Parteienfinanzierung

Die Schatten-Finanzen der AfD: Fragen und Antworten

Die AfD und ihre Finanzen sind seit Wochen in den Schlagzeilen: Es geht um dubiose Spenden aus dem Ausland und Hinweise auf weitere verdeckte Finanzierung durch den Milliardär August von Finck.

von 29. November 2018

Brisant sind diese Fälle aus mehreren Gründen. Zum einen hat die AfD klar gegen das Parteiengesetz verstoßen und offensichtlich mit Schatten-Finanzierern zusammengearbeitet. Das steht in krassem Widerspruch zu ihrer offensiven Selbstdarstellung als „sauberer“ Partei ohne jegliche Großspender. Zum anderen zeigen die Enthüllungen erneut, wie verwundbar die Demokratie für die Einflussnahme des großen Geldes und manipulative Eingriffe ist. Oder anders gesagt, wie unzureichend die Reformen waren, mit denen die Politik auf die großen Parteispendenskandale der 1980er und 90er reagierte.

Wir geben einen Überblick über den Stand der Dinge, die rechtliche Lage und die offenen Fragen. Uns geht es dabei um Aufklärung und um das Schließen der Schlupflöcher im Parteienrecht. Wir wollen verdeckte Geldströme in die Politik stoppen, bei allen Parteien. Dazu haben wir eine Online-Aktion gestartet - hier können Sie unterschreiben.

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Worum geht es bei den Auslandsspenden an Alice Weidel?

Im Zentrum der Debatte stehen mehrere illegale Spenden einer Schweizer Firma, die während des Bundestagswahlkampfes zwischen Juli und September 2017 auf das Konto des AfD-Kreisverbandes Bodensee flossen. Insgesamt handelte es sich um 18 Tranchen im Wert von 132.000 Euro. Als Zweck der Spenden gab der Geldgeber an: "Wahlkampfspende Alice Weidel". Weidel ist stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes und Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion. In der Folge wurde auch eine fragwürdige Spende über 150.000 Euro von einer niederländischen Stiftung im Januar 2018 publik (dazu unten mehr). Im Fall der Schweizer Firma zeigte sich, dass die Firma das Geld nur „treuhänderisch“ für einen Dritten überwiesen hat. Der eigentliche Spender ist bis heute unbekannt. Es soll sich um eine reiche Person handeln, die in Zürichberg lebt und keinen Steuersitz in Deutschland hat. Das Geld wurde nach Aussage von Weidels Sprecher zumindest zum Teil im Bundestagswahlkampf eingesetzt, u. a. für den Kauf von Facebook-Likes. Erst im April 2018 überwies die AfD rund 124.000 Euro an die Schweizer Firma zurück.

Was ist daran illegal?

Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind laut Parteiengesetz illegal – es sei denn, sie werden von einem deutschen Staatsbürger aus dem eigenen Vermögen auf direktem Wege an eine Partei überwiesen (§ 25 (2) 3a) PartG). Die Schweizer Firma gehört jedoch einem Schweizer – und hat zudem nur „treuhänderisch“ das Geld eines Dritten weitergeleitet. Die Spende ist deshalb doppelt illegal. Das heißt: Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass hinter der Spende letztlich ein Deutscher stand, war die Spende unrechtmäßig. Denn dieser hätte nur auf direktem Wege spenden dürfen. Dass die Herkunft des Geldes über eine Strohfirma verschleiert wurde, zeigt, dass der Geldgeber die Öffentlichkeit irreführen wollte. Die AfD hätte schon die erste Tranche sofort zurückweisen oder an die Bundeskasse abführen müssen – was sie nicht getan hat. Parteien ist zudem grundsätzlich die Annahme von Spenden über 500 Euro verboten, wenn nicht klar ist, woher das Geld eigentlich kommt (anonyme Spende), oder wenn erkennbar ist, dass das Geld eines ungenannten Dritten weitergeleitet wurde (Strohmann-Spende, § 25 (2) 6 PartG). Der Gesetzgeber möchte damit ausschließen, dass Geldgeber Einfluss nehmen und dabei anonym bleiben können. Für die Prüfung der Spendenherkunft lässt er den Parteien nicht viel Zeit. Nur „unverzüglich nach ihrem Eingang an den Spender zurückgeleitete Spenden gelten als nicht von der Partei erlangt“ heißt es im Parteiengesetz (§ 25 (1) Satz 4). Die AfD tut jetzt öffentlich so, als sei ein Handeln nach acht Monaten noch als „unverzüglich“ zu betrachten. Bei der Aufsichtsbehörde, also der Bundestagsverwaltung, wird sie damit aber nicht durchkommen. Selbst in dem Fall, dass es sich um die Spende eines Deutschen ohne Zwischenschaltung einer Strohfirma gehandelt hätte, hätte die AfD die gesetzliche Meldepflicht verletzt. Parteien müssen Spenden ab 50.000 Euro sofort nach Eingang der Bundestagsverwaltung melden, damit diese die Summe und den Namen des Spenders „zeitnah“ veröffentlichen kann. Dabei gelten auch gestückelte Spenden, bei denen ein „einheitlicher Spendenentschluss“ besteht, als eine einzige zusammenhängende Großspende (Bericht über die Rechenschaftsberichte 2012 bis 2014, S. 25). Das heißt: Stückelspenden desselben Absenders, die innerhalb eines kurzen Zeitraums auf demselben Konto eingehen, müssen zusammengezählt und gemeldet werden, sobald die 50.000-Euro-Schwelle überschritten ist. Dies hat die AfD nicht getan.

Was geschah mit dem Geld?

Die illegalen Spendengelder aus der Schweiz wurden zur Bezahlung eines Medienanwalts und für den Internetwahlkampf von Alice Weidel verwendet, wie Weidels Sprecher bestätigte. Spätestens damit gelten die Spenden juristisch als angenommen. Sie wurden nicht lediglich für einen – unverhältnismäßig langen – Prüfprozess geparkt, sondern eingesetzt, um Alice Weidel einen konkreten Vorteil im Wahlkampf zu verschaffen. Nach dem Wahlkampf bekamen sie und ihre Partei Zugang zu einer entsprechenden staatlichen Wahlkampfkosten-Erstattung. Wenn Weidel durch die Spendenmittel ein besseres Wahlergebnis erzielen konnte, hat die AfD dadurch einen konkreten finanziellen Vorteil erlangt – obwohl Sie die Spendenmittel inzwischen wieder zurückgegeben hat.

Wer ist der Spender aus der Schweiz?

Das ist bis heute ungeklärt. Die Firma, die die Spenden „treuhänderisch“ weitergeleitet haben will, gibt den Namen nicht preis. Die AfD sagt, sie habe keine Ahnung, wer dahinter stecke. Erstaunlich sind jedoch zwei Dinge: Zum einen sagte der AfD-Landesschatzmeister zu seiner Rechtfertigung, er sei davon ausgegangen, dass es sich um einen Deutschen handele. Ein Sprecher Weidels erklärte zudem, dass die Kreisschatzmeisterin und Weidel von einer ordnungsgemäßen Spende ausgegangen seien. Wie kamen die Beteiligten auf die Idee, die Spende könnte nicht unter das Verbot von Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland fallen? Woher kam der Gedanke, dass ein Deutscher dahinter stehe? Das würde ja bedeuten, dass irgendjemand in der AfD wusste, dass die Firma das Geld nur „treuhänderisch“ überwiesen hatte, und (fälschlich) davon ausging, damit sei die Spende legal. Damit wäre die AfD in die Verschleierung der Identität des Spenders eingeweiht gewesen. Zum anderen stand auf den Überweisungen eine ungewöhnlich konkrete Vorgabe für das, was mit dem Geld geschehen sollte: „Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedia“. Ein derart spezifische Verwendungszweck könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass es Vorabsprachen gegeben hat.

