Christian Wulff ist freigesprochen. Er war angeklagt wegen des Verdachts auf Vorteilsnahme, der sich offenbar nicht bestätigt hat. Doch der Fall Wulff verweist jenseits der Gerichtsverhandlung auf tieferliegende Probleme. Die Affäre Wulff hat ein Schlaglicht geworfen auf die alltäglichen finanziellen Verflechtungen zwischen Politik und Lobbyisten.
Der Fall Wulff führt zu dem Event-Manager Manfred Schmidt und dessen Gehilfen Olaf Glaeseker, Wulffs engem Mitarbeiter. Als Veranstaltungsmanager ermöglichte Manfred Schmidt Sponsoren den Zugang zu Wulff und anderen Politikern. So zum Beispiel über den „Nord-Süd-Dialog“: Wulff trat als Schirmherr auf, Unternehmen sponsorten die Veranstaltung zum Teil mit mehreren 10.000 Euro – wohl auch um Zugang zur Macht zu bekommen. Auch Wulff war offenbar an der Suche nach Sponsoren beteiligt.
Wullfs Beteiligung am Nord-Süd-Dialog war legal, aber dennoch keinesfalls unproblematisch. Denn hier wurden Sponsorengelder Teil des politischen Geschäfts. Das ist auch in anderen Bereichen so: Bei Sommerfesten von Behörden oder auf Parteitagen wird ebenfalls kräftig gesponsort. Dabei ist klar, dass Zuwendungen von Unternehmen oder Verbänden selten gänzlich frei von Hintergedanken fließen.
Grenzen des Politsponsorings neu regeln!
Das Sponsoringgeschäft à la Manfred Schmidt zeigt, dass sich Kontakte und damit auch Einfluss und Zugangsmöglichkeiten zur Macht kaufen lassen. Davon profitieren einige wenige Unternehmen, Einzelpersonen oder Lobbygruppen, die über die nötigen Finanzen verfügen. Gesellschaftliche Machtungleichgewichte werden so weiter verfestigt.
Personelle und finanzielle Verflechtungen zwischen Politik und Lobbyisten gefährden die Unabhängigkeit demokratischer Institutionen und die Ausgewogenheit politischer Entscheidungen. Dennoch sind sie zumeist legal. Es gibt in Deutschland kaum Regeln, um die Beziehungen zwischen Politik und Lobbyisten zu bestimmen. Das gilt für das Politsponsoring ebenso wie das Parteisponsoring. Auch bei Seitenwechseln zwischen Politik und Lobbyjobs werden erst jetzt – nach einigen Skandalen – Regeln ausgearbeitet.
Sponsoring muss in der Politik die Ausnahme bleiben. Politikerinnen und Politiker sollten den nötigen Abstand zu gesponsorten Veranstaltungen wahren und die eigene Sponsoringpraxis überdenken. Wenn ein Event wie das Sommerfest einer Behörde wichtig ist, sollte es auch durch Steuermittel und nicht durch Unternehmen finanziert werden. Und wenn einem Ministerpräsidenten die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Bundesländern wichtig sind, siehe Nord-Süd-Dialog, lässt sich ein Austausch auch ohne Sponsoren organisieren. Der Fall Wulff hätte eigentlich einen Anstoß geben sollen, um ernsthaft über die Grenzen und Gefahren des Politsponsorings in Deutschland zu diskutieren – und etwa beim Parteiensponsoring klare Regeln aufzustellen.
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