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Aus der Lobbywelt

Der AfD-Russland-China-Komplex

Wie die AfD als Lobby von Russland und China in Europa auftritt.

von 31. Mai 2024

In den letzten Wochen ist einiges zur auffälligen Nähe der AfD zu Russland und China, zu möglicher Bestechung und Verdacht auf Spionage bekannt geworden. Da man dabei leicht den Überblick verlieren kann, haben wir es hier zusammengetragen. Ein erschreckendes Bild ergibt sich: das einer Partei, die strukturell offen für illegitime Einflussnahme durch Regierungen anderer Staaten ist. Ein Überblick.

Zusammenfassung

  • Die AfD fällt schon länger mit politischen Initiativen auf, die den Interessen anderer Regierungen dienen. Hier geht es insbesondere um Russland und China. Recherchen und Ermittlungen der letzten Monate liefern starke Hinweise darauf, dass es dabei nicht nur um ideologische Gemeinsamkeiten mit autoritären Regierungen geht. Auch Geldflüsse an AfD-Abgeordnete könnten eine Rolle gespielt haben.
  • Im Fokus stehen dabei die beiden Spitzenkandidaten der Partei für die Europawahl: Der EU-Abgeordnete Maximilian Krah und der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. Während ein Mitarbeiter Krahs im EU-Parlament aufgrund des Verdachts der Spionage für China verhaftet wurde, ermittelt die deutsche Staatsanwaltschaft gegen Bystron wegen des Verdachts der Bestechlichkeit.
  • Die Verstrickungen von AfD-Politikern und vor allem auch von ihnen beschäftigten Mitarbeitenden zu russischen und chinesischen Stellen reichen aber weit über Krah und Bystron hinaus. Unser Artikel liefert eine Übersicht, die den Schluss nahelegt: Die AfD öffnet Tür und Tor für die Einflussoperationen anderer Regierungen in Deutschland und trägt damit zur Destabilisierung unserer Demokratie bei.

AfD als Sprachrohr autoritärer Regierungen

Ob Verharmlosung der Menschenrechtssituation in China, häufige Reisen nach Russland und auf die ukrainische Krim, enge Kontakte zu pro-russischen Oligarchen: Die auffällige Nähe führender AfD-Politiker zu autoritären Regierungen wie in Russland und China ist schon länger bekannt. Aktuelle Recherchen und der Verdacht, dass dabei auch Geldzahlungen eine Rolle gespielt haben könnten, verdeutlichen, wie stark sich die AfD vor den Karren anderer Regierungen spannen lässt und sich zum Sprachrohr deren geostrategischer Interessen macht.

Schlagzeilen machten in den vergangenen Wochen vor allem die beiden AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, der EU-Abgeordnete Maximilian Krah und der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. Beide stehen im Verdacht, Geld aus Russland erhalten zu haben, Krah auch aus China. Gegen Bystron läuft mittlerweile ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche. Gegen Krah prüft die Generalstaatsanwaltschaft Dresden noch den Verdacht. Beide bestreiten die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung, was strafrechtlich relevante Verdachtsmomente angeht.

Krah und Bystron sind nur die Spitze des Eisbergs

Vincent Eisfeld / nordhausen-wiki.de / CC-BY-SA-4.0. - CC-BY-SA 4.0
Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat, steht im Verdacht Geld aus Russland und China erhalten zu haben
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Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat, steht im Verdacht Geld aus Russland und China erhalten zu haben

Doch die Verbindungen von führenden AfD-Politikern gehen über Krah und Bystron hinaus. Die Partei und ihre Vertreter:innen sind in den vergangenen Jahren immer wieder mit Aussagen, Anträgen und anderen politischen Initiativen aufgefallen, die eins zu eins im Interesse Moskaus oder Pekings sind. Teilweise scheint die AfD-Bundestagsfraktion sogar durch parlamentarische Anfragen Informationen zu beschaffen, die für die dortigen Geheimdienste und speziell Russlands Krieg gegen die Ukraine strategisch relevant sein könnten.

