Lobbyismus in der EU

EU-Parlament: Nationale Regierungen im Rat müssen transparenter werden!

Der Rat, das Gremium der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, arbeitet am Liebsten hinter verschlossenen Türen. Wir wissen kaum etwas über seine konkreten politischen Entscheidungsprozesse. Nun wächst der Druck, dass sich daran etwas ändert. Denn am 17. Januar wird das Europäische Parlament den Rat in einer Resolution auffordern, transparenter zu werden.
von 7. Januar 2019

Wir kritisieren die Geheimniskrämerei seit Langem: Der Rat, das Gremium der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, arbeitet am liebsten hinter verschlossenen Türen. Wir wissen kaum etwas über seine konkreten politischen Entscheidungsprozesse. Zum Beispiel: Welcher Staat hat am Ende wofür gestimmt? Im Frühjahr 2018 hatte die EU-Bürgerbeauftragte den Rat dazu aufgefordert, den Bürgern mehr Aufschluss über die Entscheidungen des Rates zu geben. Ohne Erfolg. Nun wächst der Druck, denn am 31. Januar wird das Europäische Parlament den Rat in einer Resolution auffordern, transparenter zu werden.

Das Bild zeigt einen Ausschnitt des EU-Parlamentsgebäudes in Brüssel. © LobbyControl.

Das Bild zeigt einen Ausschnitt des EU-Parlamentsgebäudes in Brüssel. © LobbyControl. von LobbyControl Alle Rechte vorbehalten

Kritik der EU-Bürgerbeauftragten an fehlender Transparenz

Die EU-Bürgerbeauftragte Emily O‘Reilly hatte dem Rat nach einer Untersuchung seiner Entscheidungsprozesse schlechte Verwaltungsführung vorgeworfen, da diese für die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar seien. Sie kritisierte unter anderem, dass

  • sowohl die Debatten innerhalb des Ministerrates, als auch die Arbeit der Gremien, die die Entscheidungsfindung des Rates unterstützen – zum Beispiel der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten oder die 150 hochspezialisierten Vorbereitungsgremien des Rates – abseits der Öffentlichkeit stattfinden.
  • der Rat nicht von sich aus konsequent alle Dokumente veröffentlicht, die im Zusammenhang mit Fragen zur Gesetzgebung stehen.
  • die Informationen, die bereits veröffentlicht werden, in einem Register aufgelistet sind, das unübersichtlich und nicht nutzerfreundlich gestaltet ist.
  • die Positionen der Mitgliedsstaaten in den einzelnen Debatten im Rat nicht veröffentlicht werden.

Ihre Empfehlungen hatte der Rat aber einfach unbeantwortet gelassen – daraufhin leitete die Bürgerbeauftragte ihre Untersuchung an das Parlament weiter, das sich der Sache angenommen hat.

EU-Parlament greift Kritik von O‘Reilly auf

Jo Leinen, Berichterstatter für das Thema im Ausschuss für konstitutionelle Fragen des Parlamentes (AFCO), entwarf eine Resolution, die das Urteil der Bürgerbeauftragten bestätigt. Sie wurde im Ausschuss ohne Gegenstimmen und mit drei Enthaltungen angenommen – und sie ist jetzt Thema im Parlament: Ende Januar stimmen die Abgeordneten darüber ab.

Die Vorlage des AFCO-Ausschusses für das Parlament, die LobbyControl vorliegt, ist bemerkenswert: Die Abgeordneten bestätigen nicht nur die Intransparenz des Rates, sie schlagen darüber hinaus einen sehr grundsätzlichen Ton an. So bringen sie beispielsweise zum Ausdruck, dass transparente Entscheidungsprozesse unverzichtbar sind, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Europäischen Institutionen zu stärken. Hohe Transparenzstandards und Möglichkeiten zur Teilhabe seien, so heißt es dort, eine grundlegenden Anforderung an eine moderne Demokratie. Auch das Abstimmungsergebnis im Ausschuss ist beachtlich: Sogar in Transparenzfragen sonst eher zögerliche Fraktionen wie die konservative EPP stimmten geschlossen dafür.

Das ist gut – und das lässt hoffen. Denn: Nicht nur über die Resolution von Jo Leinen wird in dieser Plenarwoche abgestimmt. Die 751 Abgeordneten des Europaparlaments werden am 16. Januar auch ein Votum zum verpflichtenden Transparenzregister abgeben, das dann nicht nur die Kommission, sondern auch sie selbst betreffen würde.

In der Praxis müssten die Ausschussvorsitzenden und die Berichterstatter des Parlaments künftig ihre Treffen mit Lobbyisten – und das heißt: nur mit Lobbyisten, weder mit Whistleblowern, noch mit BürgerInnen und Bürgern – melden. Die Kommission hat signalisiert, dass sie – vorausgesetzt das Parlament votiert dafür – in der Folge die Verhandlungen mit dem Rat und dem Parlament für ein gemeinsames Lobbyregister wieder aufnehmen wird. Damit käme man einer Transparenzpflicht für Lobbyisten bei allen drei EU-Institutionen deutlich näher.

Januar 2019: Meilenstein in Sachen Transparenz der EU?

Werden die Abgeordneten in den Abstimmungen also konsequent für mehr Transparenz in den EU-Institutionen eintreten? Gingen beide Abstimmungen positiv aus, wäre das ein großer Erfolg – und ein Meilenstein auf dem Weg zu einem transparenteren Europa. Wir plädieren deshalb an die Abgeordneten: Stimmen Sie als moderne Demokratinnen und Demokraten für transparente Gremienarbeit im Rat und für die verbindliche Offenlegung von Lobbykontakten!

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