„Lieber schmutzig gewinnen, als sauber verlieren“ – ungefähr so lässt sich das Credo des berühmt-berüchtigten US-Lobbyisten Rick Berman zusammenfassen. Diesen Rat gab Berman auch Vertretern der Öl- und Gasindustrie auf einer Veranstaltung im Juni 2014 – wenn diese die Lobbyschlacht um Fracking und fossile Energieträger nicht verlieren wollten, dürften sie vor unsauberen Lobbymethoden nicht zurückschrecken. An die Öffentlichkeit gelangte die Rede Bermans über die New York Times, die einen heimlichen Mitschnitt von einem der Anwesenden zugespielt bekam. Der Fall wirft ein beunruhigendes Schlaglicht auf hochgradrig problematische Lobbytaktiken in den USA. Berman und Co. sind allerdings auch in Europa aktiv.
Berman ist Vorsitzender der PR-Firma Berman & Company. Ziel seines Auftritts war es, die „Big-Green-Radicals“-Kampagne seiner Agentur vorzustellen und für weitere Unterstützung aus der Ölindustrie zu werben. Die Kampagne richtet sich gegen Umweltorganisationen wie Greenpeace und bekannte Persönlichkeiten wie Robert Redford oder Yoko Ono, die sich gegen Fracking engagieren. Zu Yoko Ono ist auf einem Werbebanner der Kampagne etwa zu lesen: „Would you take energy advice from the woman who broke up The Beatles?“ – „Würden Sie dem energiepolitischen Ratschlag der Frau folgen, die die Beatles zerstört hat?“
Symbole der Klimaschutzbewegung attackieren
Aussagen wie diese sind ein Beispiel für die Strategie Bermans: Prominente Identifikationsfiguren der Klimaschutz- und Anti-Frackingbewegung direkt attackieren und unglaubwürdig machen. Die großen Energieunternehmen sollten nicht davor zurückschrecken, ihre politischen Gegner öffentlich zu verunglimpfen und an den Pranger zu stellen, so Berman. Er rate zu persönlichen Attacken gegen Gewerkschaftsführer, Umweltaktivisten oder prominente Wortführer. Damit diese Angriffe Erfolg haben, müsste das private Umfeld und die persönliche Geschichte der Aktivisten und Wortführer recherchiert werden. Auf diese Weise soll deren moralische Integrität angriffen und untergraben werden.
Die Konzerne müssten bereit sein, Emotionen wie Angst, Gier und Zorn auszunutzen und gegen den politischen Gegner zu richten. Besonders geeignet sei in diesem Zusammenhang der Einsatz von Kindern und Tieren in Werbevideos und auf Werbeplakaten. Das erhöhe die öffentliche Aufmerksamkeit und sorge für eine schnellere, „virale“ Verbreitung der eigenen Botschaft. Berman nennt den Kampf um die öffentliche Deutungshoheit einen „endlosen Krieg“, der nur zwei mögliche Ausgänge zulässt: „win ugly or lose pretty“ – „schmutzig gewinnen oder sauber verlieren“.
Verdeckte Finanzierung
Berman nutzte das Jahrestreffen der Energiekonzerne in Colorado Springs, um für finanzielle Unterstützung seiner Kampagne zu werben. Dabei prahlte er mehrfach damit, Geldflüsse der Konzerne in gemeinnützige (Tarn-)Organisationen zu verschieben, da diese nicht verpflichtet seien, Auskunft über ihre Mitglieder und Geldgeber zu geben. Über seine PR-Firma unterhält Berman zahlreiche solcher Organisationen, die Spenden von Unternehmen sammeln, um damit aggressive PR-Kampagnen durchzuführen, ohne dass die eigentlichen Finanziers für die Öffentlichkeit sichtbar wären. Während seiner Rede gab Berman an, bereits von einigen Anwesenden Gelder im sechsstelligen Bereich für solche Zwecke eingesammelt zu haben.
Die wohl bekannteste dieser Organisationen ist das Center for Consumer Freedom, zu deren Unterstützern unter anderem Coca Cola, Philip Morris, Wendy’s, Tyson Foods und Cargill gehörten oder gehören. Der Großteil der Ausgaben des CCF fließt in aggressive PR-Kampagnen. Ein wesentlicher Teil dreht sich dabei um Nahrungsmittel: Lebensmittel großer Hersteller werden als besonders gesund angepriesen oder der Einsatz von Pestiziden als ungefährlich dargestellt. Organisationen, die vor den Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit Übergewicht warnen, werden als unpatriotisch gebrandmarkt.
Irreführende Kampagnen
In Deutschland ist das CCF zuletzt in Verbindung mit einer Kampagne gegen die umstrittene Tierschutzorganisation PETA aufgefallen. Die Kampagne gegen PETA läuft in den USA schon seit zehn Jahren. Mittlerweile ist die Webseite „PETA kills animals“ in mehrere Sprachen übersetzt worden. Das CCF wirft PETA vor, Tiere in ihrer Obhut unnötigerweise einzuschläfern. Hier lässt sich ganz deutlich ein Rückgriff auf die Strategien erkennen, die Berman in seiner Rede vorgestellt hatte. Bilder von toten Tieren sollen öffentliche Empörung hervorrufen. Gleichzeitig werden Bilder von PETA-Mitarbeitern veröffentlicht, um sie öffentlich an den Pranger zu stellen.
Die Öffentlichkeit wird dabei bewusst in die Irre geführt. Versucht man auf der Webseite herauszufinden, wer hinter der Kampagne steckt, erfährt man lediglich: “ ‚PETA tötet Tiere‘ ist ein Projekt des Center of Consumer Freedom (CCF), eine gemeinnützige Organisation, die sich dem Schutz der Auswahlmöglichkeiten amerikanischer Konsumenten verschrieben hat.“ Kein Wort von den finanziellen Hintergründen des CCF oder der Kampagne selbst und auch kein Verweis auf Bermans PR- und Lobbyagentur. Auch auf der US-amerikanischen Webseite des CCF erfährt man – ganz entsprechend Bermans Strategie – kaum etwas über die Hintergründe. Vielmehr heißt es dort: „Viele der Unternehmen und Privatpersonen, die uns finanziell unterstützen, möchten anonym bleiben. Wir respektieren ihre Wünsche.“
Das komplette Transkript der Rede Bermans‘ ist auf der Seite der NYTimes zu finden.
Bleiben Sie informiert über Lobbyismus.
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.
Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur Datenschutzerklärung.