Lobbyismus in der EU

EU-Transparenzregister: Gremium der Mitgliedstaaten will mitmachen – aber nur ein bisschen

Mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem die EU-Kommission einen Vorschlag vorgelegt hat, wie sie sich ein künftiges EU-Lobbyregister vorstellt. Nach langem Hin und Her hat nun endlich auch der Rat, das Gremium der Mitgliedstaaten, eingewilligt, sich am EU-Transparenzregister zu beteiligen. Allerdings könnte das zur Verwässerung des ohnehin schwachen Registers führen.
von 21. Dezember 2017

Mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem die EU-Kommission einen Vorschlag vorgelegt hat, wie sie sich ein künftiges EU-Lobbyregister vorstellt. Kommissionspräsident Juncker hatte ein neues, verpflichtendes Lobbyregister bereits vor Amtsantritt angekündigt. An diesem soll neben Kommission und Parlament auch der Rat, das Gremium der Mitgliedstaaten, teilnehmen. Nach langem Hin und Her hat er sich nun durchgerungen, sich am EU-Transparenzregister zu beteiligen. Dazu ist es auch höchste Zeit: Keine EU-Institution ist so undurchsichtig wie der Rat.

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Der Stand beim EU-Transparenzregister

Zur Erinnerung: Das EU-Transparenzregister hat keine Rechtsverbindlichkeit für Lobbyisten. Auch nach der laufenden Reform wird es deshalb kein verpflichtendes Lobbyregister in unserem Sinne sein. Es handelt sich vielmehr um eine Vereinbarung zwischen den EU-Institutionen (bisher Kommission und Parlament), denjenigen Lobbyisten, die sich nicht ins Lobbyregister eintragen, das Leben möglichst schwer zu machen. Dazu verpflichten sich die drei Institutionen, bestimmte Aktivitäten nur registrierten Lobbyisten zu erlauben. So sind Treffen mit EU-Kommissar/-innen und ihren Kabinetten und der Erhalt von Dauerzugangspässen zum EU-Parlament bereits jetzt nur noch nach Registrierung zu haben, mit dem geplanten neuen Lobbyregister soll es noch mehr solcher Bedingungen geben.

Rat kommt mit ziemlich leeren Händen an den Verhandlungstisch

Eine Teilnahme des Rates am EU-Lobbyregister ist zunächst einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Was aber bringt der Rat konkret mit zu den Verhandlungen, die Anfang 2018 beginnen sollen?

Konkret sollen folgende Aktivitäten nur registrierten Lobbyisten erlaubt sein:

  • Teilnahme an den thematischen Briefings des Rates für Interessenvertreter
  • Teilnahme von Interessenvertretern als Sprecher bei Veranstaltungen des Generalsekretariats des Rates
  • Erhalt dauerhafter Zugangspässe zu den Ratsgebäuden
  • Treffen mit dem Generalsekretär und den Generaldirektoren des Generalsekratariats des Rates.

Das ist ein erster Anfang. Allerdings auch nicht viel mehr. Denn das Generalseketariat des Rates ist nicht gerade als Lobbyziel bekannt. Es handelt sich um eine Einrichtung, die die Ratsarbeit koordiniert und organisatorisch unterstützt. Diejenigen, die politische Entscheidungen treffen und bei den Gesetzen mitwirken, sitzen woanders. Und dort findet auch die Lobbyarbeit statt. Diese Lobbyisten können weiterhin getrost auf das EU-Transparenzregister pfeifen, jedenfalls sofern sie nicht auch die beiden anderen Institutionen „bearbeiten“ (und auch bei diesen gibt es zahlreiche Schlupflöcher).

Ständige Vertretungen bleiben von Transparenz weitestgehend verschont

Im Jahr 2015 haben wir mit unserer europäischen Allianz ALTER-EU gezeigt, dass die ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten eine wichtige Anlaufstelle für Lobbyisten sind. Kein Wunder, haben sie doch wichtige Funktionen bei der Gesetzgebung inne: Sie beraten die nationalen Regierungen und deren Beamte zu den Inhalten der Gesetze und koordinieren das Abstimmungsverhalten mit anderen Mitgliedstaaten.

In unseren Augen sollten daher Lobbytreffen mit allen Beamten der ständigen Vertretungen, die an der Gesetzgebungsarbeit beteiligt sind, vom Eintrag ins Lobbyregister abhängig gemacht werden. Auch sollten zumindest die Treffen mit den Top-Beamten öffentlich sichtbar gemacht werden. Ebenfalls am Register teilnehmen sollte EU-Ratspräsident Donald Tusk mit seinem Kabinett.
Auch die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly hat Donald Tusk kürzlich in einem Brief aufgefordert, seine Lobbytreffen zu veröffentlichen und nur noch registrierte Lobbyisten zu treffen. Sie kritisiert – wie wir – schon lange die mangelnde Transparenz des Rates.

