Zum Auftakt der 7. TTIP-Verhandlungsrunde in Washington zeichnet sich eine weitere Gefahr für die Demokratie bei den Geheimverhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU ab. Durch sogenannte „regulatorische Kooperation“ entsteht ein Einfallstor für Unternehmensinteressen. Wir erwarten von der künftigen EU-Handelskommissarin Malmström einen Kurswechsel – hin zu einer Handelspolitik für Bürgerinnen und Bürger statt für Unternehmen.
Regulatorische Kooperation bei TTIP – ein Einfallstor für Unternehmensinteressen
Die EU-Kommission hat stets behauptet, dass Regulierungen auf beiden Seiten des Atlantiks nicht in Gefahr sind und dass TTIP nicht zu niedrigeren Standards führe. Allerdings haben geleakte Dokumente das Gegenteil gezeigt. Das gilt insbesondere für Vorschläge zu regulatorischer Kooperation.
Hinter dem harmlos klingenden Begriff der regulatorischen Kooperation verbirgt sich die Idee, die Erarbeitung von Gesetzen und Regulierungen in der EU und in den USA grundlegend zu ändern. Demnach hätten die US-Regierung und Unternehmen in Zukunft umfassende Möglichkeiten auf Gesetzesinitiativen in Europa Einfluss zu nehmen – lange bevor Parlamente sie überhaupt zu Gesicht bekämen. Umgekehrt bestünden Einflussmöglichkeiten der EU-Kommission und europäischer Unternehmen auf die US-Gesetzgebung. Ziel ist die Harmonisierung von Regulierungen etwa im Umweltbereich in Europa und den USA. Auf die damit verbundenen Gefahren für die Demokratie hat LobbyControl bereits mehrfach hingewiesen.
Regulatorische Kooperation auch bei CETA problematisch
Beim Freihandelskommen zwischen der EU und Kanada CETA hat die EU-Kommission nach starker öffentlicher Kritik nun nach vielen Jahren den Verhandlungstext veröffentlicht. Ihr zuvorgekommen war bereits der deutsche Fernsehsender ARD, der auf der Tagesschau.de-Website den Text leakte. Auch wenn bei CETA regulatorische Kooperation vager bleibt als bei TTIP, wird eines jedoch klar: Auch hier entstünden Möglichkeiten zur Stärkung des Unternehmenseinflusses auf die Politik. LobbyControl hatte sich an einer kritischen Studie des Canadian Centre for Policy Alternatives zum CETA-Abkommen beteiligt und mögliche Einfallstore für Konzerne durch regulatorische Kooperation identifizert.
Malmström muss Kurswechsel in der EU-Handelspolitik einleiten!
Die künftige EU-Handelskommissarin Malmström hat heute bei den Kommissarsanhörungen in Brüssel einen Kurswechsel bei TTIP andeuten wollen. Mehr Transparenz wolle sie bei den Verhandlungen schaffen und alle ihre Treffen mit Lobbyisten bekanntgeben. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Wenn der Kurswechsel ernst gemeint ist, dann muss sie allerdings darüber hinaus gehen und Konzernklagerechte und regulatorische Kooperation aus den TTIP- und den CETA-Verhandlungen herausnehmen. Da Malmström sich hierzu heute nicht klar positioniert hat, ist dies kein echter Kurswechsel. Die EU-Handelspolitik muss zweifelsohne transparenter werden. Aber sie darf nicht gleichzeitig demokratiegefährdende Teile der Abkommen weiter verhandeln.
Weitere Infos:
- Stellungnahme der Zivilgesellschaft zu regulatorischer Kooperation
- Neue Informationsbroschüre zu regulatorischer Kooperation „TTIP: Covert attacks on democracy and regulation“ (englisch)
- Neue Informationsbroschüre TTIP: Eine Gefahr für Demokratie und Regulierungen (deutsch)
- Studie zu CETA vom Canadian Centre for Policy Alternatives
- Unser Lobbypedia-Artikel zu CETA
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