Wenig beachtet wurde unseres Wissens nach folgende Passage von der Webseite der Intiative „Bürger für Stuttgart 21“:
Die IG Bürger für Stuttgart 21 hatte in der letzten Woche das große Glück nicht nur am Lauftreff teil zu nehmen, sondern auch OB Schuster zu treffen, sowie ein kurzes Gespräch mit dem Innenminister Resch und unserem Ministerpräsident Mappus zu führen. […] Als ein großes Highlight freuen wir uns im Oktober auf ein exklusives Treffen mit Bahnchef Grube. […]
Ich saß zusammen mit unserem Pressesprecher Gerald Holler, Johannes Bräuchle und Christian List am letzten Freitag zusammen mit 30 offiziellen der Stadt, des Stadtrates, des Gemeinderates, der Bahn, der Agentur für Arbeit, der IHK oder des Wirtschaftsrates zusammen. Es wurde festgelegt, dass es nun einen gemeinsamen Weg für Stuttgart 21 geben wird. Jedoch muss dieser Weg weiterhin aus der Bevölkerung heraus kommen. (Anmerkung LobbyControl: das ganze ist mit „Rückblick der KW37“ überschrieben, also war es vermutlich Freitag, der 17.9.)
Der erste Teil zeigt zunächst die guten Kontakte zur Politik und zur Bahn, im zweiten Teil geht es noch weiter: das dort skizzierte Treffen deutet darauf hin, dass die Pro Stuttgart 21-Initiativen in eine gemeinsame Koordination mit der Politik, der Bahn und weiteren Unterstützern aus der Wirtschaft eingebunden sind. Christian List ist Vertreter der Initiative „Laufen für Stuttgart“, Johannes Bräuchle von „proSIT 21“. Mit der IG „Bürger für Stuttgart 21“ haben sie sich neuerdings zum Bündnis „Wir sind Stuttgart21“ zusammengeschlossen (weitere Details insbesondere zu Christian List siehe den Artikel in der Süddeutschen Zeitung).
Der oben zitierte Bericht über das gemeinsame Treffen legt auch nahe, dass es eine abgesprochene Strategie gibt, für die Pro Stuttgart 21-PR bürgernahe Initiativen nach vorne zu stellen zu fördern (oder vermeintlich bürgernahe Initiativen). Das heißt noch nicht, dass die Pro Stuttgart 21-Initiativen von der Bahn oder anderen Projektträgern beauftragt wären. Das ist möglich, aber bislang nicht belegt. Es kann auch sein, dass die Initiativen zunächst echt sind, aber gezielt durch Projektträger von Stuttgart 21 bzw. interessierte Kreise gefördert und instrumentalisiert werden. Wir haben zu dem Treffen und möglichen Absprachen mit der Bahn u.a. eine Anfrage an die IG „Bürger für Stuttgart 21“ gestellt. Für weitere Hinweise sind wir dankbar.
Update: Der Pressesprecher des Vereins „Bürger für Stuttgart 21“, Gerald Holler, bestätigte der Nachrichtenagentur dapd, dass das Kommunikationsbüro der Bahn sowie die Stadt bei dem Treffen ihre Unterstützung zusagten. Die Bürger wurden mit Argumenten für das Projekt versorgt. Sie hätten Gutachten und Kontakt zu Architekten sowie Tunnelspezialisten erhalten. Die Befürworter-Webseiten würden seitdem zudem über Newsletter gepuscht. „Wir bekommen aber kein Geld“, sagte Holler laut dpad. (Quelle: dapd-Meldung vom 5.10.2010)
Hintergrund:
- Zum Vergleich: Das ganze erinnert an das Vorgehen der Asphalt- und Baulobby im Straßenbau: Dort gibt es die „Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung“ (GSV). Die GSV hilft Bürgerinitiativen pro Umgehungsstraßen (oder pro Tunnel, Brückenbauten etc.) bei der Pressearbeit, der Strategieentwicklung und der Kontaktanbahnung zu Straßenbauämtern und Entscheidungsträgern. Sie hat zudem in den letzten Jahren immer wieder die Proteste der Pro-Straßen-Bürgerinitiativen finanziell unterstützt.
- Da aktuell mehrfach an den Skandal um verdeckte PR der Deutschen Bahn unter Bahnchef Hartmut Mehdorn erinnert wird, hier nochmal als Hintergrundmaterial unsere Enthüllungen dazu aus 2009 (pdf). Weitere Nachrichten dazu im Blog unter dem Schlagwort „Deutsche Bahn“
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