Hinzu kommen nun deutliche Hinweise, dass die AfD Tür und Tor im Bundestag und im Europäischen Parlament für Personen öffnete, die im Verdacht stehen für russische bzw. chinesische Geheimdienste tätig zu sein.

Sorge sogar in den eigenen Reihen

Diese unverhohlene Offenheit gegenüber der Einflussnahme durch ausländische Regierungen und ihre Geheimdienste sorgt sogar in den eigenen Reihen zum Teil für Skepsis. Gegenüber dem Magazin Kontraste äußerte sich ein Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion aus Sorge um den Ruf der Partei folgendermaßen:

"Es sind immer wieder dieselben Staaten: Russland, China, Serbien - Iran vielleicht ab und zu noch mal. Was haben Sie denn als deutscher Abgeordneter eigentlich in einer Botschaft ständig verloren? Was machen Sie denn da für Ihr Abgeordnetenmandat? Die Vermutung ist schlicht, dass dort abgegeben wird, geliefert wird, das heißt Dokumente, und dass da so eine Art Befehlsausgabe umgekehrt dann auch stattfindet."

Dass sich das so wie hier zitiert tatsächlich verhält, lässt sich nicht belegen. Aber es lässt tief blicken, wenn sogar ein Mitarbeiter der Fraktion eine solche massive Verdächtigung gegenüber den eigenen Abgeordneten ausspricht. Wie tief AfD-Abgeordnete und ihre Büros tatsächlich mit kremlnahen Kreisen und ausländischen Geheimdiensten verstrickt sind, dafür gibt es deutliche Hinweise.

Einflussnahme im Sinne des Kremls mit Hilfe der AfD

Eine zentrale Figur, wenn es um das Türen öffnen für mutmaßliche Spione in das europäische und das deutsche Parlament geht, ist wiederum Maximiliam Krah. Einer seiner langjährigen parlamentarischen Assistenten wurde kürzlich festgenommen. Der Verdacht: geheimdienstliche Agententätigkeit für eine fremde Macht, hier China. Dazu unten mehr.

In Bezug auf Russland spielte jedoch ein anderer Mitarbeiter Krahs eine Schlüsselrolle: Guillaume P. Ein Rechtsextremist, der, bevor er von Krah eingestellt wurde, bereits im EU-Parlament für einen Abgeordneten des französischen Rassemblement National tätig war. Dort wurde er aber wegen eines Antisemitismus-Skandals und seiner extrem pro-russischen Positionen hinausgeworfen.

P. war der erste Mitarbeiter, den Krah nach seinem Einzug ins EU-Parlament 2019 einstellte – und das, obwohl es deutliche Warnungen in Bezug auf seine Person gab, wie das Portal T-Online in einer lesenswerten Recherche ausführlich darstellt. Sogar der damalige Parteichef Jörg Meuthen soll versucht haben, Krah von der Beschäftigung P.s abzuhalten. Offensichtlich erfolglos – und mit nun schwerwiegenden Konsequenzen, wie sich herausstellt. Krah bestreitet diese Darstellung.

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Wiktor Medwedtschuk, pro-russischer ukrainischer Oligarch und enger Vertrauter von Wladimir Putin
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Wiktor Medwedtschuk, pro-russischer ukrainischer Oligarch und enger Vertrauter von Wladimir Putin

P. war es demnach, der eine entscheidende Rolle dabei spielte, dass ein Mann namens Janusz N. Zugang sowohl zum EU-Parlament als auch zum Deutschen Bundestag erhielt. N. sitzt derweil in Polen in Untersuchungshaft, denn er ist wegen des Verdachts der Tätigkeit für einen russischen Geheimdienst angeklagt. Als Lobbyist war N. auch für den pro-russischen ukrainischen Oligarchen Wiktor Medwedtschuk tätig. Dieser ist ein enger Vertrauter Putins. Er war mutmaßlich Kandidat für eine pro-russische Marionettenregierung in Kiew, wenn die Invasion 2022 aus russischer Sicht erfolgreich verlaufen wäre.