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Keine Transparenzpflicht für Lobbyarbeit bei den ständigen Vertretungen

Aber der Rat war von Anfang an unwillig, andere Akteure als die Top-Beamten des Ratssekretariats der „Kein Treffen ohne Registrierung“-Regel zu unterwerfen. In einem Rechtsgutachten stellte er fest, dass nur eine freiwillige Nutzung des Registers durch die ständigen Vertretungen möglich sei, da die nationalen Regierungen mit ihren Einrichtungen nicht Teil der Interinstitutionellen Vereinbarung werden könnten. Über einen Vorschlag der maltesischen Ratspräsidentschaft, dass der Rat in seinem Verhandlungsmandat für das Lobbyregister die Mitgliedstaaten auffordern soll, mit ihren ständigen Vertretungen das Register zu nutzen, wurde Berichten zufolge äußerst kontrovers diskutiert.

Deutsche Bundesregierung blockiert Lobbytransparenz in Brüssel

Während einige Staaten mehr Transparenz unterstützten, stellten sich andere – darunter Deutschland – quer dagegen, dass die Öffentlichkeit sehen könnte, mit welchen Lobbyisten sich ihre nationalen Diplomaten treffen. Das Ergebnis der Debatte ist dementsprechend niederschmetternd: Der Rat ermuntert nun die Mitgliedstaaten, dass der ständige Vertreter und sein Stellvertreter das Lobbyregister nutzen sollen – wenn das Land die ständige Ratspräsidentschaft innehat. Also einmal für ein halbes Jahr alle 14 Jahre.

Der Hauptteil der Lobbyarbeit fände damit weiterhin im Dunkeln statt. Das Angebot des Rates an Transparenz bleibt auch hinter dem zurück, was Kommission und Parlament als seinen Beitrag eingefordert hatten – nämlich dass zumindest die ständigen Vertreter der bestehenden und der folgenden Ratspräsidentschaft teilnehmen sollen – wobei auch das unseres Erachtens völlig unzureichend wäre. Die Mitgliedstaaten sind weiterhin nicht bereit, ihren Teil der Verantwortung für das mangelnde öffentliche Vertrauen in die EU-Institutionen zu übernehmen und ihre Standpunkte sichtbar zu machen.

Verwässerung der Interinstitutionellen Vereinbarung

Aber nicht nur, dass der Rat sich vernünftiger Lobbytransparenz verweigert. Er versucht zugleich, die Interinstitutionelle Vereinbarung zu verwässern. Die Vereinbarung, so argumentiert er, dürfe nicht festschreiben, wie sich die Institutionen intern organisieren. Alle Festlegungen, welche für die Aktivitäten von Lobbyisten den Eintrag ins Register voraussetzen, wurden aus der interinstitutionellen Vereinbarung gestrichen. Die Institutionen sollten das für sich selber festlegen und dann dem Sekretariat des Registers mitteilen, schlägt der Rat vor. Das wird die Verbindlichkeit des Registers natürlich verringern. Absurd wird es da, wo der Rat auch vorschlägt, dass jede Institution einen eigenen Verhaltenskodex für Lobbyisten führt. Da wird der Aufwand, zu verstehen, welchen Regeln man sich wo zu unterwerfen hat, zum Vollzeitjob! Kommission und Parlament müssen diese Vorschläge zurückweisen.

Wie es weiter geht: 2018 wird entscheidend für das Lobbyregister

Anfang 2018 sollen die Verhandlungen um das Lobbyregister beginnen. Wir setzen darauf, dass die der Prozess diesmal transparent abläuft – wie von den Verhandlerinnen des Parlaments, Danuta Hübner und Sylvie Guillaume, versprochen. Bisher war es äußerst mühselig, auch nur etwas Licht in die Verhandlungen um ein Transparenzregister zu bringen. Wir bleiben dran und kämpfen für ein möglichst verpflichtendes Lobbyregister mit zuverlässigen Daten.

Zum Weiterlesen:

  • Pressemitteilung des Rates mit Link zu Verhandlungspapieren
  • Vorschlag für eine interinstitutionelle Vereinbarung über ein verbindliches Transparenzregister der EU-Kommission
  • Verhandlungsmandat des Parlaments
  • Brief der Ombudsfrau an Donald Tusk

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