Aus der Lobbywelt

Bilderberg 2014 – Eliten unter sich

Am Wochenende fand in Kopenhagen das diesjährige Bilderberg-Treffen statt. Die Bilderberg-Gruppe ist ein elitärer und verschwiegener Zirkel, der seit 1954 Top-Eliten aus Europa und den USA zusammen bringt. Dieses Jahr u.a. mit Vertretern von Union und SPD und Mathias Döpfner von Axel Springer.
von 5. Juni 2014

Am Wochenende fand in Kopenhagen das diesjährige Bilderberg-Treffen statt. Die Bilderberg-Gruppe ist ein elitärer Zirkel, der seit 1954 Top-Eliten aus Europa und den USA zusammen bringt – Wirtschaftsbosse und Strategen treffen auf handverlesene Politiker und Journalisten.

In diesem Jahr diskutierten die knapp 140 TeilnehmerInnen unter anderem über die Zukunft der EU, die Lage in der Ukraine, die Stabilität des wirtschaftlichen Aufschwungs, Datenschutz („Does Privacy exist?“) und den Austausch der Geheimdienste. Weitere Themen finden sich in der offiziellen Pressemitteilung – das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP steht nicht als eigener Punkt auf der Liste, dürfte aber ein Thema gewesen sein.

2013 stand die Frage auf der Liste „Can the US and Europe grow faster and create jobs?“ – da wird es im Kern um TTIP gegangen sein (unter Anwesenheit einer Mischung aus Lobbyisten für TTIP, politischen Verhandlungsführern und Entscheidern).

Wer war aus Deutschland dabei?

In den deutschen Medien gab es ein paar Vorabberichte, aber sonst wenig über das Elite-Treffen. Problematisch an den Vorabberichten war, dass die Medien (offensichtlich beruhend auf einer dpa-Meldung) nur einen Teil der deutschen Teilnehmer aufführten: „Von deutscher Seite sind Axel Springer-Chef Mathias Döpfner, Airbus-Chef Thomas Enders und der ehemalige Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann dabei.“

Tatsächlich war die Liste der deutschen Teilnehmer umfangreicher, inklusive Vertreter von Union und SPD (Quelle: offizielle Teilnehmerliste):

  • Achleitner, Paul M. , Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Bank AG
  • Ackermann, Josef , ehemaliger Vorstandsvorsitzender Deutsche Bank AG
  • Asmussen, Jörg (SPD), Staatssekretär im Arbeitsministerium (und zuvor Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank)
  • Döpfner, Mathias, Vorstandsvorsitzender Axel Springer SE
  • Enders, Thomas , Vorstandsvorsitzender Airbus Group
  • Röttgen, Norbert (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestagess

 

Das Problem: die Verflechtung der Eliten

Eine interessante Quelle ist Charlie Skelton, der für den Guardian von den Bilderberg-Treffen berichtet. In seinen Blogbeiträgen finden sich zahlreiche Fotos von dem Treffen. So die EU-Kommissarin Viviane Reding auf der Terasse im Gespräch mit Eric Schmidt von Google und Alex Karp von der Firma Palantir Technologies, die auf Spionage-Software und Datenanalyse spezialisiert ist. Reding ist aktuell Kommissarin für Justiz und Grundrechte, zuvor war sie für Medien und Informationsgesellschaft zuständig.

Skelton schildert die Problematik des Bilderberg-Treffens sehr gut. Etwa, wenn bei der Bilderberg-Konferenz die aktuelle Situation in der Ukraine besprochen wird: mit Militärs, den Chefs von Rüstungsfirmen wie Airbus Group (EADS), von Ölkonzernen wie BP – und eben verschiedenen Superreichen, Bankiers und Investmentfirmen, für die mögliche Szenarien der weiteren Entwicklung viel Geld wert sein können.

Welche Rolle spielen die Politiker auf dem Treffen?

Spiegel Online hat eine Bilderberg-Bilderstrecke mit der These gemacht, dass die Teilnahme bei Bilderberg für Politiker nicht unbedingt ein Karriereschub sein müsse. Bilderstrecken sind ja bei Online-Medien wegen der Klicks beim Durchblättern beliebt.