Es ist ebenjener Medwedtschuk, der nach Erkenntnissen verschiedener europäischer Sicherheitsbehörden hinter dem Portal Voice of Europe steht. Über dieses Portal wurde nicht nur pro-russische Propaganda verbreitet, sondern wohl auch Geld an europäische Abgeordnete und Kandidierende für die Europawahlen verteilt. Diesem Verdacht geht die Staatsanwaltschaft aktuell in Bezug auf Petr Bystron nach.

Enge Kontakte zu pro-russischem Oligarchen

Gegenüber T-Online stellt Krah es so dar, dass es sein Mitarbeiter P. war, der dem mutmaßlichen russischen Spion und Medwedtschuk-Lobbyisten Janusz N. eine dauerhafte Zugangskarte für das EU-Parlament besorgte. "Im Nachhinein betrachtet, hätte ich dagegen einschreiten müssen", sagt Krah T-Online. Wie schon bei seinem wegen Spionageverdacht für China verhafteten anderen Mitarbeiter will Krah also auch hier von nichts gewusst haben. An dieser Darstellung sind Zweifel durchaus angebracht. Krah hatte nachweislich sehr enge Kontakte mit einem weiteren Medwedtschuk-Lobbyisten und Kooperationspartners N.: Oleg Voloshyn.

Krah lernt Voloshyn spätestens im Juli 2019 bei einer Veranstaltung im EU-Parlament kennen. Einen Monat später reist Krah nach St. Petersburg und besucht dort mit Voloshyn den dortigen Dresdner Opernball. Als dieser im Sommer 2021 in die USA einreist, beschlagnahmt und durchsucht das FBI sein Mobiltelefon. Ein halbes Jahr später, im Januar 2022, werden die USA Voloshyn wegen Aktivitäten zur Destabilisierung der Ukraine im Auftrag Russlands auf eine Sanktionsliste setzen. Bei der Durchsuchung des Mobiltelefons finden die Ermittler auch einen Chatverlauf mit einem deutschen Politiker: Maximilian Krah.

FBI findet fragwürdigen Chatverlauf

Darin geht es, wie Recherchen von Frontal 21 und Spiegel zeigen, um „Kompensationen“ für „technische Ausgaben“ Krahs, die „ab Mai“ wieder so laufen sollen wie „vor Februar“. Kein Wunder also, dass das FBI dann auch Krah selbst bei seiner Einreise in die USA im Sommer 2023 zu seinen Russlandkontakten befragte. Krah bestreitet weiterhin, jemals von Voloshyn Geld erhalten zu haben. Die Aussagen Krahs und Voloshyns, was hinter diesen „Kompensationen“ steckte, widersprechen sich jedoch.

Voller Widersprüche sind auch die Angaben über die große Menge Bargeld, die Krah bei der Kontrolle mit sich führte. Die Grenzbeamten sprechen von 8.000 Euro, Krah von „zwischen 3.000 bis 4.000 Euro.“ Vor allem aber bestreitet Parteifreund Matthias Helferich, von dem das Geld angeblich stammen sollte, Krah jemals Geld geliehen zu haben.

Klar ist allerdings, dass Krahs Mitarbeiter P. gemeinsam mit Voloshyn im Januar 2020 ein Treffen Medwedtschuks im Bundestag mit Abgeordneten organisierte. Offiziell eingeladen zu dem Treffen hatte Petr Bystron. Am selben Tisch sitzt dann neben P. auch Janusz N. zusammen mit den Abgeordneten.

