Berlin/Hamburg, 25.08.2020 - Die Koalitionsfraktionen haben einen mangelhaften Entwurf vorgelegt. In dieser Form würde Lobbyismus weiterhin intransparent bleiben. Daher fordern die Organisationen Union und SPD auf, einen neuen Anlauf zu starten.
Der durchgesickerte Lobbyregister-Entwurf, der den Organisationen vorliegt, ist absolut unzureichend:
- Die Bundesregierung ist bislang ausgeklammert, dabei findet ein Großteil der Lobbytätigkeiten gegenüber der Bundesregierung und Bundesbehörden statt.
- Die konkreten Aktivitäten von Lobbyakteuren (beispielsweise Treffen oder Veranstaltungen) werden weder erfasst noch veröffentlicht, dabei ist dies zwingend notwendig, um Lobbyismus öffentlich nachvollziehbar zu machen.
- Interessenvertretungen wird beispielsweise die Möglichkeit eingeräumt, finanzielle Angaben lediglich in einem nicht-öffentlichen Teil des Registers anzugeben.
- Unternehmen können ihre Lobbyaktivitäten weiterhin unter Verschluss halten, wenn sie einen Dienstleister (z.B. eine Agentur) zwischenschalten. Denn diese werden nicht verpflichtet, ihre Kunden konkret zu nennen. Auch werden Lobbyakteure nicht verpflichtet anzugeben, auf welche Gesetze oder politischen Prozesse sie konkret Einfluss nehmen wollen. Beide Punkte sind beispielsweise im EU-Transparenzregister besser geregelt.
- Die finanzielle Größenordnung des Auftragswerts fehlt ebenso, auch hier kann Brüssel als Vorbild dienen.
- Es ist bislang nicht eindeutig, ob es sich um eine gesetzliche Regelung handelt oder nur die Ordnungswidrigkeiten gesetzlich geregelt werden soll. Doch nur eine vollständig gesetzliche Lösung ist in der Lage die nötigen Veröffentlichungen zu erzwingen.
Der Entwurf ist zudem an vielen Stellen unpräzise. So ist z.B. fraglich, wer genau zur Eintragung verpflichtet ist und wer im Zweifelsfall hierüber entscheidet.
Positiv ist, dass der Entwurf vorsieht, erfolgsabhängige Honorare zu untersagen und auch Anwälte und Kanzleien mit zu erfassen, insofern sie im Auftrag ihres Mandanten politische Interessen vertreten.
Die Transparenzorganisationen fordern die große Koalition auf, diese Punkte dringend nachzubessern. Der derzeitige Entwurf stellt kein ausreichendes Maß an Transparenz in der politischen Interessenvertretung gegenüber Parlament und Regierung her. Ob die Interessenvertretung gegenüber der Regierung überhaupt erfasst wird, bleibt unklar. Gestern äußerte sich das Innenministerium, dem vorliegenden Entwurf entsprechend, negativ dazu. Zugleich hat die Koalition eine Regelung für Parlament und Regierung angekündigt.
Die große Koalition sollte die derzeit günstigen Bedingungen nutzen und ein wirklich solides Lobbyregister einführen, das auch im internationalen Vergleich mithalten kann und das dazu beiträgt, das Vertrauen der Bevölkerung in faire und transparente demokratische Prozesse zu stärken.
Hintergrund
LobbyControl und abgeordnetenwatch.de setzen sich seit Jahren für ein verpflichtendes Lobbyregister ein und haben u.a. einen beispielhaften Gesetzentwurf entwickelt. Erst gestern hatten die beiden Organisationen einen offenen Brief an Union und SPD versendet, mit der Aufforderung eine weitreichende Regelung ohne Lücken zu beschließen. Der offene Brief wurde unterzeichnet von abgeordnetenwatch.de, LobbyControl, Campact, Democracy International e.V., Bürgerbewegung Finanzwende, Mehr Demokratie e.V., Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.
Den offenen Brief finden Sie hier, die gestrige Pressemitteilung dazu hier.
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