Wie versucht sich die AfD zu rechtfertigen? Warum wird das nicht funktionieren?

Es gibt bislang keine ausgearbeitete Stellungnahme der AfD, wie sie den Fall im Detail bewertet. Mehrere Stimmen aus der Partei ließen verlauten, man habe das Geld ja zurück überwiesen, wenn auch verspätet, und damit sei die Sache erledigt. Diese Strategie zielt darauf, den Vorgang als kleinen technischen Fehler erscheinen zu lassen. Der von der AfD mit der Prüfung beauftragte Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider geht sogar noch weiter: Er behauptet in einem Interview, eine Rückzahlung nach acht Monaten könne immer noch als „unverzüglich“ gelten. Das ist absurd. Denn zum einen wäre die Prüfung der entscheidenden Frage, ob der Eigentümer der Schweizer Firma Deutscher ist, mit einem Anruf erledigt gewesen. Zudem wurde das Geld im Wahlkampf ja sogar verwendet und verschaffte Frau Weidel einen handfesten, unlauteren Vorteil. Schachtschneider behauptet zudem, das Geld komme von einem Deutschen und sei deshalb keine illegale Auslandsspende. Zum einen fragt sich, woher Schachtschneider die Identität des Spenders zu kennen meint, wenn doch die AfD selbst sagt, sie kenne diese Person nicht. Zum anderen geht Schachtschneider in seiner „Argumentation“ einfach über das ausdrückliche Verbot von Strohmann-Spenden hinweg, das auch für im Ausland lebende Spender mit deutscher Staatsangehörigkeit gilt (Parteiengesetz § 25 (2) 3a). Tatsache ist: Auch wenn das Geld von einem Deutschen kam, war die Spende illegal, weil sie über eine Strohfirma geschleust wurde.

Was ist mit den Spenden aus den Niederlanden?

Weidels Kreisverband erhielt am 13.2.2018 eine weitere Großspende von 150.000 Euro von einer bis dato unbekannten niederländischen Stiftung namens Stichting Identieit Europa. Diese hatte bereits 2016 an den AfD-Landesverband NRW eine Spende von 49.000 Euro überwiesen. Ob Stiftungen aus dem EU-Ausland spenden dürfen, ist juristisch unklar. Das Parteiengesetz gesteht dieses Recht nämlich ausdrücklich nur natürlichen Personen und Unternehmen aus dem EU-Ausland zu, nicht aber Stiftungen oder Vereinen. Bisher gab es auch keinen vergleichbaren Fall. Allerdings besteht in den beiden vorliegenden Fällen der Verdacht auf illegale Strohmann-Spenden, da der Sprecher der Stiftung auf Nachfragen hin deutlich machte, (Mit-)Geldgeber geheim halten zu wollen. Im Fall der Spende an die AfD NRW ist zudem die Spendenhöhe ein Indiz dafür, dass die gesetzliche Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung (ab 50.000 Euro) gezielt umgangen werden sollte. Die AfD NRW hat 2016 die an sie gerichtete Spende umgehend zurückgewiesen und sich insoweit korrekt verhalten. Der KV Bodensee ließ die 150.000-Euro-Spende jedoch drei Monate auf seinem Konto liegen, statt sie „unverzüglich“ dem Bundestag zu melden oder „unverzüglich“ zurückzuweisen, wie das Gesetz es verlangt. „Unverzüglich“ heißt: „ohne schuldhaftes (vorsätzliches oder fahrlässiges) Zögern“ (§ 121 (1) BGB). In der Praxis wird den Parteien eine gewisse Frist zugestanden, innerhalb derer sie den Vorgang prüfen und sich in dem zuständigen Gremium ein Urteil bilden können. Drei Monate dürfte ein solcher Prüfprozess aber wohl nicht dauern. Ungeklärt ist bisher, was mit dem Geld aus den Niederlanden in den drei Monaten passierte. Ob es verwendet wurde und wenn ja, ob es dabei half, zunächst die Spenden aus der Schweiz rück-abzuwickeln. Denn das Schweizer Geld wurde ja teilweise ausgegeben. Die Spende aus den Niederlanden fällt genau in die Zeit der Rückzahlung der Schweiz-Spenden.

