In der Corona-Krise versucht der Staat mit hohem Geldeinsatz, Unternehmen zu stützen und Arbeitsplätze zu erhalten. Das ist im Prinzip sinnvoll. Allerdings muss dabei auf gerechte Lastenverteilung und eine ausgewogene Politik geachtet werden. Ein aktueller Streitpunkt sind deshalb mögliche Auflagen für unterstützte Unternehmen. Wir werfen einen Blick auf die laufende Diskussion.
Der Shutdown im Zuge der Coronakrise trifft viele Unternehmen hart. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, viele Menschen fürchten um ihre Jobs, haben diese bereits verloren oder mussten starke Verdienstverluste hinnehmen. Daher ist es richtig, dass der Staat mit verschiedenen Maßnahmen versucht Arbeitsplätze zu erhalten.
Zugleich läuft eine Debatte darüber, an welche Bedingungen staatliche Hilfen für die Unternehmen geknüpft werden sollen. Ein wichtiger Punkt in dieser Debatte sind die Gewinnausschüttungen an Anteilseigner. Bei vielen börsennotierten Unternehmen steht die Saison der jährlichen Dividendenausschüttungen bevor. Fast 44 Milliarden Euro planten die Unternehmen an ihre Aktionäre auszuschütten. Hier stellt sich die Frage: Wie passt das zusammen – auf der einen Seite staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, und zugleich auf der anderen Seite die Anteilseigner mit hohen Summen beglücken? Und wie sieht es aus mit Unternehmen, die hohe Boni für Manager:innen zahlen oder Gewinne in Steueroasen verschieben und sich so der Finanzierung desjenigen Gemeinwesens entziehen, von dessen Hilfen sie nun profitieren?
Die dänische Regierung beispielsweise hat in dieser Hinsicht eine klare Ansage gemacht: Wer Staatshilfen erhält, muss sich im Gegenzug ebenfalls solidarisch zeigen. Das heißt: Wer Gewinne in Steueroasen verschiebt, erhält nichts. Ebenso ist klar: Wer mit Steuergeld durch die Krise kommt, darf nicht im nächsten Schritt Gewinne an Anteilseigner ausschütten.
Forderungen nach Auflagen – Industrie dagegen
In Deutschland sind die Regeln bei weitem nicht so klar. Grüne, Linke und SPD, zum Teil auch Mitglieder der Bundesregierung, fordern ebenfalls Auflagen für die Unternehmen bei Staatshilfen. Auch aus der CDU sind solche Stimmen zu hören. Die liberale EU-Wettbewerbskommissarin Vestager möchte EU-weit durchsetzen, dass es Unternehmen untersagt wird, Dividenden auszuzahlen oder eigene Aktien zurückzukaufen, wenn sie staatliche Hilfen erhalten. Die Organisation Bürgerbewegung Finanzwende hat diese Woche eine Unterschriften-Aktion gestartet, in der klare Auflagen für alle Formen der Staatshilfe gefordert werden.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dagegen warnt, dass die derzeitige Diskussion um Auflagen für die staatlichen Hilfen Unternehmen abschrecken könnte, diese zu nutzen.
Die Debatte und die Möglichkeiten für Auflagen unterscheiden sich je nach konkreten staatlichen Hilfsmaßnahmen. Zwei zentrale Instrumente sind dabei das Kurzarbeitergeld und der neu geschaffene Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Daneben gibt es noch weitere Töpfe für staatliche Hilfen.
Kurzarbeitergeld
Das Kurzarbeitergeld ist sicherlich die am weitesten verbreitete Form der staatlichen Unterstützung in der Krise. Beantragen es Unternehmen, übernimmt die Bundesagentur für Arbeit einen Teil der Gehaltszahlungen an die Mitarbeitenden. In Anspruch genommen wird es aber nicht nur von vielen kleinen Betrieben, sondern auch von großen Konzernen.
