Handelspolitik

Paukenschlag in Amerika: NAFTA 2.0 ohne Schiedsgerichte

Die USA und Kanada streichen die umstrittenen Konzernklagerechte aus NAFTA. Begründung: Die Rechte von Umwelt, und Verbrauchern seien wichtiger als die von Konzernen. Das globale Schiedsgerichtssystem gerät dadurch immer mehr unter Druck. Was bedeutet das für CETA und JEFTA?
von 19. Oktober 2018

Die USA und Kanada streichen die umstrittenen Konzernklagerechte aus NAFTA. Begründung: Die Rechte von Umwelt, und Verbrauchern seien wichtiger als die von Konzernen. Das globale Schiedsgerichtssystem gerät dadurch immer mehr unter Druck. Was bedeutet das für CETA und JEFTA?

Der Protest gegen ISDS hat gewirkt, Kanada und die USA haben die Schiedsgerichte aus der Neuauflage von NAFTA gestrichen. Foto: Obert Madondo/ „NAFTA Hijacks Democracy“/ Flickr/ CC BY-NC-SA 2.0 von Obert Madondo Creative Commons Lizenzlogo

Nach zähen Verhandlungen haben sich die USA und Kanada Ende September auf eine Neuauflage des gemeinsamen Freihandelsabkommens Nafta mit Mexiko geeinigt. Zwei Punkte springen ins Auge: Erstens enthält es einen weitreichenden Mechanismus, über die Konzerne Regeln beeinflussen können – die sogenannte regulatorische Kooperation. Das ist besorgniserregend, weil dies den globalen Trend hin zu mehr Konzerneinfluss auf Politik über regulatorische Kooperation stärkt. Dazu mehr in naher Zukunft.

Der zweite Punkt ist bahnbrechend: Kanada und die USA verzichten auf die umstrittenen einseitigen Konzernklagerechte. Das ist erfreulich und könnte weitreichende Konsequenzen für das System der Investor-Staats-Klageverfahren (ISDS) weltweit haben.

Das Wunder NAFTA 2.0: Keine Schiedsgerichte mehr

Die Begründung für den Verzicht auf Schiedsgerichte spricht Bände: Der US-Handelsbeauftragte Lighthizer hatte bereits im März 2018 darauf verwiesen, dass die Androhung von Schiedsgerichtsklagen in der Vergangenheit Gesetze im Interesse aller verhindert und die nationale Souveränität der Vereinigten Staaten untergraben habe.

Chrystia Freeland. Foto: TTCFANBOY/ Wikimedia/ CC BY-SA 4.0 von TTCFANBOY Creative Commons Lizenzlogo

Ähnlich äußerte sich nun auch die kanadische Handelsministerin Freeland in ihrer Pressekonferenz nach Abschluss der Verhandlungen: ISDS hätte die kanadischen Steuerzahler mehr als 300 Mio. Dollar gekostet und habe die Rechte von Unternehmen über die Souveränität von Regierungen gestellt. „Indem wir ISDS wegräumen, haben wir das Recht der kanadischen Regierung gestärkt, im Interesse der Allgemeinheit zu regulieren und zum Beispiel die öffentliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen.“

Warum bleibt ISDS dann in CETA bestehen?

Beim EU-Kanada-Handelsabkommen CETA hatte die kanadische Handelsministerin noch für die umstrittenen Schiedsgerichte argumentiert. Nun übernimmt sie die Argumente unserer kanadischen zivilgesellschaftlichen Partner vom Canadian Centre for Policy Alternatives (CCPA). Wir sagen: Wenn Kanada mit den USA auf Schiedsgerichte verzichtet, dann sollten sie auf dieses umstrittene Instrument auch bei CETA verzichten.

Hinzu kommt: Viele US-Unternehmen haben einen Sitz in Kanada und bekommen über CETA Klagerechte gegenüber der EU und ihren Mitgliedstaaten. US-Unternehmen hätten also Klagerechte, während deutsche Unternehmen nicht die USA verklagen könnten.

Noch sind die umstrittenen Schiedsgerichte im Rahmen von CETA noch nicht verabschiedet. Der Bundestag könnte dem Abkommen nicht zustimmen und damit ISDS verhindern.

Das globale Schiedsgerichtssystem in der Krise

Die Zeichen mehren sich: Das System globaler Schiedsgerichtsbarkeit ist in der größten Krise seit seiner Einführung. Wir stehen am Anfang vom Ende einseitiger Konzernklagerechte. So hat der Europäische Gerichtshof erst kürzlich in seinem Achmea Urteil Abkommen über Konzernklagerechte zwischen EU Staaten als rechtswidrig erklärt. Und die EU Kommission hat auf die Kritik an Schiedsgerichten reagiert und eine Reformagenda angeschoben. Fortsetzung folgt.

Weitere Infos:

Lobbypedia-Artikel Schiedsgerichtsbarkeit (Investor-State-Dispute-Settlement)

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