Am Freitag, 21. Juni, wird das freiwillige EU-Transparenzregister zwei Jahre alt. Unsere Bilanz: der freiwillige Ansatz ist gescheitert. EU-Parlament und EU-Kommission werden in den kommenden Monaten entscheiden, ob sie diesen Ansatz weiterverfolgen oder auf ein verpflichtendes Register umsteigen. Mit unserem europäischen Netzwerk haben wir am Montag ein Rechtsgutachten präsentiert, das zeigt: Die nötige rechtliche Grundlage für ein verpflichtendes Lobbyregister in Europa gibt es in den europäischen Verträgen.
EU-Kommission widerlegt
Seit der Einführung des ersten EU-Lobbyregisters 2008 hat das Europäische Parlament sich zweimal in aller Klarheit für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters ausgesprochen. Die EU-Kommission hingegen will den freiwilligen Charakter des Registers beibehalten. Ihr Hauptargument bisher: Die EU-Verträge böten keine gesetzliche Grundlage für ein verpflichtendes Verzeichnis.
Dieses Argument haben wir nun juristisch überprüfen lassen. Prof. Dr. Markus Krajewski hat für uns die EU-Verträge auf eine mögliche gesetzliche Grundlage für ein verpflichtendes Lobbyregister untersucht. Er ist Professor für öffentliches Recht und Völkerrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg. Gestern Abend hat er seine Studie im Europäischen Parlament offiziell vorgestellt. Die Studie haben wir mit unserem europäischen Netzwerk ALTER-EU initiiert, finanziert und in Auftrag gegeben hat sie die österreichische Arbeiterkammer, ein Mitglied von ALTER-EU.
Das Ergebnis: Gleich zwei Artikel bieten sich als Grundlage für ein derartiges Register an: Artikel 298 (2) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ) in Verbindung mit der so genannten Implied-Powers-Doktrin – auf diesem Wege könnte eine Entscheidung sogar über das ordentliche Gesetzgebungsverfahren erfolgen. Dafür wäre nur eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat nötig. Alternativ böte auch Artikel 352 AEUV eine Grundlage. Diesen Weg hat auch der juristische Dienst des Europäischen Parlaments vorgeschlagen. Dafür wäre allerdings eine einstimmige Entscheidung im Ministerrat nötig.
Das könnte äußerst schwierig werden: Manche europäische Länder haben immerhin erste Ansätze zur Einführung mehr oder minder verpflichtender, allesamt lückenhafter Lobbyregister gemacht, dazu gehören Österreich, Großbritannien, Irland, Litauen oder die Niederlande. Man könnte diesen Ländern immerhin grundsätzliche Bereitschaft attestieren, Lobbyismus transparent zu machen. Ob allerdings ein Land wie Deutschland mit seiner Verweigerungshaltung gegenüber einem deutschen Lobbyregister zustimmen würde, ist mehr als ungewiss.
Der freiwillige Ansatz ist gescheitert
Hintergrund für unsere Studie ist, dass das Register in den kommenden Monaten von EU-Kommission und EU-Parlament auf seine Erfolge und Probleme hin überprüft wird. Eine solche Auswertung – auch im Hinblick darauf, ob der freiwillige Ansatz funktioniert – wurde zum Start des Registers in die „interinstitutionelle Vereinbarung“ zwischen Parlament und Kommission geschrieben.
Wir halten den freiwilligen Ansatz für gescheitert. Bis heute fehlen wichtige Lobbyakteure im Register. Der zuständige Kommissar Maroš Šef?ovi? hatte ein „de-facto-verpflichtendes Register“ versprochen, das alle Akteure enthalte, die an der politischen Debatte in der EU teilnehmen wollen. Warum wir davon Lichtjahre entfernt sind und was die Probleme des aktuellen Registers sind, werden wir Ihnen an diesem Donnerstag mit einer ausführlichen Analyse des Registers aufzeigen.
Wir werden Sie in den kommenden Monaten mit Beiträgen und Aktionen zum EU-Lobbyregister auf dem Laufenden halten. Die „Evaluierung“ des Registers ist eine große Chance für Verbesserungen und nicht zuletzt für den Übergang zu einem verpflichtenden Register. Wir werden alles tun, um echte Transparenz darüber herzustellen, wer in Brüssel mit welchem Geld wen beeinflusst.
Deutsches Verbänderegister von geringer Relevanz
Übrigens hat Prof. Dr. Krajewski in seinem Gutachten auch festgestellt, dass das Verbänderegister des Deutschen Bundestags in der Praxis von geringer Relevanz ist, da es, wie er ausführt, nur minimale Informationen enthält, sich lediglich an Verbände richtet, keinerlei Sanktionen enhält und in der Parlamentarischen Praxis umgangen wird (S. 3 des Gutachtens).
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