Aus der Lobbywelt

Aserbaidschan-Affäre: Lebenslanges Hausverbot für deutsche Abgeordnete beim Europarat

Die Parlamentarisches Versammlung des Europarats (PACE) hat ein lebenslanges Hausverbot gegen die Bundestagsabgeordnete Karin Strenz (CDU) und den ehemaligen CSU-Politiker Eduard Lintner ausgesprochen. Strenz und 13 andere ehemalige Mitglieder der Versammlung sollen über Umwege Geld vom autokratischen Regime in Aserbaidschan angenommen und diesen Interessenkonflikt nicht offengelegt haben. Nun muss die Union Konsequenzen ziehen. Karin Strenz ist als Bundestagsabgeordnete untragbar.
von 28. Juni 2018

Die Bundestagsabgeordnete Karin Strenz (CDU) sowie der ehemalige CSU-Politiker und Aserbaidschan-Lobbyist Eduard Lintner, erhalten ein lebenslanges Hausverbot für den Europarat und dessen Parlamentarische Versammlung (PACE). Dies entschied der PACE-Geschäftsordnungsausschuss gestern und zog damit Konsequenzen aus den Verstrickungen beider Politiker mit der Regierung Aserbaidschans. Der Ausschuss stellte in beiden Fällen „ernste Verletzungen“ der Verhaltensregeln fest.

Folgerichtiges Hausverbot

Fragwürdige Nähe: Karin Strenz und Aserbaidschans Präsident Alijew. Screenshot: Report Mainz/ ARD von Screenshot www.azertag.az

Bereits im April hatte eine unabhängige Untersuchungskommission Verletzungen der Verhaltensregeln konstatiert – wir berichteten. Wie schweriegend die Vorwürfe wiegen, zeigt sich nun an den gezogenen Konsequenzen. Eduard Lintner, der über Briefkastenfirmen über 800.000 Euro aus Aserbaidschan erhalten haben soll, war früher selbst Bundestagsabgeordneter und Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Nun verliert er seinen privilegierten Status als Ehrenmitglied und erhält zudem ein lebenslanges Hausverbot für den Europarat und die parlamentarische Versammlung. Gleiches gilt für die Bundestagsabgeordnete Strenz. Sie habe gegen mehrere Verhaltensregeln verstoßen, indem sie ihren „andauernden Interessenkonflikt“ als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung nicht offenlegte. Neben Strenz und Lintner wurde auch gegen rund ein Dutzend weitere Politiker aus verschiedenen europäischen Ländern ein Hausverbot ausgesprochen.

Konsequenzen auch in Deutschland?

Es ist richtig, dass der Europarat nun Konsequenzen aus den Vorwürfen gegenüber Strenz und Lintner zieht. Es darf nicht sein, dass sich eine für die Demokratie so wichtige Institution wie der Europarat durch Lobbyarbeit ehemaliger oder aktiver Mitglieder unterwandern lässt. Doch weitere Aufklärung und Aufarbeitung der Affäre ist nötig. Bisher ducken sich aber insbesondere CDU und CSU weg und verweigern eine offene und konsequente Aufarbeitung und politische Konsequenzen.

Wegducken muss ein Ende haben

Karin Strenz ist nach dieser Entscheidung als Bundestagsabgeordnete untragbar geworden. Sie hat bisher nicht überzeugend an der Aufklärung der Vorwürfe mitgewirkt. Nun gilt ein lebenslanges Hausverbot für den Europarat. Wir sehen nicht, wie sie im Bundestag noch glaubwürdig Bürgerinnen und Bürger vertreten kann. Auch Herr Lintner ist weiterhin in Bayern CSU-Funktionär – als stellvertretender Vorsitzender der CSU-Seniorenunion. CDU und CSU müssen nun Konsequenzen ziehen. LobbyControl-Anfragen zu Lintner an die CSU blieben bisher unbeantwortet.

Wenn CDU und CSU jetzt versuchen, den unvollständig aufgearbeiteten Fall zu den Akten zu legen, vermitteln sie das Bild, dass in Deutschland bei intransparenter Lobbyarbeit durch fragwürdige Regime, dubiosen Honorare an Abgeordnete und der Verletzung von Verhaltensregeln nicht so genau hingeschaut wird. Das wäre genau das falsche Signal. Der Bundestag muss die Aserbaidschan-Affäre debattieren und weiter verfolgen.

Wie lässt sich das künftig verhindern?

Wichtiger noch als Konsequenzen im Einzelfall ist aus unserer Sicht die Frage, wie sich solche Vorkommnisse künftig verhindern lassen. Notwendig ist ein verpflichtendes Lobbyregister. In vielen Fällen ist schlicht unbekannt, welche Lobbyagenturen im Dienste autoritärer Staaten stehen. Ebenso bleibt der Lobbyeinsatz von Politikern wie Lintner oft zu lange unentdeckt. Dabei wären solche Informationen wichtig, um einschätzen zu können, ob ehemalige Politiker schlicht ihre eigenen politischen Einschätzungen verkünden oder ob dahinter Geld steckt.

Neben einem wirksamen Lobbyregister braucht es strengere Regeln für Interessenkonflikten bei Bundestagsabgeordneten. Das fordert übrigens auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) von Deutschland. Bisher hat der Bundestag diese Forderungen jedoch zurückgewiesen. Die Aserbaidschan-Affäre sollte Anlass genug sein, hier umzudenken.

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