Licht für den Brüsseler Lobbydschungel: Das EU-Parlament hat gestern mit großer Mehrheit den vom Grünen-Abgeordneten Sven Giegold initiierten Transparenzbericht verabschiedet. Dieser sieht unter anderem strengere Regeln beim Umgang mit Lobbyisten, einen gesetzlichen Fußabdruck, mehr Transparenz bei Handelsabkommen und einen besseren Schutz von Whistleblowern vor.
Der Abstimmungsprozess im EU-Parlament wird transparenter
Besonders erfreulich ist aus unserer Sicht die Einführung des legislativen Fußabdrucks. Konkret heißt das: Die Abgeordneten, die verantwortlich für die Meinungsbildung des Parlaments zu einer Gesetzesvorlage der EU-Kommission sind (sie fassen alle Änderungsanträge in einem Bericht zusammen und werden daher Berichterstatter genannt), sollen in Zukunft alle Lobbyisten veröffentlichen, mit denen sie sich zu dieser Vorlage getroffen haben. Das gleiche gilt für die Schattenberichterstatter, also die Co-Verantwortlichen. In Zukunft nachvollziehen zu können, mit welchen Interessenvertretern sich diese für den jeweiligen Gesetzgebungsprozess sehr wichtigen Abgeordneten getroffen haben, macht den Abstimmungsprozess im EU-Parlament ein gutes Stück transparenter.
Außerdem sprachen sich die Abgeordneten unter anderem für einen besseren Schutz von Whistleblowern, strengere Regeln bei den Seitenwechseln von EU-Kommissar/-innen, mehr Transparenz in der Handelspolitik und mehr Demokratie und Transparenz bei Beschlüssen zum Euro aus. Hier muss das Parlament jetzt darauf hinwirken, dass die anderen Institutionen diese Beschlüsse befolgen. Der „Initiativbericht für Transparenz, Verantwortlicheit und Integrität bei den Europäischen Institutionen“ bindet die anderen Institutionen nicht, sondern ist erstmal nur eine Mehrheitsmeinung des Parlaments.
Und nun noch die versprochene Analyse, wie die Parteien sich verhalten haben:
SPD überrascht positiv
Die SPD hat uns gestern positiv überrascht. Während des mühevollen Abstimmungsprozesses des Berichts in den vergangenen zwei Jahren hat sie der CDU immer wieder beim Mauern und Blockieren geholfen. Gestern jedoch haben die Abgeordneten der SPD klar für den Initiativbericht gestimmt. Darunter auch für den legislativen Fußabdruck. Ja, sie haben sogar für eine Abkühlphase der Abgeordneten gestimmt, während sie Übergangsgelder vom Parlament erhalten. Die ist allerdings an anderen Mehrheiten gescheitert. Insgesamt hat die SPD damit ihren Transparenzforderungen im Wahlprogramm für die Bundestagswahl Glaubwürdigkeit verliehen. Dazu hatten wir sie ja auch in einer Email aufgefordert. LobbyControl wirkt!
Liberale:
Die Liberalen haben ebenfalls insgesamt für den Bericht gestimmt. Den legislativen Fußabdruck allerdings und die Abkühlphase haben sie abgelehnt. Bedauerlich, dass sich die Partei, die sich doch als besonders modern gibt, zu derartigen fortschrittlichen Transparenzmaßnahmen nicht durchringen kann – das korrespondiert leider mit dem, was die Liberalen in Deutschland in puncto Lobbytransparenz sagen. Auf der anderen Seite haben sie aber dem Gesamtbericht am Ende zugestimmt. Eine positive Überraschung, gehörten sie doch zu den großen Blockierern des Berichts.
CDU blockiert Transparenz auf der ganzen Linie
Dieses Verhalten kennen wir aus dem Bundestag nur zu gut. Ihr Abstimmungsverhalten entspricht unseren gestern formulierten Erwartungen. Mit ihrem umstrittenen NGO-Antrag sind sie krachend gescheitert.
Grüne und Linke:
Die Initiative stammte aus den Reihen der Grünen. Die Linke haben sie die ganze Zeit unterstützt.
AfD:
Die AfD hat nicht mitgestimmt.
Doppelmoral: Abgeordnete verlangen EU-Kommission mehr ab als sich selbst
Enttäuschend: In puncto Karenzzeit und Transparenz über Treffen mit Lobbyisten legen die Abgeordneten an sich selbst andere – deutlich schwächere – Maßstäbe an als bei der EU-Kommission.
Dennoch: Der legislative Fußabdruck macht die EU-Institutionen transparenter und verantwortlicher. Nun müssen die Regierungen der Mitgliedsländer nachziehen. Auch Deutschland.
Foto: Grüne/EFA
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