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Ermittlungen gegen Bystron

Bystrons Abgeordneten-Immunität wurde vom Bundestag Ende April 2024 aufgehoben. Bystron steht im Verdacht, mindestens 34.000 Euro in bar und in Form von Kryptowährungen über das Portal Voice of Europe erhalten zu haben, also über das Projekt, hinter dem laut polnischen und tschechischen Ermittlungsbehörden Medwedtschuk steckt. Krahs inzwischen von ihm entlassener Mitarbeiter P. soll nach Informationen von T-Online intensiv für Voice of Europe geworben und die Auftritte Krahs, Bystrons und weiterer rechtsextremer Politiker dort organisiert haben. P. nach wie vor im EU-Parlament tätig, allerdings für den niederländischen Rechtspopulisten Marcel de Graaff. Am Mittwoch dieser Woche durchsuchten französische und belgische Ermittler:innen schließlich die Büros dort.

Wikimedia/Steffen Prößdorf - CC-BY-SA 4.0
Petr Bystron, AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, soll Geld in Form von Kryptowährungen erhalten haben.
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Petr Bystron, AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, soll Geld in Form von Kryptowährungen erhalten haben.

Ins Visier der deutschen Ermittlungsbehörden geriet Bystron auch deswegen, weil er im März 2023 30.000 Euro in bar auf das Konto seiner seit Jahren inaktiven Firma für Schuhreparaturen, Lendvay GmbH, einzahlte – und noch am selben Tag wieder abhob. Dies löste eine Geldwäscheverdachtsmeldung bei der das Konto betreibenden Bank aus, wie der Tagesspiegel herausfand. Bei einem zuvor von tschechischen Behörden abgehörten Gespräch mit einem pro-russischen Geschäftsmann soll sich Bystron über die Stückelung von Geldscheinen beschwert haben. Ein Zusammenhang liegt hier somit nicht völlig fern. Zudem soll Bystron laut mehreren Teilnehmern einer Sitzung mit dem AfD-Bundesvorstand diesem gegenüber zugegeben haben, „kleine Pakete“ von dem Geschäftsmann entgegen genommen zu haben. Darin sei aber kein Geld gewesen. Was aber stattdessen darin war, wollte er demnach nicht sagen. Danach befragt, bestritt Bystron jedoch die Berichterstattung gänzlich. Zugleich liegen dem tschechischen Geheimdienst wohl sogar Videoaufnahmen von der Übergabe der Päckchen vor, wie der Spiegel berichtet.

Auffällig pro-russische Aktivitäten im Bundestag

Möglichen Geldzahlungen aus Richtung Kreml via Medwedtschuk stehen auffällig pro-russische Aktivitäten verschiedener AfD-Abgeordneter im Bundestag gegenüber. Bystron wollte beispielsweise im Februar 2024 von der Bundesregierung wissen, „wie viele ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren“ sich in Deutschland aufhalten (bundestag.de). Die Bundesregierung ist verpflichtet, Fragen von Bundestagsabgeordneten zu beantworten.

Am 3. Mai 2024, hier war der Verdacht gegen Bystron schon öffentlich bekannt, fragten AfD-Abgeordnete die Bundesregierung danach, wie viele Dienstreisen von Angehörigen der Bundeswehr in die Ukraine stattfanden. Gefragt wurde nach einer genauen Aufschlüsselung nach Datum, Organisationseinheit, örtlichem Ziel sowie Zweck der Dienstreise. (bundestag.de)

Solche Informationen dürften für russische Geheimdienste durchaus interessant sein. Die Bundesregierung hat die Antwort daher auch als Verschlusssache eingestuft. Damit sie nicht öffentlich einsehbar ist, sehr wohl aber für die AfD-Abgeordneten. Bystron selbst fragte die Bundesregierung Anfang April 2024 nach ihrer Haltung zu den auf Grund des Krieges nicht abgehaltenen Präsidentschaftswahlen in der Ukraine (bundestag.de) - ein Punkt, den auch der Kreml aktuell nutzt, um die ukrainische Regierung und Präsident Selenskyj zu diskreditieren. Die Liste der Anfragen, Anträge und Redebeiträgen im Sinne und Interesse der russischen Regierung ließe sich noch lange fortsetzen.

