Aus der Lobbywelt

Der Wechsel von Ex-Politikern in Wirtschaft oder Lobbyismus – Reformbemühungen in USA und EU

Im Zusammenhang mit Schröders umstrittenen Engagement beim russischen Staatskonzern Gasprom – aber auch Wiesheus Wechsel zur Deutschen Bahn – ist die Debatte um einen Ehrenkodex für ehemalige Politiker entbrannt. Auch in anderen Ländern laufen dazu Reformbemühungen, unter anderem in den USA und der EU. Aus LobbyControl-Sicht sind klare Regeln für Lobbyisten und ehemalige Politiker in […]
von 13. Dezember 2005

Im Zusammenhang mit Schröders umstrittenen Engagement beim russischen Staatskonzern Gasprom – aber auch Wiesheus Wechsel zur Deutschen Bahn – ist die Debatte um einen Ehrenkodex für ehemalige Politiker entbrannt. Auch in anderen Ländern laufen dazu Reformbemühungen, unter anderem in den USA und der EU. Aus LobbyControl-Sicht sind klare Regeln für Lobbyisten und ehemalige Politiker in Deutschland überfällig. Für ehemalige Politiker und hochrangige Regierungsmitarbeiter solle eine Karenzzeit gelten, während der sie keine Lobby-Jobs annehmen dürfen und nicht bei Unternehmen arbeiten dürfen, die von ihren Entscheidungen maßgeblich profitiert haben. Wichtig ist dabei, dass die Regeln verpflichtend und umsetzbar gestaltet werden – die internationalen Entwicklungen bieten dafür Anregungen.

USA
In den USA ist die Frage von ethischen Standards und Regeln für den Lobbyismus durch eine Reihe von Skandalen hoch auf die politische Tagesordnung gerückt. Dabei geht es auch um den Wechsel von Politikern zu Unternehmen oder Lobby-Organisationen und umgekehrt (in den USA als „Revolving Door“, Drehtür-Phänomen bezeichnet).

Im Oktober hat eine Arbeitsgruppe aus Nichtregierungsorganisationen und Verbänden einen speziellen „Revolving Door“- Bericht veröffentlicht: „A Matter of Trust. How the Revolving Door Undermines Public Confidence in Government – and What to Do About It„. Der Bericht schlägt unter anderem vor:

  • dass Politiker und hochrangige Regierungsmitarbeiter nach ihrem Ausscheiden für eine gewisse Zeit keine Jobs bei Unternehmen annehmen dürfen, die von ihren Entscheidungen maßgeblich profitiert haben können;
  • dass Regierungsvertreter einen bindenden „revolving door exit plan“ vorlegen, der offen legt, in welchen Programmen und Projekten sie wegen Interessenskonflikten nicht arbeiten können;
  • dass die bestehende einjährige Karenzzeit für Kongressabgeordnete, ihre hochrangigen Mitarbeiter und leitende Regierungsmitarbeiter auf zwei Jahre verlängert
  • und der Bereich der untersagten Tätigkeiten ausgedehnt werden soll. Bislang sind in der Karenzzeit nur direkte Lobby-Kontakte verboten, aber nicht Aufgaben wie die strategische Planung von Lobby-Kampagnen.

Momentan zeichnet sich ab, dass es möglicherweise im nächsten Jahr noch vor den Kongresswahlen zu neuen Regeln für Lobbyisten und das Drehtür-Phänomen kommen wird. Nachdem die Demokraten Russell Feingold (Senator, Wisconsin) und Martin Meehan (Repräsentantenhaus, Massachusetts) schon im Sommer erste Vorschläge vorgelegt haben, nimmt sich nun auch der republikanische Senator John McCain (Arizona) des Themas an. Insbesondere beim Wechsel von ehemaligen Politikern in den Lobbyismus gibt es Fortschritte. Nach Informationen von LobbyControl hat McCain zugestimmt, dass die Karenzzeit für ehemalige Entscheidungsträger auf zwei Jahre ausgedehnt werden soll und alle Lobby-Aktivitäten umfassen soll. Diese Vorschläge sollen in einen überparteilichen Gesetzesvorschlag einfließen, der aktuell vorbereitet wird

EU
Auch in der EU gibt es Diskussionen über die Transparenzverpflichtungen und ethische Standards für Lobbyisten. Die breite zivilgesellschaftliche Alliance for Lobbying Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU) fordert neben klaren Transparenzregeln auch eine erweiterte Karenzzeit für Mitglieder der EU-Kommission und hochrangige Kommissionsmitarbeiter. Momentan dürfen EU-Kommissare im ersten Jahr nach ihrem Ausscheiden einen neuen Job nur mit Sondergenehmigung der EU-Kommission antreten. Im Rahmen der „European Transparency Initiative“ will die EU-Kommission bis zum Frühjahr nun ein Grünbuch vorlegen, bei dem allerdings der Transparenz-Aspekt im Zentrum der Diskussion steht.

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