Aus der Lobbywelt

Christiansen zensiert

Interessante Geschichte: Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass die Christiansen-Sendung am Sonntag um 75 Sekunden und ein brisantes Statement von EnBW-Chef Utz Claasen gestutzt war. Die Sendung sei wegen Terminproblemen der Gäste ausnahmsweise zuvor aufgezeichnet worden – und dann vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) aus Angst vor juristischen Risiken gekürzt worden.
von 6. Juni 2006

Interessante Geschichte: Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass die Christiansen-Sendung am Sonntag um 75 Sekunden und ein brisantes Statement von EnBW-Chef Utz Claasen gestutzt war. Die Sendung sei wegen Terminproblemen der Gäste ausnahmsweise zuvor aufgezeichnet worden – und dann vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) aus Angst vor juristischen Risiken gekürzt worden.

Worum ging es? Utz Classen hatte in der Sendung die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn wegen der Vergabe von WM-Tickets an Amtsträger heftig kritisiert. Dabei hat er offensichtlich auch den baden-württembergische Justizminister und Dienstherrn der Staatsanwälte, Ulrich Goll (FDP), angegriffen. Dieser erschien in der WM-Ticket-Debatte als Saubermann – er hatte Ticketgutscheine von EnBW abgelehnt. Bei Christiansen wollte Classen nun erzählen, dass EnBW im Dezember vergangenen Jahres gebeten worden sei, Bundesliga-Tickets für den Fußball-Fan Goll zu besorgen. Letztlich habe Goll dann Tickets vom VfB Stuttgart bekommen.

Doch diese Passage wurde laut SZ rausgeschnitten:

Claassen, betonte NDR-Sprecher Martin Gartzke, habe „Behauptungen über ein Mitglied der baden-württembergischen Landesregierung“ aufgestellt, „deren Wahrheitsgehalt Sabine Christiansen während der Aufzeichnung nicht überprüfen konnte und der sich auch bis zur Ausstrahlung der Sendung nicht abschließend hat klären lassen“.

Zwei Anmerkungen dazu:

  • Die Begründung für die Kürzung erscheint grotesk. Wenn der NDR jedesmal die Aussagen bei Christiansen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen und alle nicht geklärten Aussagen kürzen würde – was bliebe dann von der Sendung übrig? Aber gegenüber einem Minister scheint man vorsichtig zu sein. Wenn es um Behauptungen über den angeblichen Missbrauch bei Hartz IV geht, sieht es ganz anders aus.
  • Was EnBW und die WM-Tickets betrifft: auch wenn sich alle Politiker zu Fußball-Spielen einladen ließen, würde die Sache nicht besser. Selbst wenn es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, ob es sich um Vorteilsgewährung bzw. -annahme handelt, bleibt das Problem: die Einladungen zu Bundesliga- oder WM-Spielen werden für das Networking und die politische Landschaftspflege eingesetzt.

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