Gerade für die börsennotierten Unternehmen ist die Situation heikel. Viele von den großen DAX-Konzernen haben bereits Kurzarbeitergeld beantragt, planen aber weiterhin Dividenden auszuschütten – die sich formal auf die Gewinne des Jahres 2019 beziehen. Dennoch ist es kaum vermittelbar, dass Unternehmen vom Staat Hilfe in Anspruch nehmen – und zugleich Milliarden ausschütten.
Auflagen für Gewinnausschüttungen sind beim Kurzarbeitergeld bisher nicht vorgesehen – zum Ärger einiger Politiker:innen. So twitterte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, kürzlich:
„Kurzarbeitergeld ist eine Staatshilfe. Wer auf Staatshilfe setzt, kann nicht gleichzeitig Gewinne an Aktionäre ausschütten.“
Doch um das Kurzarbeitergeld tatsächlich an Bedingungen zu knüpfen, bräuchte es eine Gesetzesänderung. Ein Antrag der Linksfraktion fordert die Bundesregierung dazu auf. Unternehmen sollen „während der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld dazu verpflichtet [werden], keine Dividenden auszuzahlen, keine Aktienrückkäufe zu tätigen sowie Bonuszahlungen und Vorstandsgehälter zu begrenzen“, heißt es dort. Dies solle die Bundesregierung gesetzlich regeln.
Wirtschaftsstabilisierungsfonds
Während also beim Kurzarbeitergeld bisher nur moralische Appelle an die Unternehmen möglich sind, sieht das bei den Maßnahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds etwas anders aus. Von der gesetzlichen Grundlage her sind solche Auflagen dort prinzipiell möglich. Das entsprechende Gesetz sieht vor, dass die Gewährung von staatlichen Hilfen mit Auflagen verbunden werden kann. Zu diesen Auflagen kann die Streichung von Dividenden gehören oder auch die Deckelung von Managergehältern. Damit soll verhindert werden, dass die Unternehmen mit dem staatlichen Geld hohe Managerboni zahlen, Aktionäre entlohnen oder auch andere Firmen aufkaufen.
Hier zeigt sich die Bundesregierung also zumindest gewillt, dem Grundsatz der wechselseitigen Solidarität zu folgen. In der Antwort auf eine Abgeordnetenfrage des Linken-Politikers Fabio di Masi schreibt der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums Ulrich Nussbaum: Die Bundesregierung werde "auf Kürzungen oder Streichungen, z.B. von Dividenden-Auszahlungen, bestehen, wann immer dies möglich ist.“
Soweit so gut. Doch wie sieht es mit den bevorstehenden Dividendenstichtagen aus? Bei den meisten DAX-Konzernen findet die Hauptversammlung, auf der final über die Dividenden entschieden wird, in den nächsten Wochen oder Monaten statt. Vorstellbar wäre daher, dass Unternehmen üppige Dividenden auszahlen – und dann im Sommer nach staatlicher Hilfe rufen. Finanzpolitiker di Masi forderte daher im Spiegel: „Der Staat sollte dazu eine Stichtagsregelung festlegen, um die Beantragung von Hilfen nach erfolgter Ausschüttung auszuschließen.“ Laut des CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann prüft das Finanzministerium derzeit eine solche Regelung.
Genaue Umsetzung noch offen - Transparenz nötig
Noch ist offen, wie die Maßnahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds genau umgesetzt werden. Aktuell wartet die Bundesregierung noch auf eine Genehmigung durch die EU-Kommission. Im Gesetz heißt es bisher etwas schwammig, dass das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium „nähere Bestimmungen“ erlassen „kann“, u.a. zur Ausschüttung von Dividenden durch begünstigte Unternehmen. Die entsprechende Rechtsverordnung dazu gibt es aber bisher noch nicht.
Wichtig ist es daher, nun genau hinzuschauen, wie die Bundesregierung in der nächsten Zeit die Regeln weiter ausgestaltet und bei den einzelnen Unternehmen konkret anwendet. Dafür braucht es Transparenz über die Maßnahmen und eine angemessene parlamentarische Beteiligung und Kontrolle. Das werden wir weiter im Blick behalten.
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