Jean-Remy von Matt hat sich bei den Bloggern für seine ausfallende Mail zur Kritik an der „Du bist Deutschland“-Kampagne entschuldigt (z.B. bei Jens Scholz oder Indiskretion Ehrensache). Das Grundrecht auf Meinungsäußerung sei wichtig und es tue im leid, dass er „dieses Recht unbedacht in Frage gestellt habe“. Wirklich anfreunden kann sich von Matt mit kritischer Öffentlichkeit aber nicht:
„Aber! Auch wenn die meiste Kritik an meinem Text konstruktiv und ernsthaft war, empfinde ich es als kommunikativen Hausfriedensbruch, dass eine interne Mail wie eine Sau durchs Dorf ‚Kleinbloggersheim‘ getrieben wird. Sollte es neben der Freiheit, eine Meinung zu verbreiten, nicht auch die Freiheit geben, eine Meinung nicht verbreitet zu wissen? Gilt beim Artikel fünf des Grundgesetzes nur Absatz eins, der das Recht auf Meinungsfreiheit definiert, und nicht Absatz zwei, der dieses Recht einschränkt, wenn die persönliche Ehre verletzt wird? Kennt die Blogosphäre etwa keine Privatsphäre?“
Seine im Netz kritisierte Mail war allerdings eine Rundmail an seine MitarbeiterInnen und auch vom Thema nicht privat. Man kann nicht Kritik an eigenen problematischen Äußerungen zu öffentlichen Angelegenheiten einfach mit dem Verweis auf die Privatsphäre abwürgen.
Lesenswert zu dieser Debatte ist ein taz-Interview mit Holger Jung, der zusammen mit von Matt die Agentur Jung von Matt betreibt. Jung: „Aber wir wissen doch alle, dass es Dinge gibt, die man für den kleinen Zirkel sagt – und Dinge für den großen Kreis.“ Fragt sich nur, welche Äußerungen man ernster nehmen soll… Und zur Frage der Wirkung von „Du bist Deutschland“: „Wir bilden uns bestimmt nicht ein, allein mit der Kampagne irgendeinen Ruck in Deutschland hinzukriegen. Aber wenn sie es schafft, ein bisschen was für die Bewusstseinssteuerung zu tun, dann wäre das ein wunderbarer Erfolg.“
„Bewusstseinssteuerung“ – da läuft es einem kalt den Rücken runter. Aber es entspricht tatsächlich dem Ansatz der Kampagne: die Leute von oben beschallen, sie sollen optimistischer, aktiver und eigenverantwortlicher werden – aber mit dem tatsächlichen (auch kritischen) Potential von unten überhaupt nicht umgehen können.
Für alle, die die Debatte nicht mitbekommen haben, ein Überblick im Handelsblatt von Thomas Knüwer.
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