Waren das die ersten Großspenden für die AfD?

Nein. Alice Weidel behauptete im Bundestagswahlkampf wahrheitswidrig, die AfD hätte keine Großspender – während wöchentlich an sie adressierte Schweizer Spenden auf dem Konto ihres Kreisverbands eingingen. Zusätzlich hatte die AfD schon zuvor über 971.000 Euro Großspenden von je über 10.000 Euro gemeldet (wobei die Rechenschaftsjahre 2017 und 2018 in dieser Summe bisher nur unvollständig berücksichtigt sind). 309.999,99 Euro waren Großspenden von jeweils über 50.000 Euro, rund die Hälfte davon kam von dem Kölner Unternehmer Klaus Nordmann (detailliert nachvollziehbar in unserer Parteispenden-Datenbank).

Welche anderen Fälle von verdeckter Wahlkampfhilfe gibt es bei der AfD?

Für die AfD sind das nicht die ersten Fälle dubioser Geldströme. Seit 2016 profitierte die Partei bei der Bundestagswahl und acht Landtagswahlen von verdeckter Wahlkampfunterstützung in Höhe von mindestens 10 Millionen Euro. Dazu gehören Tausende Wahlplakate, Millionen von Wahlkampfzeitungen („Extrablatt“), die flächendeckend an Haushalte verteilt wurden, sowie Anzeigen, Videos und Internet-Werbung. Diese Wahlwerbung läuft formal über den „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“. Der Verein ist aber nur ein Briefkasten-Konstrukt, das es den Geldgebern erlaubt, das Parteiengesetz zu umgehen und anonym zu bleiben. Klar ist, dass es sich um einen oder wenige Großspender handeln muss, u.a. weil von Anfang an sehr viel Geld auf dem Tisch lag. Hinter dem Verein steht als maßgebliche Akteur die Schweizer PR-Agentur Goal AG. Die Agentur hat außerdem einzelne AfD-Politiker wie Jörg Meuthen und Guido Reil direkt mit Wahlwerbung unterstützt, ohne das dies öffentlich sichtbar wurde (siehe unten). Auch hier besteht aufgrund des Verbots von Strohmann-Spenden der Verdacht illegaler Parteispenden. Zudem hat bereits in der Anfangsphase der AfD und im Wahlkampf 2013 eine PR-Agentur Kosten für AfD-Veranstaltungen übernommen. Auch hier stellt sich die Frage, ob das Geld wirklich von der Agentur kam oder von Dritten. Nach Medienberichten führt eine Spur zu August von Finck (mehr siehe nächster Abschnitt).

Welche Rolle spielt der Milliardär August von Finck dabei?

