Am gestrigen Donnerstag entschied das Verwaltungsgericht Berlin: Der Bundestag muss offenlegen, welche Lobbyisten Hausausweise für die Bundestagsgebäude haben. Geklagt hatte die Plattform abgeordnetenwatch.de. Interessenvertreter können nämlich bislang über zwei Wege an einen Hausausweis gelangen: Der erste, transparentere führt über die Verbändeliste des Bundestags. Dort eingetragene Verbände können für ihre Vertreter bis zu fünf Hausausweise erhalten. Die Verbandsvertreter mit Hausausweis werden in der Liste namentlich genannt.
Der zweite, intransparente Weg führt läuft über die Fraktionen im Bundestag. Es genügt die Unterschrift eines Parlamentarischen Geschäftsführers einer Fraktion, um einen Hausausweis zu erhalten. Dieser Weg wird vor allem von solchen Lobbyakteuren genutzt, denen der Weg über die Verbändeliste nicht offen steht: Unternehmen, Lobbyagenturen, Anwaltskanzleien, selbstständige Lobbyisten. Unternehmenslobbyisten beispielsweise können sich selbst dann nicht in die Verbändeliste eintragen, wenn sie es wollten. Bisher weigerten sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD offen zu legen, wem genau sie Hausausweise ausgestellt haben. Dagegen richtete sich die Klage, die nun in erster Instanz erfolgreich war.
Debatte konstruktiv nutzen: Echte Lobbytransparenz jetzt!
Wir begrüßen das Urteil und fordern den Bundestag auf, die Debatte um Zugangsregeln zum Parlament zu nutzen, um endlich grundlegend mehr Transparenz beim Lobbyismus zu schaffen. Die Geheimniskrämerei darüber, wer in Berlin in wessen Auftrag welche Interessen vertritt, muss ein Ende haben.
Wir brauchen endlich ein verpflichtendes Lobbyregister für alle Lobbyisten, ob mit oder ohne Hausausweis. Denn auch ohne Hausausweis lässt sich in Berlin hervorragend Lobbyarbeit betreiben. Die Verbändeliste ist nicht mehr zeitgemäß: neben den Verbänden gibt es heute zahlreiche andere Lobbyakteure wie die Lobbybüros einzelner Unternehmen, Lobbyagenturen oder Anwaltskanzleien. Die veraltete Liste sollte durch ein Transparenzregister ersetzt werden, das alle Lobbyisten verfasst und nicht nur die Verbände.
Dabei ist es wichtig, dass die Eintragung nicht nur auf freiwilliger Grundlage erfolgt, wie bisher bei der Verbändeliste. Es muss klar sein: Wer als Lobbyist im Namen eines Auftraggebers versucht, politische Entscheidungen zu beeinflussen, muss sich eintragen und dabei aussagekräftige Angaben machen. Dazu gehören auch finanzielle Informationen, damit sichtbar ist, wer hinter einer Initiative oder Kampagne steht. Agenturen und Kanzleien, die Lobbydienstleistungen anbieten, müssten offen legen, wer ihre Lobbykunden sind und welchen Umfang der Lobbyauftrag hat.
Mehr Informationen zum Lobbyregister und der Vergabepraxis bei den Hausausweisen haben wir in unserem Lobbyreport 2013 zusammengestellt (ab S. 10).
Unsere Pressemitteilung zur gestrigen Verhandlung.
Weitere Hintergründe zur Verbändeliste und ihren Defiziten in der Lobbypedia.
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