der Entwurf nachgebessert werden muss.
- Ausführliche Informationen zum Thema Abgeordnetenbestechung finden Sie im Lobbyreport 2013 (pdf).
- Unsere Pressemitteilung
- Der aktuelle Gesetzesentwurf (Stand: 9.2.14)
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