Als Kontrastmittel gegen vorschnelle Verschwörungstheorien mag die Bilderstrecke vielleicht dienen, aber letztlich ist sie doch arg kurz gesprungen. Mal abgesehen von der Frage der (nachträglichen und selektiven) Auswahl waren die Teilnehmer wie Roland Koch, Peer Steinbrück, Jürgen Trittin oder Christian Lindner zur Zeit der Einladung sehr wohl führende Köpfe ihrer jeweiligen Parteien. Und bei Bilderberg geht es nicht einfach um persönliche Karrieren von Politikern, sondern um die strukturelle Nähe der Eliten-Netzwerke. So sind Vertreter der „Volksparteien“ Union und SPD regelmäßig bei Bilderberg dabei.

Klarer beschrieben wird die Rolle der Politiker im Rückblick des Deutschlandradio Kultur auf 60 Jahre Bilderberg. Der Beitrag erklärt zunächst, dass Bilderberg dazu dient, enge Eliten-Netzwerke zwischen den USA und Europa zu bilden. Die (demokratisch gewählten) Politiker stehen dabei nicht im Zentrum: „Angehörige der europäischen Königshäuser, milliardenschwere Bankiers und Großindustrielle: sie bilden den harten Kern der Bilderberg-Gruppe.“

Die PolitikerInnen sind eher diejenigen, die häufiger wechseln und die man kennenlernen will: „Noch immer geht es bei den Bilderberg-Konferenzen darum, Europa und die USA enger aneinander zu binden. Noch immer sind Wirtschaft und Außenpolitik die zentralen Themen, und noch immer werden neben dem harten Kern aus Geld und Adel gerne Nachwuchskräfte eingeladen: Aufstrebende Politiker, die man kennen lernen und einschätzen will.“ Wenn dann eingeladene Politik einen Abstieg hinlegen statt eines Aufstiegs, dann lädt man eben andere ein.

Axel Springer als neues Bilderberg-Standbein

Einen durchaus interessanten Wechsel gibt es auf Seiten der Medien. Lange Jahre war neben der Deutschen Bank die Wochenzeitung „Die Zeit“ die zweite traditionelle Säule der Bilderberger in Deutschland und im “Steering Committee” der Treffen vertreten. Dieses Jahr war nun Mathias Döpfner von Axel Springer statt einem Zeit-Vertreter dabei.

Laut dem Medienjournalist Stefan Niggemeier hat die Zeit ihren Platz bei Bilderberg dauerhaft aufgegeben. In einem Artikel über den Ethik-Kodex der Zeit schrieb er im März:

„Angeblich gibt es trotzdem tatsächlich eine zunehmende Sensibilisierung für Fragen von Transparenz und Distanz in der Redaktion. Eine Folge davon ist, dass die „Zeit“ ihren Platz in der berüchtigten Bilderberg-Konferenz aufgegeben hat, den sie über viele Jahrzehnte inne hatte — „unwiderruflich“, wie es heißt. Dieser Sitz wird nun von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner besetzt.“

Das die Zeit aussteigt, ist erfreulich. Dass Axel Springer übernimmt, nicht. Es bleibt dabei, beim Thema Bilderberg bekleckern sich die Medien in Deutschland nicht mit Ruhm. Dabei brauchen wir mehr kritische Öffentlichkeit und Berichterstattung über diese Konferenzen.

Denn solche verschwiegenen, hochrangigen Treffen spielen eine wichtige Rolle, um gemeinsame Perspektiven innerhalb der Eliten zu fördern. Sie stehen für das Problem, dass demokratische Strukturen durch intransparente, informelle Verbindungen überlagert werden. LobbyControl sieht deshalb die Teilnahme demokratisch gewählter Vertreter und staatlicher Repräsentanten auf diesen Geheimtreffen als äußerst problematisch an.

Weitere Informationen

  • Lesenswert ist weiterhin der Beitrag „Alpha-Journalisten“ (pdf) aus Medienmagazin Message 3/2007 über die Beteiligung von Journalisten an den Bilderberg-Treffen (mit freundlicher Genehmigung von message, danke).
  • Unsere Blogeinträge zu den Treffen der letzten Jahre: 2012, 2011, 2010, 2009, 2008 (Nachtrag), 2008

 

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