Aus der Lobbywelt

Bahr wechselt die Seiten – wo bleibt die Karenzzeit-Regel?

Seit Monaten wechseln immer mehr ehemalige Regierungsmitglieder in Unternehmen und Verbände – und die Regierung bleibt untätig. Der neuste Fall ist der Wechsel des ehemaligen Gesundheitsministers Daniel Bahr zur Allianz Private Krankenversicherung. Die Regierung muss jetzt endlich einen Vorschlag für eine Karenzzeit auf den Tisch legen. Es kann nicht sein, dass ein Ex-Minister oder ein Unternehmen selber entscheiden, welche Karenzzeit hinreichend ist.
von 30. September 2014

Seit Monaten wechseln immer mehr ehemalige Regierungsmitglieder in Unternehmen und Verbände – und die Regierung bleibt untätig. Der neuste Fall ist der Wechsel des ehemaligen Gesundheitsministers Daniel Bahr zur Allianz Private Krankenversicherung. Die Regierung muss jetzt endlich einen Vorschlag für eine Karenzzeit auf den Tisch legen. Es kann nicht sein, dass ein Ex-Minister oder ein Unternehmen selber entscheiden, welche Karenzzeit hinreichend ist.

Karenzzeit auch bei Bahr notwendig

Eine Karenzzeit-Regel sollte nach Ansicht von LobbyControl einerseits den Wechsel in Lobbytätigkeiten unterbinden, andererseits bei starken Interessenkonflikten durch eine enge Verbindung von alten und neuem Job gelten. Insofern wäre auch beim Wechsel von Daniel Bahr zur Allianz PKV eine längere Abkühlphase notwendig gewesen. Als Gesundheitsminister war Daniel Bahr für Rahmenbedingungen der Branche zuständig, in die er jetzt wechselt. Ein solcher Wechsel wirft selbstverständlich die Frage nach Interessenkonflikten auf, auch wenn Bahr nicht direkt für die Lobbyarbeit der Allianz zuständig sein wird.

Bahr soll bei der Allianz PKV in das operative Geschäft wechseln. Anders als Eckart von Klaeden oder Ronald Pofalla wird Bahr also nicht Cheflobbyist eines Unternehmens. Aber da das Geschäft der privaten Krankenversicherungen stark von politischen Rahmenbedingungen geprägt ist, wird Bahr auch so mit politischen Fragen in Kontakt kommen. Sein Vorgänger im Vorstand der Allianz PKV, Christian Molts, forderte zum Beispiel 2013 steuerliche Anreize für die betriebliche Krankenversicherung. Themen wie diese werden voraussichtlich in Zukunft auch Bahr beschäftigen. Die Allianz wird dabei von seinem politischen Wissen aus Ministertagen profitieren.

Bereits der zweite Seitenwechsel zur Allianz

Für die politischen Kontakte hat die Allianz zusätzlich bereits die ehemalige Staatssekretärin im Justizministerium, Birgit Grundmann, engagiert (ebenfalls FDP). Sie ist seit September explizit als Lobbyistin für die Allianz tätig.

Die Bundesregierung muss endlich tätig werden

Die beiden Wechsel zur Allianz zeigen, dass die Regierung endlich eine Karenzzeit-Regel einführen muss. Wir brauchen endlich klare Regeln, die für alle ehemaligen Regierungsmitglieder verpflichtend gelten. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine Karenzzeit-Regelung angekündigt, aber bislang nicht umgesetzt. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD formuliert, sie wollten bereits den ‚Anschein von Interessenkonflikten‘ ausschließen.

LobbyControl fordert eine gesetzliche Karenzzeit von drei Jahren, wenn ein Minister oder Staatssekretär in Lobbytätigkeiten wechselt oder ein direkter Zusammenhang mit dem vorherigen Amt besteht.

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Weitere Informationen: unsere Pressemitteilung zum Seitenwechsel von Daniel Bahr

Foto: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

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