Erneut wechselt ein Spitzenpolitiker die Seiten und nimmt einen Lobbyjob an. Der frühere beamtete Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Stéphane Beemelmans, tritt heute seinen seinen neuen Posten als Geschäftsführer der Lobbyagentur EUTOP in Berlin. EUTOP ist eine verschwiegene Lobbyagentur, die in der Vergangenheit u.a. durch fragwürdige Sponsoringzahlungen aufgefallen ist. Mit Beemelmans gewinnt die Agentur einen Politik-Insider, der gleich mehrere wichtige Ministerien von innen kennt. Damit verschafft sich EUTOP einen Vorteil im Lobbygeschäft. Wir fordern das Verteidungsministerium auf, die bestehende Karenzzeitregelung für Beamte auszunutzen und Beemelmans den Seitenwechsel zu untersagen.
Insiderwissen aus wichtigen Ministerien
Beemelmans ist ein Vertrauter von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Von 2005 bis 2009 leitete Beemelmans das Büro des damaligen Kanzleramtschefs, später arbeitete er unter de Maizière im Bundesinnenministerium. 2011 wurde er beamteter Staatssekretär im Verteidigungsministerium, als de Maizière Verteidigungsminister war. Unter der neuen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wurde Beemelmanns im Februar aus dem Amt entlassen. EUTOP und das EUTOP-Firmennetz fielen in der Vergangenheit u.a. durch merkwürdige Sponsoringzahlungen an die FDP auf.
Der Fall ist brisant, weil Beamte gesetzlich dazu verpflichtet sind, neue Tätigkeiten dem bisherigen Dienstherren fünf Jahre lang zu melden. Dieser kann die Tätigkeit untersagen, wenn sie dienstliche Interessen beeinträchtigt. Eigentlich bietet diese Regelung eine Handhabe gegen Seitenwechsel in Lobbyjobs. Allerdings wird die Regelung leider sehr lax gehandhabt. Das zeigten jüngst Antworten aus den Innenministerium auf Anfragen des SPD-Abgeordneten Marco Bülow (pdf, S. 12) zu den gemeldeten und untersagten Tätigkeiten in den Jahren 2010 bis 2013. In diesem Zeitraum wurde nur drei Beamten eine solche Genehmigung verweigert.
Was hat das Ministerium geprüft?
Der Fall Beemelmans lässt einige Fragen offen. Wie wurde der Fall durch das Verteidigungsministierium geprüft? Gab es Auflagen für den Wechsel? Wurde geprüft, ob der ehemalige Staatssekretär in den letzten Jahren Kontakt zu EUTOP oder Kunden der Lobbyagentur hatte? Hat das Ministerium überhaupt geprüft, welche Kunden die Lobbyagentur hat? Wie bewertet das Verteidigungsministerium, dass Beemelmans möglicherweise Insiderinformationen weitergeben wird oder interne Kontakte die Kunden der Lobby-Agentur nutzen wird? Auf all diese Fragen sollte das Verteidigungsministerium dringend eine Antwort geben. Mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz verweigerte uns das Ministerium allerdings eine Antwort auf unsere Anfrage (Update vom 2.12., siehe auch Blogbeitrag von Abgeordnetenwatch dazu).
Update 2.12. – Verteidigungsministerium untersagte früherem Generalleutnant Anschlusstätigkeit in Lobbyverein
Das Verteidigungsministerium musste besonders häufig entscheiden, ob es Anschlusstätigkeiten seiner eigenen Mitarbeiter genehmigen würde. In den Jahren 2010 bis 2013 prüfte das BMVg 38 Anträge auf Genehmigung von Anschlussbeschäftigungen – mehr als jedes andere Ministerium. Bislang ist nur ein Fall bekannt, bei dem das Verteidigungsministerium einen Seitenwechsel untersagt hat. Im Jahr 2009 übernahm der frühere Generalleutnant der Bundeswehr Heinz Marzi den Posten des Cheflobbyisten des neu gegründeten Bundesverbands der Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft (BDSV). Im November 2010 stellte das Verteidigungsministerium einen Interessenkonflikt zwischen seiner neuen Tätigkeit als Lobbyist und seinem ehemaligen Posten bei der Bundeswehr fest und verbot Marzi daraufhin seine Tätigkeit als Geschäftsführer des BDSV. Daraufhin musste Marzi seine Tätigkeit als Lobbyist für die Rüstungsindustrie beenden. Marzi klagte gegen die Entscheidung. Das Verfahren wurde im Februar 2011 laut Auskunft des Verteidigungsministerium vom Verwaltungsgericht München eingestellt. Dass Marzi seinen Posten verlassen musste, halten wir für eine richtige Entscheidung. Warum aber Beemelmans seine neue Funktion bei EUTOP zunächst annehmen darf, erscheint damit umso fragwürdiger. Es bleibt nun zu hoffen, dass das Verteidigungsministerium den Seitenwechsel wie beim Fall Marzi nach gründlicher Prüfung nachträglich untersagen wird.
Wir fordern das Ministerium auf, Beemelmans die neue Tätigkeit als Lobbyist zu untersagen. Zumindest sollte dieser zu einer längeren Karenzzeit verpflichtet werden. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung gerade eine neue Regel für die Seitenwechsel von Ministern und parlamentarischen Staatssekretären entwickelt, aber die bestehende beamtenrechtliche Regelung nicht ausschöpft.
Weitere Informationen zu EUTOP hat Abgeordnetenwatch in einem Blog-Beitrag zusammengestellt.
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