Handelspolitik

E.ON Klage gegen Spanien mahnt: Mit TTIP entsteht Paradies für Konzerne!

Der Energiekonzern E.ON hat eine Klage gegen Spanien vor einem privaten Schiedsgericht eingereicht. Erneut zeigen sich die Tücken der umstrittenen Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS) in aller Deutlichkeit.
von 13. August 2015

Der Energiekonzern E.ON hat eine Klage gegen Spanien vor einem privaten Schiedsgericht eingereicht. Das südeuropäische Königreich strich die Subventionen für erneuerbare Energie zusammen. E.ON beklagt dies nun und beruft sich dabei auf die Investitionsschutzregeln im Energiechartavertrag, den Spanien unterzeichnet hat. Erneut zeigen sich die Tücken der umstrittenen Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS) in aller Deutlichkeit.

Der Hintergrund der Klage

Das Bild zeigt die Zentrale des E.ON Konzerns in Düsseldorf.

Das Bild zeigt die Zentrale des E.ON Konzerns in Düsseldorf.

E.ON hatte vor der Finanzkrise von 2008 in den Ausbau erneuerbarer Energien in Spanien investiert, weil dort Ökostrom gefördert wurde. Infolge der Finanzkrise und dem Ausbruch der Eurokrise war Spanien zu massiven Einsparungen gezwungen und reduzierte deshalb unter anderem massiv die Förderungsmaßnahmen für Ökostrom.
Nun fordert E.ON vor einem privaten Schiedsgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit Schadensersatz für die veränderten Investitionsrahmenbedingungen. Und das, obwohl sich der Energiekonzern mittlerweile aus Spanien zurückgezogen hat. Würde der Energieriese Erfolg mit seiner Klage haben, kämen auf die Steuerzahler in Spanien unter Umständen enorme zusätzliche Belastungen zu!

Klage vor Schiedsgericht stellt demokratisch legitimierte Entscheidung infrage

Wie E.ON LobbyControl mitteilte, klagen bereits 16 weitere Unternehmen gegen Spanien wegen der Rücknahme der Ökostromförderung. Hier zeigen sich sehr klar die Folgen von Unternehmensklagen vor Schiedsgerichten. Demokratisch gewählte Regierungen werden für legitime politische Entscheidungen unter Druck gesetzt und dafür möglicherweise bestraft und zur Kasse gebeten.

Vertreten wird E.ON von der Anwaltskanzlei Luther, die auch den Energiekonzern Vattenfall bei seiner Klage gegen Deutschland wegen des Atomausstiegs unterstützt. Mehr zu Luthers Lobbyarbeit in Brüssel und zur Rolle der Anwaltskanzleien bei TTIP generell können Sie hier nachlesen.

TTIP: Regulatorische Zusammenarbeit andere Seite der Medaille von Schiedsgerichten

Dass das fragwürdige System der Schiedsgerichte über die Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA erneuert werden soll und infolge dessen eine neue Dimension von Klagen droht, muss verhindert werden! Warum wollen sich EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten zusätzlichem Druck von Unternehmen aussetzen und sich in ihrem Entscheidungsspielraum einschränken lassen?

Doch damit nicht genug. Neben den umstrittenen Schiedsgerichten droht eine weitere Einschränkung der Demokratie über das TTIP-Abkommen. Die Rede ist von regulatorischer Zusammenarbeit. Wir haben darüber bereits berichtet.

Im Kern richtet die regulatorische Zusammenarbeit Lobbyisten eine institutionalisierte und frühzeitige Einflussnahme auf Gesetze und Regulierungen ein. Die Unternehmen werden schon zu Beginn einer neuen Gesetzesvorlage obligatorisch mit an den Verhandlungstisch gesetzt. Davon können Lobbyisten nur träumen! Jegliche existierende und künftige Regulierung, die eigentlich dem öffentlichen Interesse in der EU dienlich sein sollte, würde über TTIP erst einmal von Unternehmen und der US-Regierung geprüft. Auch wenn das Feedback rechtlich nicht bindend ist, ensteht darüber eine bedrohliche Verfestigung von Lobbyeinfluss, lange bevor Parlamente Gesetzesideen zu Gesicht bekommen.

Demokratie im Würgegriff transnationaler Unternehmen

Dieser institutionalisierte Lobbyeinfluss gepaart mit der Möglichkeit gegen Staaten zu klagen, falls einem Unternehmen ein Gesetz nicht passt, stärkt insgesamt die Macht von transnationalen Unternehmen und schwächt den demokratischen Entscheidungsspielraum von Regierungen. Schiedsgerichte und regulatorische Zusammenarbeit sind also zwei Seiten der selben Medaille. Beide Komponenten sind Kernbestandteil des TTIP-Abkommens und derart schädlich für die Demokratie und die betroffenen Bürger, dass TTIP insgesamt ein fragwürdiges Projekt ist. Denn wenn E.ON selbst die gesetzlichen Rahenbedingungen seiner Investitionen direkt beeinflussen könnte und dann bei unliebsamer Veränderung der politischen Rahmenbedinungen auch noch vor privaten Schiedsgerichten klagen könnte, dann spätestens befindet sich unsere Demokratie im Würgegriff transnationaler Unternehmen.

Weitere Infos:

Bildquelle: Alice Wiegand; Foto: Sitz des Konzerns in Düsseldorf; Lizenz: CC-BY-SA 4.0.

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