Nach Recherchen des Spiegels und der WOZ war ein Bevollmächtigter Fincks offenbar in die Konzeption des Deutschland-Kuriers eingebunden. Mit dem Deutschland-Kurier wirbt der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ seit 2017 für die AfD. Die „Zeitung“ - inhaltlich vielmehr ein Wahlwerbe-Blatt - wird vor Wahlen millionenfach umsonst verteilt. Zahlreiche AfD-Politiker wirken an dem Wahlwerbe-Blatt mit, obwohl der Verein angeblich unabhängig von der AfD arbeitet. Laut Recherche-Verbund NDR/WDR/SZ soll der enge Finck-Vertraute, Ernst Knut Stahl, sich „sehr für die Vereinsarbeit interessiert und vor geraumer Zeit aktiv einen Chefredakteur für eine rechte Zeitung gesucht haben“. Weitere Quellen hätten Stahl immer wieder als engen Kontaktmann des Vereins benannt. Außerdem gibt es laut Spiegel und WOZ klare Indizien, dass der Milliardär August von Finck 2013 über eine PR-Agentur AfD-Veranstaltungen finanziert hat. Dabei geht es um die Wordstatt GmbH der damaligen AfD-Pressesprecherin Dagmar Metzger. Metzger übernahm in der Anfangszeit der Partei zahlreiche Rechnungen für die AfD. Die Partei hat dies eingeräumt und in ihrem Rechenschaftsbericht für 2016 nachträglich dafür 35.000 Euro verbucht. Der ehemalige Schatzmeister Norbert Stenzel spricht allerdings im "Spiegel" von einer Größenordnung von 100.000 bis 120.000 Euro, die von Frau Metzger übernommen wurden. Mehrere Insider hätten dem Spiegel berichtet, dass darunter auch Geld von Finck gewesen sei. Parteienrechtlich drohen der AfD hier zwei Dinge: Wenn Frau Metzger tatsächlich mehr Kosten übernommen hat als die 35.000 Euro, dann sind die Angaben im Rechenschaftsbericht der AfD für 2016 falsch. Das würde Geldstrafen nach sich ziehen und potentiell strafrechtliche Ermittlungen. Wenn das Geld zudem nicht von Metzger selbst kam, sondern von einem Dritten wie Finck, dann könnte es sich um verbotene Strohfrau-Spenden handeln.

Warum kann der Wahlwerbe-Verein der AfD noch gefährlich werden?

Der Verein und die AfD behaupteten immer, es gebe keine Zusammenarbeit zwischen ihnen. Deshalb konnte die Unterstützungskampagne ein Schlupfloch im Parteienrecht nutzen und ihre Geldgeber so bislang geheim halten. Denn während direkte Spenden an Parteien über 10.000 Euro namentlich offengelegt werden müssen, sind die Organisatoren parteiunabhängiger „Parallelkampagnen“ zu keiner Transparenz verpflichtet. Dies gilt jedoch nur, so lange ihnen keine Zusammenarbeit mit der Partei nachgewiesen wird. Das heißt: Falls nachträglich eine solche Zusammenarbeit bekannt wird, wird die „Parallelkampagne“ der Partei als Einnahme nach § 26 Parteiengesetz zugerechnet und die für Parteispenden geltenden Regeln finden darauf Anwendung. Das könnte zu Strafen in Millionenhöhe führen, etwa wegen Verletzung der Anzeigepflichten und des Verbots anonymer Spenden. Neue Erkenntnisse von NDR, WDR und SZ zeigen enge Kontakte zwischen der AfD und dem "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten". AfD-Vertreter haben demnach eine Zusammenarbeit mit dem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" in finanziellen Fragen angestrebt. Die Partei hat offensichtlich versucht, die verdeckten Geldgeber des Vereins für das strategische Projekt der AfD-Stiftung zu nutzen. Nach außen hat die AfD immer behauptet, sie habe mit dem Verein nichts zu tun. Diese Darstellung ist schon lange löchrig und wird durch die neuen Erkenntnisse noch unglaubwürdiger. Bereits im September wurde bekannt, dass der Vereinsvorsitzende den AfD-Kreisverbänden in Bayern kostenlose Exemplare des Deutschland-Kuriers angeboten hat (2017 und 2018). Es gibt Belege, dass Kreisverbände und AfD-Kandidaten diese AfD-Werbe-Zeitung auch verteilt haben. Damit sind diese Wahlkampf-Maßnahmen nur durch die Zusammenarbeit von Verein und AfD zustande gekommen und werden wohl als Parteispende zu werten sein. Wie die AfD diese im kommenden Rechenschaftsbericht für 2017 verbuchen wird und wen sie als Spender nennen wird, bleibt spannend.

Worin besteht das Problem bei Jörg Meuthen und Guido Reil?

