Pressemitteilung

Parteien profitieren massiv von verdeckten Geldflüssen

Berlin, 28.5.2018 – Die Parteienfinanzierung in Deutschland bleibt hochgradig intransparent. Dies belegen erneut die jetzt veröffentlichten  Rechenschaftsberichte. Demnach haben die Bundestagsparteien 2016 rund 60 Millionen Euro an Spenden erhalten. Der Bericht verschleiert jedoch, dass tatsächlich noch mehr Geld geflossen ist. So nutzen Konzerne, Verbände und Vermögende Schlupflöcher wie Sponsoring oder Tarnorganisationen, um einzelne Parteien mit […]
von 28. Mai 2018

Berlin, 28.5.2018 – Die Parteienfinanzierung in Deutschland bleibt hochgradig intransparent. Dies belegen erneut die jetzt veröffentlichten  Rechenschaftsberichte. Demnach haben die Bundestagsparteien 2016 rund 60 Millionen Euro an Spenden erhalten. Der Bericht verschleiert jedoch, dass tatsächlich noch mehr Geld geflossen ist. So nutzen Konzerne, Verbände und Vermögende Schlupflöcher wie Sponsoring oder Tarnorganisationen, um einzelne Parteien mit hohen Geldbeträgen zu unterstützen, wie LobbyControl an mehreren Beispielen nachweisen kann.

Im Jahr 2016 spendeten Unternehmen und Verbände 14,5 Millionen Euro an die Bundestagsparteien. Bei zwei Drittel dieser Spenden bleibt die Herkunft nach LobbyControl-Berechnungen anonym.

„Unternehmen und Wirtschaftsverbände verfolgen mit ihren finanziellen Zuwendungen Interessen, das ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung. Diese Geldströme gefährden das demokratische Prinzip `Ein Mensch, eine Stimme`. Wir fordern deshalb mehr Transparenz und Obergrenzen für Parteispenden“, sagt Annette Sawatzki, Expertin für Parteienfinanzierung bei LobbyControl.

Schlupfloch Sponsoring

Der Rechenschaftsbericht verschweigt, dass immer mehr Unternehmen wie BMW, Gesamtmetall und Philip Morris auf Schlupflöcher wie Sponsoring setzen, um einzelnen Parteien intransparent hohe Geldsummen zukommen zu lassen. So hat Volkswagen nach LobbyControl-Recherchen von 2014 bis 2017 insgesamt 656.260 Euro für Parteisponsoring ausgegeben – das ist rund viermal so viel wie VW früher jährlich durchschnittlich spendete.

„Das Grundgesetz verpflichtet die Parteien, Rechenschaft über die Herkunft ihrer Mittel abzulegen. Doch das Parteiengesetz ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Millionenschwere Zuwendungen bleiben anonym, nur weil sie als Sponsoring deklariert werden. Dieses Schlupfloch muss endlich geschlossen werden“, sagt Annette Sawatzki.

Anonyme Millionen für die AfD

„Auch der Rechenschaftsbericht der AfD verschleiert mehr als er zeigt“, so Sawatzki. Die AfD hatte 2016 in fünf Landtagswahlkämpfen millionenschwere Unterstützung durch eine Tarnorganisation erhalten, deren Geschäfte von der Schweizer PR-Agentur Goal AG gesteuert werden. Die Geldgeber sind immer noch unbekannt. In ihrem Rechenschaftsbericht geht die AfD lediglich auf die direkte Unterstützung der Goal AG für einzelne AfD-Politiker ein (S. 222f), unter anderem für den Wahlkampf des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen. Sie behauptet, die Unterstützung sei nicht als Parteispende zu werten.

„Meuthen und die AfD versuchen, die Transparenzregeln des Parteienrechts auszuhebeln, um ihre wahren Geldgeber nicht offenlegen zu müssen. Das ist inakzeptabel“, kritisiert Sawatzki. „Die Bundestagsverwaltung darf das nicht durchgehen lassen. Denn sonst könnten Großspender statt einer Spende einfach eine Agentur mit gezielter Wahlwerbung beauftragen, um anonym zu bleiben.“

Hintergrund

– Transparenz bei Parteispenden: Spender tauchen namentlich erst ab 10.000 Euro in den Rechenschaftsberichten auf. Aus Sicht von LobbyControl ist das ein Problem, schließlich können auch vierstellige Beträge – vor allem auf kommunaler Ebene – erhebliches Gewicht haben. Zuletzt haben Enthüllungen um den Waffenhersteller Heckler & Koch gezeigt, wie ein Unternehmensmanager mit gezielten Spenden an CDU- und FDP-Politiker politische Entscheidungen beeinflussen wollte.

– AfD-Wahlkampfhilfe: LobbyControl hat 2017 ein ausführliches Hintergrundpapier zur verdeckten Wahlkampffinanzierung für die AfD veröffentlicht.

– Parteisponsoring: Sponsoreinnahmen verstecken sich in den Rechenschaftsberichten unter verschiedenen Sammelposten („Einnahmen aus Veranstaltungen und Publikationen“ sowie „Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit und Beteiligungen“). Wer wie viel gezahlt hat, geht nicht daraus hervor.

– Während die Linkspartei keine Sponsorengelder annimmt, veröffentlichen die Grünen seit 2012 freiwillig die Sponsorzahlungen bei ihren Bundesparteitagen. Die SPD veröffentlichte 2018 erstmals eine Liste mit Sponsoreinnahmen, die unmittelbar dem Bundesvorstand zuflossen. CDU, CSU und FDP machen dazu keine Angaben.

– Eine frühere LobbyControl-Recherche belegte am Beispiel von Philip Morris, dass Sponsorgelder mitunter die Spendensummen übersteigen. So ließ der Tabakkonzern allein der CDU im Jahr 2015 nach eigener Auskunft 100.000 Euro zukommen – 85 Prozent davon durch Sponsoring. Zahlen für 2016 hält Philip Morris bisher unter Verschluss.

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