Automobil-Zulieferer heuert Ex-Ministerpräsident an
Am 1. Februar 2010 beginnt nicht nur für den Privatkrankenkassen-Lobbyisten Christian Weber (FDP) ein neuer Karriere-Abschnitt. Auch der ehemalige Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) wechselt die Seiten. Er hat einen neuen Job bei Magna gefunden, einem der größten Automobil-Zulieferer weltweit.
Das Handelsblatt zitiert den Magna-Chef Siegfried Wolf: „Es ist erfreulich, wenn Politiker ihre exzellenten Kontakte und Erfahrungen nach der aktiven Zeit der Wirtschaft zur Verfügung stellen.“ Althaus wird Magna zufolge als „Vice-President für den Kunden Volkswagen“ und für „Kontakte zu öffentlichen Stellen in Deutschland“ zuständig sein. Der Ex-Ministerpräsident könnte mit Insiderwissen und guten Kontakten nützlich sein, „um die Stellung von Magna in Deutschland, aber vor allem in die Regionen hinein“ weiter auszubauen – man mag dabei an das Einstielen von Subventionen oder anderen Vergüngstigungen in den neuen Bundesländern denken.
Althaus für Magna-Opel-Lösung
Althaus hatte sich als Ministerpräsident im vergangenen Jahr vehement für den Erhalt des Opel-Werks im thüringischen Eisenach eingesetzt. Dabei hatte er – wie die Kanzlerin Angela Merkel – eine Übernahme von Opel durch Magna favorisiert. Diese Option wurde im Bundestagswahlkampf 2009 als optimale Lösung zur Rettung deutscher Opel-Werke präsentiert, die nach langem Ringen erzielt wurde. Nach der Wahl wollte General Motors davon nichts mehr wissen und ließ den Deal platzen.
Als großer Automobil-Experte ist Althaus bislang nicht in Erscheinung getreten. Über seinen Ex-Amtskollgen Christian Wulff (CDU), den niedersächsischen Ministerpräsidenten, könnte er aber tatsächlich einen guten Zugang zu VW haben. Das Land Niedersachsen ist Miteigentümer von VW.
Abkühl-Phase zu kurz
Das Land Thüringen schreibt seinen Abgeordneten eine Karenzzeit von drei Monaten vor. LobbyControl hält diese Frist für lächerlich kurz. Wir fordern mindestens drei Jahre Abkühlzeit. Generell halten wir den Seitenwechsel von Politikern in Lobbytätigkeiten für hoch problematisch:
- Unternehmen oder Lobby-Verbände erkaufen sich so einen privilegierten Zugang zu Kontakten, Know-How und Insider-Wissen – leisten können sich das i.d.R. nur finanziell gut ausgestattete Akteure.
- Politiker können von der Aussicht auf hoch dotierte Pöstchen in der Wirtschaft verleitet werden, Gesetze zu erlassen oder Maßnahmen einzuleiten, die ihrem späteren Arbeitgeber nutzen und nicht dem Gemeinwohl.
Unsere genauen Positionen zum Thema Nebentätigkeiten und Drehtür können Sie hier herunter laden (pdf): Mehr Transparenz und Schranken für den Lobbyismus
Auch heute noch interessant ist unsere Studie über „Fliegende Wechsel“ von Politikern in Lobbytätigkeiten aus dem Jahr 2007.
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