Die Schweizer Goal AG hat zudem einzelne AfD-Politiker wie Jörg Meuthen und Guido Reil direkt mit Wahlwerbung unterstützt, ohne das dies öffentlich sichtbar wurde. Auch hier besteht aufgrund des Verbots von Strohmann-Spenden der Verdacht illegaler Parteispenden. Tatsächlich hat die Bundestagsverwaltung in einer vorläufigen Einschätzung im Sommer 2018 die Unterstützung für Meuthen als unzulässige Spenden gewertet. Die AfD hat darauf einen kleinen Teil des Werts der Wahlkampfhilfe vorsorglich an die Bundestagsverwaltung überwiesen. Die endgültige Bewertung der Bundestagsverwaltung steht noch aus.

Was ist so problematisch an verdeckten Geldflüssen?

Die Rolle des Geldes in der Politik ist immer sensibel. Mit großen Geldsummen kann der politische Wettbewerb verzerrt werden – vor allem in Wahlkampfzeiten – und Einfluss erkauft werden. Es ist legitim, wenn Bürger/innen innerhalb eines begrenzten Rahmens an Parteien spenden. Das kann man als Teil politischen Engagements betrachten, wie es in einer Demokratie jede/r Bürger/in möglich sein muss, gewissermaßen als Alternative oder Ergänzung zum persönlichen Einsatz für bzw. in einer Partei. Sehr große Spenden an Parteien und Politiker untergraben jedoch das demokratische Prinzip, dass jede Stimme gleiches Gewicht haben soll. Und besonders gefährlich sind solche Geldströme, wenn ihre Herkunft unbekannt bleibt. Denn dann wird nicht klar, welche Interessen sich mit den Gaben verbinden. Wer nimmt Einfluss? Welchen Geldgebern fühlen sich Parteien möglicherweise zu Dank verpflichtet? Gibt es Zusammenhänge zwischen politischen Entscheidungen und Geldflüssen? Wählerinnen und Wähler haben das Recht, Antworten auf solche Fragen zu bekommen. Das sagt auch das Grundgesetz (Artikel 21) und das Bundesverfassungsgericht hat das immer wieder bekräftigt. Bei den großen Parteispendenskandalen in der Geschichte der Bundesrepublik wurden Millionensummen auf verdeckte Weise an Parteien geschleust. Das geschah zum Teil mit der konkreten Zielsetzung, Steuern zu hinterziehen und die Politik gefügig zu machen. Der Flick-Skandal und der CDU-Parteispendenskandal erschütterten die Republik, stellten die Integrität von Parteien und Politikern in den Augen vieler Bürger infrage und führten zu einem Schub an Parteien- und Politikverdrossenheit, der die parlamentarische Demokratie insgesamt geschwächt hat. Danach wurden einige Verbesserungen eingeführt: So wurden die Meldepflichten für Parteispenden verschärft und eine Möglichkeit steuerbegünstigter Spendenwäsche unterbunden. Aber die Konsequenzen gingen nicht weit genug. Noch heute hat das Parteiengesetz gravierende Lücken und Schwachstellen. Es gibt immer noch keine Obergrenze für Parteispenden, dafür zahlreiche Möglichkeiten, die Transparenzpflichten zu umgehen. Die Kontrollen und Sanktionen bei Verstößen sind unzureichend. Die Finanzaffäre der AfD ist eine Folge davon. Sie zeigt: anonyme Geldgeber – ob aus dem In- oder Ausland – können auf verdeckte Weise ganze Wahlkämpfe massiv beeinflussen und manipulativ in den politischen Wettbewerb eingreifen.

Wer hat ein Interesse daran, die AfD verdeckt zu fördern?

