Der Bundestag hat am 2. Juli endlich das Karenzzeit-Gesetz beschlossen. Damit hat die seit zehn Jahren andauernde Debatte über nahtlose Seitenwechsel von Regierungsmitgliedern in Jobs bei Verbänden und Unternehmen ein vorläufiges Ende gefunden. Es ist positiv, dass es nun endlich eine gesetzliche Karenzzeit für die Kanzlerin, Minister/innen sowie Parlamentarische Staatssekretäre gibt.
Die Einführung einer solchen Abkühlphase war lange überfällig - LobbyControl hat sich seit Gründung des Vereins vor fast zehn Jahren für eine Karenzzeit eingesetzt. Mit Kampagnen und Unterschriftenaktionen haben wir bei dem Thema immer wieder Druck gemacht, lange Zeit stießen wir dabei zumindest in Teilen der jeweiligen Regierungskoalition auf taube Ohren. Daher ist es erfreulich, dass wir nun einen Schritt weiter sind. Auch wenn die nun beschlossene Regelung halbherzig daher kommt und deutliche Schwächen aufweist, ist es ein Erfolg unserer Kampagnenarbeit, dass es überhaupt zu einem Gesetz gekommen ist.
Eine kleine Bremse für die Drehtür
Leider hat die Bundesregierung nicht den Mut gehabt, die Drehtür zwischen Politik und Lobbyjobs stärker zu bremsen. Die Karenzzeit hätte deutlich länger ausfallen müssen. Nach 12 oder 18 Monaten - wie nun vorgesehen sind die Kontakte eines ehemaligen Ministers oder Staatssekretärs nicht ausreichend abgekühlt. Auch politische Entscheidungsverfahren, an denen der Seitenwechsler als Amtsträger beteiligt war, sind möglicherweise noch nicht abgeschlossen. Wir sprechen uns weiter für eine dreijährige Karenzzeit aus.
Problematisch ist auch das Fehlen jeglicher Sanktionen in dem Gesetz. Die Bundesregierung entzieht sich damit der Verantwortung, selbst für die Einhaltung der Karenzzeit zu sorgen. Dies bleibt allein der kritischen Öffentlichkeit überlassen. Dabei weichen ehemalige Regierungsmitglieder gerne der Öffentlichkeit aus und sind für ihren Druck weniger empfänglich.
Positiv ist aber, dass das Gesetz im Bundestag und in Reaktion auf die Anhörung Mitte Juni nocheinmal leicht nachgebessert wurde. Seitenwechsler müssen nun die Absicht, eine neue Tätigkeit aufzunehmen, mindestens einen Monat vor dem geplanten Beginn des neuen Jobs gegenüber der Bundesregierung anzeigen. Wird die Frist nicht eingehalten, kann die Bundesregierung eine vorläufige Untersagung der Tätigkeit aussprechen. Das gibt dem beratenden Gremium und der Bundesregierung Zeit, den Seitenwechsel zu prüfen und verhindert, dass die Tätigkeit aufgenommen wird, bevor überhaupt über eine Karenzzeit entschieden wurde.
LobbyControl wird die Seitenwechsel weiter genau beobachten und darauf drängen, dass insbesondere bei Wechseln in Lobbyjobs der mögliche Rahmen der Karenzzeit voll ausgeschöpft wird. Spannend wird nun auch die Frage sein, wie das neu zu schaffende und die Bundesregierung bei der Karenzzeit beratende Gremium besetzt wird. Wie die Karenzzeitregel konkret angewandt wird, wird in erherblichem Maße davon abhängen.
Bei der Lobbyregulierung bleibt noch viel zu tun!
Mit dem Karenzzeit-Gesetz machen Bundestag und Bundesregierung einen weiteren kleinen Schritt, den Lobbyismus in Deutschland klarer zu regeln. Allerdings ist das Regelwerk immer noch viel zu löchrig. Die Bundesregierung muss hier endlich handeln und ein umfassendes Konzept vorlegen. So fehlt insbesondere ein Lobbyregister für mehr Transparenz. Auch bei den Parteifinanzen gibt es noch zu viele Schlupflöcher für intransparente Geldflüsse.
Weitere Informationen:
- Im Webportal Lobbypedia dokumentiert LobbyControl die Wechsel aus der Politik in Lobbyjobs
- Unsere Stellungnahme zur Anhörung
- Unsere Pressemitteilung zum gestrigen Beschluss
- Die Plenardebatte zur Gesetzesverabschiedung als Video
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