Teilerfolg bei der gestrigen Abstimmung im EU-Parlament zum Verhaltenskodex der Parlamentarier: Die Abgeordneten verbieten sich Lobby-Nebentätigkeiten und verpflichten sich, nur noch registrierte Lobbyisten zu treffen.
Großer Schritt für das EU-Lobbyregister
Das Europäische Parlament hat gestern einer Reform seiner Geschäftsordnung zugestimmt, die unter anderem Ethik-Standards für die Parlamentarier regelt. Dabei gab es eine positive Überraschung: Die Abgeordneten verpflichteten sich, nur noch registrierte Lobbyisten zu treffen. Für das EU-Lobbyregister ist das ein großer Fortschritt. Wenn nicht nur EU-Kommissar/innen, sondern nun auch Abgeordnete diese Regel einhalten, wird es für Lobbyisten immer schwerer, das EU-Lobbyregister zu umgehen. Zu verdanken ist dies etwa 100 engagierten Abgeordneten, die gleich zehn Änderungsanträge für mehr Transparenz und strengere Verhaltensregeln in die Debatte eingebracht hatten.
Schulz nimmt Antrag zur Karenzzeit von der Tagesordnung
Die anderen 9 Änderungsanträge wurden abgelehnt, ganz überwiegend durch eine Mehrheit von Europäischer Volkspartei (Konservative, deutsches Mitglied: CDU/CSU), Liberalen und – bei einigen auch – den Sozialdemokraten. Einen weiteren Antrag hatte Parlamentspräsident Schulz bereits am Vorabend der Abstimmung von der Tagesordnung genommen: Er sah ein Verbot von bezahlten Lobbytätigkeiten für Abgeordnete vor, die Übergangsgelder erhalten. Für EU-Kommissare gilt eine solche Regelung bereits. Schulz‘ Begründung: Die Geschäftsordnung sollte nicht dazu genutzt werden, um das Leben ehemaliger Mitglieder des Parlaments zu regulieren. Das zeigt ein weiteres Mal: Der sozialdemokratische Parlamentspräsident vertritt bei den Ethikregeln Ansichten, mit denen er sich gut bei der CDU einreihen könnte.
Nebentätigkeiten: Parlamentspräsident/in ist gefragt
Die Abgeordneten stimmten trotz vieler Gegenstimmen aus der Europäischen Volkspartei (EVP) dafür, professionelle Lobbytätigkeiten von Parlamentariern zu verbieten. Dadurch können die EU-Parlamentarier nun keiner Nebentätigkeit mehr nachgehen, die eindeutig als Lobbyarbeit einzustufen ist, wie zum Beispiel eine Anstellung bei einem Lobbyverband.
Das ist zu begrüßen, lässt aber weiterhin zu viel Spielraum. Denn viele Interessenskonflikte ergeben sich durch Tätigkeiten, die nicht so eindeutig als Lobbyjob einzustufen sind: Anwälte für internationale Großkanzleien mit Unternehmen als Kunden, Berater oder Aufsichtsratsmitglied. Fragwürdige Nebentätigkeiten wie die von Viviane Reding für die Bertelsmann-Stiftung oder die Anwaltstätigkeit von Angela Niebler (CSU) werden deshalb von der Regelung unberührt bleiben. Diese unscharfe Definition ist wahrscheinlich auch der Grund, warum am Ende auch die Hälfte der EVP zugestimmt hat.
Die neue Regel weit zu interpretieren könnte Aufgabe der/des neuen Parlamentspräsident/in sein.
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