Das ist bislang an vielen Stellen unklar. Die Geldgeber hinter den Spenden aus der Schweiz und den Niederlanden sind weiter unbekannt. Bislang gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ausländische Akteure hinter den Geldflüssen stehen. Aber aufgrund der Lücken im Parteienrecht ist es auch nicht auszuschließen, dass hier Geld von Spendern floss, die auf legalem Wege nicht hätten spenden dürfen. Auffällig ist, dass mit Weidel und Meuthen wirtschaftsliberale Stimmen in der AfD gefördert wurden. Da stellt sich die Frage, ob diese Geldströme auch mit Positionen der AfD zusammenhängen, etwa der Forderung nach einer Abschaffung der Erbschaftssteuer. Mit dieser Forderung ist die AfD in den Bundestagswahlkampf 2017 gezogen. Alice Weidel hatte sich dafür in der Vergangenheit auch in der politischen Debatte eingesetzt. Mit der Spur zu August von Finck gibt es nun eine Verbindung zu einem Superreichen, der klare ökonomische Interessen und Positionen mitbringt. Das eng mit Finck verbundene Ludwig von Mises-Institut in München propagiert zum Beispiel marktradikale Ideen. Die Autoren des Instituts wenden sich gegen die Erbschaftssteuer, gegen ein angeblich drohendes Bargeldverbot und generell gegen jede Form staatlicher Einmischung in das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben. Ziel ist die unbedingte Achtung des Privateigentums. In der weiteren Aufarbeitung der Spendenaffäre ist es wichtig zu beleuchten, inwiefern mit den verdeckten Geldflüssen auch konkrete inhaltliche Interessen verfolgt wurden.

Was ist aus Sicht von LobbyControl zu tun?

Zum einen gilt es, die Vorgänge rückhaltlos aufzuklären. Die AfD hat trotz vieler Anfragen und Aufforderungen in den letzten zweieinhalb Jahren bisher nichts zur Klärung beigetragen. Aus unserer Sicht ist deshalb die Staatsanwaltschaft gefragt, die Bundestagsverwaltung – als Aufsichtsbehörde mit nur schwachen Ermittlungsbefugnissen – zu unterstützen. Sie ermittelt bisher nur im Fall der Weidel-Spenden. Diese Ermittlungen sollten ausgeweitet werden. Zum anderen braucht es bessere gesetzliche Regelungen, um Wahlbeeinflussung durch anonyme Großspenden und Querfinanzierungen künftig zu verhindern. Ziel muss es sein, anonyme Geldflüsse an Parteien und in Wahlkämpfe zu unterbinden – und den Einfluss des großen Geldes auf die Politik insgesamt zurückzudrängen. Aus unserer Sicht braucht es dazu vor allem drei Dinge: Erstens fordern wir, dass die Geldgeber bei von Dritten organisierter Wahlwerbung per Gesetz zur Offenlegung verpflichtet werden. So, wie das die Parteien bereits jetzt mit ihren Spendern tun müssen. Diese Transparenzpflicht sollte auch für das sogenannte Parteisponsoring gelten, ein weiteres bekanntes Schlupfloch im Parteiengesetz. Beim Sponsoring zahlen Unternehmen und Wirtschaftsverbände an Parteien Geld, um bei ihnen für sich werben zu dürfen – sozusagen ein Eintrittsgeld für Lobbyisten. Auch hier gibt es bisher keine gesetzliche Offenlegungspflicht. Zweitens fordern wir, Geldflüsse nur noch bis zu einer Obergrenze von maximal 50.000 Euro zuzulassen. Bisher gibt es keinerlei Beschränkung. Doch auch legale, transparente Millionenspenden gefährden die Demokratie, weil sie den politischen Wettbewerb verzerren und das Prinzip gleichen Stimmgewichts untergraben. In anderen Ländern wie z. B. Frankreich gibt es deshalb bereits solche Obergrenzen. Drittens müssen die Kontrollen und Sanktionen verschärft werden: Die Ermittlungsbefugnisse der Aufsichtsbehörde sollten deutlich ausgeweitet und Verbote auch tatsächlich mit Sanktionen verbunden werden, statt nur auf dem Papier zu bestehen. Es gilt sicherzustellen, dass es bei Verstößen zeitnah zu einer Sanktion kommt – und nicht erst Jahre später. Es darf auch nicht sein, dass erst durch jahrelange Recherchen Dinge ans Licht kommen, die durch eine effektive staatliche Aufsicht frühzeitig aufgedeckt oder von vornherein hätten unterbunden werden können.

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