Wir haben heute unser neues Berliner Büro eingeweiht. Für uns ist das ein wichtiger Schritt für das Wachstum der Organisation und die Stärkung einer lobbykritischen Perspektive in Deutschland. Bereits seit November arbeitet Christina Deckwirth am Schiffbauerdamm 15 im Regierungsviertel. Ab April kommt Timo Lange von Köln dazu. Das Büro ist zwar nur 12 qm groß, aber dafür zentral gelegen. Von hier aus wollen wir mehr Licht in den Lobbydschungel bringen und mehr Druck machen, um dem Lobbyismus Schranken zu setzen.
Von Köln nach Berlin
Dass LobbyControl in Köln angefangen hat, lag auch daran, dass wir wirklich von Null angefangen haben und deshalb dort anfingen, wo Leute Zeit für den Organisationsaufbau hatten. Der Standort war zunächst nicht schlecht, weil wir von Anfang an viel auf europäischer Ebene gemacht haben. Von Köln pendelten wir dafür zu verschiedenen Terminen nach Brüssel und Berlin. So konnten wir die ersten Jahre durchaus einige Erfolge erreichen: etwa die Einführung eines – wenn auch freiwilligen – Lobbyregisters in Brüssel oder die Einschränkung der Mitarbeit von Lobbyisten in Ministerien. Aber auf Dauer war klar, dass wir eine stärkere Präsenz in Berlin brauchen, um für mehr Transparenz und Demokratie zu streiten. Denn das rechtliche Rahmenwerk für den Lobbyismus in Deutschland ist weiterhin unzureichend.
Mehr Lobbyregulierung durchsetzen
Wir haben in den letzten Jahren verschiedene Affären erlebt, etwa die Rent-a-Rüttgers-Affäre um Parteisponsoring oder jüngst eben den Fall Wulff. Die Politik reagiert aber kaum darauf. Union und FDP haben seit Amtsantritt mehrfach Chancen für eine bessere Lobbyregulierung abgebügelt: Sie hat die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption für striktere Regeln der Parteienfinanzierung ignoriert, Anträge für ein Lobbyregister im Bundestag mit fragwürdigen Argumenten abgelehnt und eine Neuregelung der Nebeneinkünfte-Regeln steht ebenfalls noch aus. Diese Politik des Nichtstuns vermittelt aus unserer Sicht das fatale Signal, dass die Skandale folgenlos bleiben. Sie ist eine Einladung, den Lobbyismus und die Geschäfte rund um Kontakte zu Politikern einfach weiterlaufen zu lassen. Das ist der Skandal hinter den Skandalen. Hier wollen wir mit dem Berliner Büro ansetzen, um diese Blockadepolitik endlich zu beenden und um zu einer besseren Lobbyregulierung zu kommen.
Eins unserer zentralen Anliegen ist die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters, um endlich mehr Transparenz in die Berliner Lobbyszene zu bringen: Wer vertritt mit welchen Mitteln, mit welchem Budget wessen Interessen? In dieser Hinsicht hat sich das Berliner Büro in den ersten Monaten bereits ausgezahlt: So konnten wir von hier aus die Gesetzesinitiative in Brandenburg zu einem Lobbyregister von Anfang an intensiv begleiten. Das wird auch in den nächsten Monaten ein Schwerpunkt der Arbeit hier sein.
Darüber hinaus werden die Themen Parteienfinanzierung und Verhaltensregeln für Abgeordnete hier für uns in Berlin eine Rolle spielen. Unser Ziel ist, dass die Wulff-Affäre nicht konsequenzlos verpufft, sondern diese Baustellen endlich angegangen werden.
Lobbyregulierung ist aber nicht das einzige Handlungsfeld für LobbyControl und für das Berliner Büro. Ein zweites wichtiges Feld ist die Recherche konkreter Fälle von Lobbyismus, um aktuelle Misstände oder problematische Lobby-Methoden zu bekämpfen. So wie wir vor gut zwei Jahren die verdeckte Lobby- und PR-Kampagne der Deutschen Bahn zur Bahnprivatisierung offen legen konnten. Das Berliner Büro soll auch hier helfen, mehr Informationen und Quellen für diese Recherchen zu erschließen.
Stadtführungen durch das Regierungsviertel
Und als drittes geht es uns darum, die Öffentlichkeit über Lobbyismus aufzuklären und deutlich zu machen, warum der unregulierte und einseitige Lobbyismus ein Problem für alle ist. Dazu dienen unter anderem die lobbykritischen Stadtführungen im Berliner Regierungsviertel, die wir seit 2009 sehr erfolgreich anbieten. Auch diese soll das neue Büro unterstützen.
Die diesjährige Saison beginnt am 1. März mit einer aktualisierten Tour. Wir erarbeiten gerade neue Stationen: zum Beispiel zu Lobbyismus im Bundestag mit einem Stopp vor den Abgeordnetenbüro und zur Autolobby mit einem Stopp vor der VW-Konzernrepräsentanz.
Die nächsten Touren-Termine: Sonntag, der 11.3.2012 und am Sonntag, der 15.4.2021 jeweils um 14 Uhr – hier geht es zur Anmeldung für die Führungen und weiteren Informationen.
Für 2013 planen wir dann eine Neuauflage unseres LobbyPlanet Berlin, des lobbykritischen Stadtführers durch das Regierungsviertel – mit vielen Informationen, Beispielen und Geschichten zu Lobbypraktiken in Berlin
Ein herzliches Dankeschön
Wir möchten uns an dieser Stelle auch bei der Bewegungsstiftung und BonVenture bedanken, die uns im letzten Jahr erneut eine Förderzusage für drei Jahre gegeben haben – auch um das Berliner Büro aufzubauen. Vor allem gilt der Dank aber auch unseren Mitgliedern, Spenderinnen und Spendern, die den Großteil unserer Arbeit finanzieren. 2011 waren das etwa 70% unserer Einnahmen. Ohne sie wäre das neue Büro nicht möglich.
Für uns ist die Finanzierung über eine eigene Basis ein wichtiger Baustein unserer Unabhängigkeit. Wir nehmen keine Unternehmensgelder an und haben bislang auch keinerlei öffentliche Mittel erhalten (mehr zu unserer Finanzierung hier).
Wenn Sie den weiteren Aufbau des Berliner Büros unterstützen wollen und dem Lobbyismus Schranken setzen wollen,
* unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende
* oder werden Sie Fördermitglied von LobbyControl.
Herzlichen Dank.
Bleiben Sie informiert über Lobbyismus.
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.
Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur Datenschutzerklärung.