AfD-Mitarbeiter im Kontakt zu russischem Geheimdienst

Wie groß die Nähe zwischen AfD-Bundestagsfraktion und russischen Geheimdienstkreisen ist, zeigt auch der Fall eines Mitarbeiters des AfD-Bundestagsabgeordneten, Eugen Schmidt. Im November 2023 trat er auf einer Veranstaltung des rechtsextremen Magazins Compact auf. Er reist regelmäßig nach Moskau und tritt dort auch in Talkshows auf. Laut einem Spiegel-Bericht steht er im Verdacht, dort in Kontakt mit einem Offizier des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB gestanden zu haben.

In einer Nachricht über einen verschlüsselten Messengerdienst vom 1. März 2023 an den Offizier berichtete er den Recherchen zufolge angeblich, er bereite gemeinsam mit AfD-Bundestagsabgeordneten eine Klage gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine vor. Dafür könne man „finanzielle Unterstützung“ gebrauchen. Tatsächlich reichte die AfD-Bundestagsfraktion wenige Monate später eine entsprechende Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Die AfD-Fraktion, der Mitarbeiter und sein Chef, Eugen Schmidt, bestreiten jeden Zusammenhang und die Kontakte nach Moskau. Vor kurzem entließ Schmidt den fraglichen Mitarbeiter.

Ebenso bestritt der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier die Echtheit brisanter Dokumente aus Moskau. Er sei auch nicht von dort beeinflusst worden – obwohl der Autor der entsprechenden E-Mail, ein früherer russischer Geheimdienstoffizier, die Echtheit sogar gegenüber einem Frontal21-Redakteur bestätigte. Ein besonders brisanter Satz aus der Mail an die russische Präsidialadministration ist: „Im Bundestag wird es einen Abgeordneten geben, der zu uns gehört und den wir absolut unter Kontrolle haben." Gemeint ist Frohnmaier.

Russisches Strategiepapier zur Einbindung von Abgeordneten

Weiterhin ist in dem in der Mail enthaltenen „Strategiepapier“ von 2017 die Rede davon, Frohnmaier und weitere Abgeordnete in Europa gezielt zu unterstützen, um „die Interessen der Russischen Föderation in der Außenpolitik der EU-Länder zu fördern“. Ziel sei unter anderem "die Anerkennung der Krim als Teil der Russischen Föderation“. Im April 2018 sagte Frohnmaier im russischen Fernsehen bei einem Besuch auf der Krim: "Es ist nun mal so, dass die Krim jetzt die russische Krim ist.“ Frohnmaier bestreitet vehement jeden Zusammenhang.

Doch die fragwürdigen Verbindungen reichen noch viel weiter. 2016 gründete Frohnmaier gemeinsam mit dem deutschen rechtsextremen Journalisten Manuel Ochsenreiter und dem pro-russischen Rechtsextremisten Mateusz Piskorski aus Polen einen Verein namens „Deutsches Zentrum für Eurasische Studien“. Piskorski hatte bereits seit vielen Jahren Fake-Wahlbeobachtermissionen über einen Verein namens „Europäisches Zentrum für geopolitische Analysen“ organisiert. Auch der neue Verein, dessen Vorsitzender Ochsenreiter war, organisierte derartige Reisen nach Russland und in die besetzten Gebiete in der Ukraine.

Rechtsextremer Mitarbeiter mit engen Moskau-Kontakten

Frohnmaier stellte Ochsenreiter im Herbst 2018 als seinen Mitarbeiter im Bundestag ein. Ein weiterer Mitarbeiter also, der sehr enge Kontakte nach Moskau pflegte, vorsichtig ausgedrückt. Frohnmaier kündigte ihm allerdings bereits im Januar 2019, als der Druck aufgrund strafrechtlicher Ermittlungen gegen Ochsenreiter zu groß wurde. Dieser stand im dringenden Verdacht, in einen Brandanschlag auf ein ungarisches Kulturzentrum in der Ukraine verstrickt gewesen zu sein. Auf die Fassade des Gebäudes wurde ein Hakenkreuz geschmiert, wohl damit es nach einem Anschlag ukrainischer Neonazis gegen die ungarische Minderheit in der Ukraine aussehe, so der Verdacht.

