Nach fünf Jahren steht das Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der EU (CETA) kurz vor dem Abschluss. In dieser Woche wird die EU-Kommission den Stand der Verhandlungen an die Regierungen der Mitgliedstaaten übermitteln. Eine öffentliche Debatte dazu hat kaum stattgefunden. Diese mangelnde Transparenz wird zunehmend zu einem Problem für CETA, aber auch für TTIP oder TISA und schließlich auch für die EU-Kommission selbst. Nun hat die Bundesregierung angekündigt, CETA in der derzeitigen Form nicht unterzeichnen zu wollen. Wir meinen: Die intransparente und oft einseitig Industrieinteressen folgende EU-Handelspolitik muss grundsätzlich auf den Prüfstand.
Investitionsschutz bei CETA ist ein Eigentor
Ein Beispiel dafür, dass Geheimverhandlungen in die Sackgasse führen, ist die derzeitige Debatte um Investitionsschutz-Klauseln in den Handelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) oder eben Kanada (CETA). Bei TTIP setzte die EU-Kommission die umstrittenen Verhandlungen um Konzernklagerechte zwar vorerst aus – um, nach eigenen Angaben, eine breite öffentliche Debatte zu führen. Zugleich wurde das Investitionsschutzkapitel im CETA-Abkommen aber nicht angetastet. Und das, obwohl es als Vorbild für das TTIP-Abkommen gilt und vergleichbare Konsequenzen mit sich bringt: Unternehmen mit Sitz in Kanada (also auch viele europäische und US-amerikanische Konzerne mit kanadischen Tochterunternehmen) würden die Möglichkeit erhalten, EU-Mitgliedsstaaten vor internationalen Schiedsgerichten zu verklagen.
An dieser Stelle fühlt man sich nun weder als kritische Öffentlichkeit noch als Bundesregierung mit jeweils berechtigten Vorbehalten ernst genommen. Wir hatten bereits vor einiger Zeit vermutet, dass die Konsultation zum Investitionsschutz bei TTIP mehr den PR-Zwecken der EU-Kommission dient als einer wirklichen öffentlichen Debatte. Dass die Kommission bei der Übergabe der Verhandlungsergebnisse diese Woche an die Mitgliedstaaten nicht auf das Investitionsschutzkapitel verzichtet, bestätigt diese Vermutung.
Hier hat die Kommission offensichtlich damit gerechnet den Investitionsschutz durch die Hintertür einzuführen. Wie aus einem Artikel der Süddeutschen vom vergangenen Samstag hervorgeht, lehnt die Bundesregierung CETA mit Investitionsschutz ab. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger an dieser Stelle ernst nimmt.
Transparenz in der europäischen Handelspolitik stärken
Die Bürgerinnen und Bürger sind zurecht empört darüber, dass die Verhandlungen zu bilateralen Handelsabkommen in Europa so intransparent ablaufen und eine wirkliche Beteiligung von Zivilgesellschaft und breiter Öffentlichkeit nicht stattfindet. Ob bei TTIP, CETA oder dem Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (TISA). Stets hat erst öffentlicher Druck dazu geführt, dass überhaupt relevante Informationen an die Öffentlichkeit gelangten.
Eine solch undurchsichtige Politik untergräbt das Vertrauen der Europäer in die EU-Institutionen. Der Verweis der EU-Kommission darauf, dass internationale Verhandlungen solcher Tragweite stets im Geheimen stattfinden, ist schlichtweg falsch. Im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) oder der UN-Klimaverhandlungen wird wesentlich transparenter verhandelt.
Deshalb ist es endlich Zeit, dass die Kommission aus dem miserablen Verlauf der TTIP-Verhandlungen Konsequenzen zieht und mehr Transparenz herstellt. Dies liegt in der Hand der Kommission. Sie kann das Maß der Öffentlichkeit bei den Verhandlungen bestimmen. Wir fordern, dass sie nun endlich die Texte und Sitzungsprotokolle aller derzeit laufenden Verhandlungen veröffentlicht und für eine breitere Beteiligung der Zivilgesellschaft sorgt.
Bildquelle Beitragsfoto: Britische Regierung; Lizenz: Open Government Licence v2.0
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