Am 6. April 2016 veröffentlichte der Bundestag die Rechenschaftsberichte der Bundestagsparteien für 2014. Wie stets werfen diese Berichte mehr Fragen auf als sie beantworten. Die Herkunft vieler Millionen Euro Spenden und Sponsorengelder bleibt weiterhin im Dunkeln. Drei Viertel der Parteispenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden bleiben auch jetzt noch anonym. Und auch das undurchsichtige Parteisponsoring stagniert auf hohem Niveau. Das Wichtigste im Überblick:
Von Spendenmüdigkeit kann keine Rede sein
Gegenüber 2013, dem Jahr der letzten Bundestagswahl, ging das Spendenvolumen erwartungsgemäß zurück: Insgesamt nahmen die derzeit im Bundestag vertretenen Parteien 2014 über 61 Millionen Euro an Spenden ein (2013: knapp 68 Millionen Euro). In Wahljahren steigen Parteispenden traditionell stark an. Doch war das Spendenaufkommen 2014 rund ein Drittel größer als im Jahr nach der vorletzten Bundestagswahl (2010: 39,6 Millionen Euro). Spenden bleiben also weiterhin ein beliebtes Mittel, um den Parteien Gelder zukommen zu lassen – das gilt auch für Unternehmen und Verbände, die dafür zusätzlich auf Sponsoring zurückgreifen können.
Auch 2014 lagen die Unionsparteien mit großem Abstand vorn, zusammen verbuchten sie über 39 Millionen Euro Spendeneinnahmen. Rund 30 Prozent (11,8 Millionen Euro) wurden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden an die Union überwiesen. Die SPD bekam 15,1 Millionen Euro Spenden insgesamt, davon 16,8 Prozent (2,5 Mio Euro) von Unternehmen und Verbänden. Grüne und Linke liegen mit 4,7 Millionen und 2,3 Millionen Euro Gesamtspenden auf den Plätzen 3 und 4. Die Spenden der nicht im Bundestag vertretenen Parteien werden voraussichtlich in den nächsten Tagen veröffentlicht.
76 Prozent der Unternehmensspenden bleiben im Dunkeln
Unternehmen und Wirtschaftsverbände überwiesen 2014 insgesamt 15 Millionen Euro an Union, SPD, Grüne und Linke. Nicht einmal ein Viertel dieser Spenden (24 Prozent) wird namentlich ausgewiesen – 2013 waren es noch 33 Prozent, 2011 39 Prozent. Damit bleibt die Herkunft von 11,4 Millionen Euro, die 2014 aus Unternehmens- und Verbandskassen an Parteien flossen, dauerhaft anonym. Denn sie liegen unterhalb der Veröffentlichungsschwelle von 10.000 Euro.
Die Veröffentlichungsschwellen sollten deutlich gesenkt werden. Wir fordern, dass Spenden bereits ab 2.000 Euro in den Rechenschaftsberichten angezeigt werden – denn gerade auf kommunaler Ebene haben auch solche Beträge schon erhebliches Gewicht und können mit Einflussnahme verbunden sein. Ab 10.000 Euro sollten Parteispenden sofort veröffentlicht werden – und nicht erst mit anderthalb Jahren Verzögerung in den Rechenschaftsberichten. Dazu starteten wir vor einem Jahr eine Petition – die sie hier weiterhin unterzeichnen können.
9 von 15 Top-Spender blieben jahrelang anonym
Die Liste der Top-Spender wird angeführt vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (413.000 Euro), der auch die größte Einzelspende in 2014 (333.000 Euro an die CSU) locker machte. Auf Platz 2 folgt Südwestmetall mit 305.500 Euro, auf Platz 3 Daimler mit 280.000 Euro. Das Geflecht um Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) und ihren 2014 verstorbenen Gründer Pohl spendete 193.500 Euro (davon 153.500 an die CDU), ohne dass die Empfänger dies zeitnah bekannt machen mussten. Bisher müssen nur Spenden von über 50.000 Euro innerhalb weniger Tage veröffentlicht werden. Diese Vorschrift lässt sich durch Stückelung leicht umgehen.
Vor allem von den Arbeitgeberverbänden der Metall-, Elektro- und Chemieindustrie sowie von Autokonzernen fließen regelmäßig gigantische Summen. Wenn einzelne Wirtschaftsgruppen die finanzielle Ausstattung der Parteien so substantiell beeinflussen können, ist das demokratieschädlich. Der ungute Einfluss der Autolobby wurde erst durch den jüngsten Abgasskandal wieder offensichtlich. Daher brauchen wir dringend Obergrenzen für Parteispenden.
CSU bleibt Spitzenreiter beim anonymen Sponsoring
Undurchsichtig bleiben auch die Einnahmen, die die Parteien aus Sponsoring erzielten. Sponsorengelder werden in den Rechenschaftsberichten nur in einem anonymen Sammelposten erfasst („Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit“). 2014 handelte es sich dabei um insgesamt 32,7 Millionen Euro, das sind fast neun Prozent der Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien. Spitzenreiter ist wie schon in den Vorjahren die CSU, mit diesmal 14 Prozent Sponsoring-Anteil an den Gesamteinnahmen.
Über Höhe, Herkunft und Anlass dieser Millionenbeträge erfährt die Öffentlichkeit nichts. Wir fordern deshalb, das Parteisponsoring den gleichen Transparenzpflichten zu unterwerfen wie die Parteispenden. Sponsoring bietet die Möglichkeit, die vom Parteiengesetz vorgesehenen Veröffentlichungspflichten gezielt zu umgehen und Parteien verdeckte Spenden zukommen zu lassen. Seit Jahren steht Sponsoring deshalb in der Kritik. Auch Bundestagspräsident Lammert und Kanzlerin Merkel mahnten schon mehr Transparenz an. Dennoch versäumte es die Große Koalition bei der jüngsten Reform des Parteiengesetzes erneut, Sponsoring zu regulieren.
Deutschland hinkt bei der Regulierung hinterher – zum Schaden der Demokratie
In kaum einem OECD-Land ist verborgene Einflussnahme durch Parteispenden so weitgehend möglich wie hierzulande. So sind etwa in Frankreich Spenden auf 7.500 Euro pro Person begrenzt, Unternehmensspenden sind dort ganz verboten. In Großbritannien werden Zuwendungen schon ab 1.000 Pfund (rund 1.200 Euro) zeitnah veröffentlicht – und zwar in einer allgemein zugänglichen, leicht durchsuchbaren Datenbank. Der Bundestag hingegen stellt mit jahrelanger Verzögerung eingescannte Dateien ins Netz, aus denen Daten mühsam herausgepult werden müssen. Das ist steinzeitlich und bürgerfeindlich. Hier hat Deutschland dringenden Nachholbedarf.
Finanzierung des nächsten Wahlkampfs darf nicht im Dunkeln bleiben
In Wahlkampfzeiten werden politische Weichen für mehrere Jahre gestellt – und zugleich fließt besonders viel Geld. Bürgerinnen und Bürger müssen vor der Wahl wissen, wer die Wahlkämpfe der Parteien finanziert und so möglicherweise politische Abhängigkeiten schafft. Die Bundesregierung sollte jetzt dafür sorgen, dass der kommende Wahlkampf transparenter finanziert wird als der letzte. Damit hätte sie auch die Chance, ein Zeichen zu setzen gegen die Parteien-, Parlament- und Politikverdrossenheit, die sich zunehmend ein Ventil am rechtsextremen Rand sucht.
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