Einer der später verhafteten Beschuldigten sagte aus, Ochsenreiter hätte sie für den Brandanschlag bezahlt und Bildnachweise von dem Anschlag erhalten. Ochsenreiter floh vor den Ermittlungen der polnischen und deutschen Behörden - und starb überraschend 2021 in Moskau. Piskorski saß jahrelang in Polen wegen Spionageverdachts in Untersuchungshaft, der Prozess gegen ihn läuft noch.

Die Verantwortung für das Organisieren von Pseudo-Wahlbeobachtermissionen übernahm in der Folge ein Mann, der für Piskorski bereits solche Reisen koordiniert hatte: Janusz N. Ebenjener mutmaßliche Spion, dem Maximilian Krahs Mitarbeiter Guilliaume P. zutritt zum EU-Parlament verschaffte und der eng mit Krahs Freund Voloshyn und somit mit dem mutmaßlich hinter Voice of Europe stehenden Oligarchen Medwedtschuk verbunden ist. Die Ermittlungen wegen Zahlungen von Medwedtschuk über Voice of Europe an Bystron dauern derweil an. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte Mitte Mai mehrere Wohnungen und Büroräume Bystrons.

Maximilian Krah und China

Viele AfD-Politiker und insbesondere ihre Mitarbeiter weisen aber nicht nur zur russischen Regierung eine fragwürdige und möglicherweise korrupte Nähe auf. Mitarbeitende stehen im Verdacht, für China tätig zu sein, AfD-Politiker fallen wie im Fall von Russland durch auffällig chinafreundliche Positionen und politische Initiativen auf.

Am 23. April 2024 wurde ein Mitarbeiter von Maximilian Krah im EU-Parlament, Jian G., auf Anweisung des deutschen Generalbundesanwalts festgenommen. Der Verdacht: geheimdienstliche Agententätigkeit für den chinesischen Geheimdienst. Am 7. Mai 2024 wurden die Büroräume von Krah und G. im Europäischen Parlament in diesem Zusammenhang durchsucht.

Allerdings war der Spionageverdacht gegen Jian G. bereits seit mindestens April 2023 nach einer Medienrecherche öffentlich bekannt. Im Oktober 2023 veröffentlichte T-Online weitere Details, die den Verdacht erhärteten. Es ist unklar, warum das Europäische Parlament nicht bereits damals eine Untersuchung gegen Jian G. startete. Klar ist jedoch, dass Krah nach diesen doch fundierten und schwerwiegenden Anschuldigungen nichts getan tat, um den Verdacht auszuräumen oder möglichen Schaden zu verhindern.

Krah profitierte von den engen China-Verbindungen seines Mitarbeiters

Er ist somit mitverantwortlich dafür, wenn vertrauliche Informationen an den chinesischen Geheimdienst abflossen. Es ist unglaubwürdig, wenn Krah behauptet, ihm seien die engen Verbindungen seines Mitarbeiters nach China nicht bekannt gewesen. Er selbst hat von ihnen profitiert und sie aktiv genutzt. Sowohl bei der Gründung des deutsch-chinesischen Netzwerkvereins „Neue Seidenstraße e.V.“ als auch bei seiner China-Reise nutzte Krah die guten Kontakte von G. zum chinesischen Partei- und Sicherheitsapparat.

Bei Krah selbst sind inzwischen ebenfalls fragwürdige Geldzahlungen aufgefallen: In überwachter Kommunikation gab Jian G. an, Zahlungen von mehr als 50.000 Euro an Krah veranlasst zu haben. Tatsächlich sollen sowohl Krahs Abgeordnetenbüro als auch seine Anwaltskanzlei Gelder von mehreren Firmen erhalten haben, die G. gehören. Insgesamt handele es sich um eine hohe fünfstellige Summe, die teilweise mit Scheinrechnungen kaschiert worden sein könnte, die von Krahs Kanzlei und Büro gestellt wurden. Mindestens zweimal soll G. Rechnungstexte vorformuliert und diese an Krah und die Mitarbeiterin seines Anwaltsbüros gesendet haben. Letztere stellte diese Rechnungen dann an G.s Firmen. Der Generalbundesanwalt Dresden führt derzeit Vorermittlungen gegen Krah, auch wegen des Verdachtes, dass dieses Geld vom chinesischen Geheimdienst kommt (Quelle).

Stefan Keuter und China

Abgefangene Chatnachrichten, die vom Spiegel, der britischen Financial Times und der französischen Tageszeitung Le Monde ausgewertet wurden, zeichnen ein besorgniserregendes Bild chinesischer Einflussoperationen in Europa. Und auch hier steht mit Stefan Keuter ein AfD-Bundestagsabgeordneter im Fokus.

Die Chats fanden zwischen einem Agenten des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit und einem belgischen Rechtsaußenpolitiker statt. „Voriges Jahr haben wir Druck auf die deutsche Regierung ausgeübt“, schrieb der Agent demnach an den belgischen Politiker. Er verschickte als Beleg einen Link zu einer AfD-Anfrage von Stefan Keuter an die Bundesregierung. Davon sei die deutsche Regierung deutlich genervt gewesen und ob man ähnliches nicht auch in Belgien machen könnte, so der Agent.

Keuter bestreitet jeden Zusammenhang. Hinweise gibt es allerdings darauf, dass auch hier wieder Manuel Ochsenreiter eine Rolle spielte. Er soll demnach „für die erfolgreiche Abwicklung dieses Projekts aus China mehrere tausend Euro erhalten haben.“ Keuter und Ochsenreiter kannten sich. Keuter war an Pseudo-Wahlbeobachtungsmissionen beteiligt, er gilt als russlandfreundlich. Die These, dass Chinas Ministerium für Staatssicherheit ebenjene Politiker in Europa und Deutschland ins Visier nimmt, die sich bereits offen gegenüber russischer Einflussnahme gezeigt haben, ist naheliegend.

Diskreditierung von Abweichlern

Auf der anderen Seite gibt es Hinweise, dass AfD-Abgeordnete, die von der chinafreundlichen Linie abweichen, ebenfalls ins Visier genommen werden – und zwar mit Diskreditierungsversuchen. So sollte der AfD-Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft offenbar gezielt mit einem gefälschten „Beweis“ - einer vermeintlichen Geldzahlung aus Taiwan - in Verruf gebracht werden. Im Sommer 2023 wurde das ARD-Magazin Kontraste von einem Mann kontaktiert, der anbot, belastendes Material zu Kraft vermitteln zu können.

Angeblich habe ein taiwanesischer Nachrichtendienst 20.000 Euro auf das Konto der Ehefrau Krafts überwiesen. Als stichhaltig erwies sich der angebliche „Beweis“ allerdings nicht. Kraft selbst vermutet, die fragliche Person, die das Material deutschen Medien anbot, stehe in den Diensten der chinesischen Regierung.

Der Arbeitskreis Außenpolitik

Petr Bystron, Stefan Keuter, Eugen Schmidt, Markus Frohnmaier – sie alle sind Mitglied im Arbeitskreis Außenpolitik der AfD-Bundestagsfraktion. Stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises ist AfD-Chef Tino Chrupalla. Er war es auch, der im Mai 2023 zum Jahrestag des Sieges über Deutschland im Zweiten Weltkrieg am Empfang in der russischen Botschaft in Berlin teilnahm.

Die Aktivitäten des Arbeitskreises Außenpolitik (auch AK Außen genannt) sorgen sogar bei einigen AfD-Abgeordneten und Mitarbeitenden immer wieder für Kritik. „Ich sehe mit Schrecken, wie der AK Außen agiert, ich glaube, dass von außen Mächte Einfluss nehmen [...] Das ist tragisch und schändlich“, sagte einer gegenüber dem ZDF. Ein Mitarbeiter lässt sich zitieren mit der Aussage: „Es ist quasi ein offenes Geheimnis in der Fraktionsführung, dass Informationen aus dem AK Außen an ausländische Dienste durchgestochen werden.“ Trotz dieser parteiinternen Kritik ist die AfD offenbar nicht gewillt, diesen ihnen als „Alternative für Deutschland" offensichtlich Schaden zufügenden Aktivitäten ein Ende zu bereiten. Stattdessen werden Krah und Bystron die Spitzenkandidaten für die Europawahl.

Fazit: Verhalten der AfD macht schärfere Regeln nötig

  • Die Hinweise, wie sehr die AfD empfänglich ist für Einflussoperationen autoritärer Regierungen, sind zahlreich und erdrückend. Sie weisen weit über die prominenten Fälle von Krah und Bystron hinaus. Sichtbar wird, wie insbesondere Mitarbeitende der Abgeordneten im Europäischen Parlament und im Bundestag immer wieder eine äußerst problematische Rolle spielten.
  • Verantwortlich für die Mitarbeitenden sind die Abgeordneten selbst. Allein die beiden verdächtigen Assistenten von Krah machen es unglaubwürdig, dass Krah selbst rein gar nichts von ihrem hochproblematischen Verhalten wusste oder ahnen konnte. Die Hinweise auf Geldflüsse an Krahs Kanzlei deuten auf seine eigene Verstrickung hin. Für Bystron und weitere AfD-Bundestagsabgeordnete gilt das ebenso. Die AfD-Parteiführung scheint hingegen nicht Willens oder nicht in der Lage zu sein, die Aktivitäten zugunsten Chinas und Russlands zu unterbinden. Die Partei ist damit insgesamt verantwortlich.
  • Die Fälle zeigen, zudem auch nach dem noch nicht lang zurück liegenden Katargate-Skandal im EU-Parlament, dass die EU und Deutschland ihre Antikorruptionsanstrengungen noch deutlich ausweiten müssen. Eine Rolle kann dabei die geplante EU-Antikorruptionsrichtlinie spielen, mit der grenzüberschreitende Ermittlungen deutlich leichter werden sollten. Die vorliegenden Fälle unterstreichen den über einzelne EU-Mitgliedstaaten hinausgehenden Charakter der Einflussnahme. Der Bundestag sollte strengere Regeln für Parlamentsmitarbeitende und bessere Sicherheitsüberprüfungen vorantreiben.
  • Auch Verschärfungen im Strafrecht in Fällen, in denen es um verdeckte Einflussnahme durch Lobbyist:innen im Auftrag anderer Staaten oder auch Mitarbeitende in den Parlamenten geht, sollten geprüft werden. Für Abgeordnete im Bundestag gilt erst seit kurzem der neue Straftatbestand der unzulässigen Interessenwahrnehmung, Paragraf 108f im Strafgesetzbuch. Das ist gut, hilft aber nicht für in der Vergangenheit liegende Fälle.
  • Grundsätzlich fallen verschleierte Geldflüsse und fragwürdige Einflussnahmen eher auf, wenn es ein engmaschiges Netz aus Lobby-Kontrollinstrumenten gibt. Es hilft, wenn Abgeordnete ihre Treffen und Informationen zu ihrer Vermögensentwicklung offenlegen müssen, wenn Parteispenden gut reglementiert und transparent sind, und wenn es verpflichtende Lobbyregister gibt. Damit das funktioniert, müssen diese Regeln allerdings auch kontrolliert und durchgesetzt werden – ein Aspekt, an dem es in der EU, in Deutschland und in vielen Mitgliedsstaaten hapert.
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