„Gesundheitsminister wirft Pharmalobby raus“ und „Pharmalobby wird vebannt.“ So verheißungsvoll titelten am vergangenen Mittwoch mehrere Tageszeitungen. Der Grund dafür war ein internes Papier des Gesundheitsministers Daniel Bahr (FDP). Darin vorgesehen war, Lobbyisten der Pharmabranche aus mehreren Beratungsgremien für Fragen des Arzneimittelrechts auszuschließen. Nach rasch folgender Kritik aus Industrie und Politik, verschwand das Papier allerdings wieder in der Schublade.
Seit über 30 Jahren sitzen Vertreter der Branche in fünf solcher Gremien des Gesundheitsministeriums. Dort geht es um Fragen der Zulassung sowie der Verschreibungspflicht von Medikamenten. Damit sollte jetzt Schluss sein. Das Handelsblatt zitierte aus dem Papier: „Die Mitglieder dieser Gremien sollen allein der medizinischen oder der pharmazeutischen Wissenschaft angehören.“ Dieser Schritt sei „im Hinblick auf die notwendige Unabhängigkeit (…) erforderlich.“ Außerdem wurde betont, die neue Vorgehensweise entspräche der europäischen Praxis.
Die zu erwartenden erbosten Proteste von Seiten der Pharmabranche folgten unmittelbar. „Hier soll eine über drei Jahrzehnte gut funktionierende sinnvolle Kooperation einfach aufgekündigt werden“, empörte sich Elmar Kroth, Geschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH). Weiter behauptete er, dass der Einfluss der Pharmaverbände in den Gremien oft überschätzt werde. Wegen ihrer numerischen Unterlegenheit könnten Pharmalobbyisten „nur durch Argumente überzeugen“. So ganz unwichtig war ihm jedoch der Einfluss seiner Branche im Gesundheitsministerium offensichtlich doch nicht.
Die Koalition ruderte prompt zurück. Daniel Bahr wurde vom Koalitionspartner zurück gepfiffen und die Vorschläge wurden „schubladisiert“, wie Johannes Singhammer, CSU, den Vorgang bildlich umschrieb. Michael Hennrich, Arzneimittelexperte der CDU, versuchte die plötzliche Kehrtwende zu verteidigen: „Uns geht es darum, die Unabhängigkeit von Entscheidungen sicherzustellen. Gleichzeitig wollen wir aber, dass transparent entschieden wird und alle Argumente und Fakten auf den Tisch kommen“ (Handelsblatt vom 15. Juli, S.12). Offenbar bedeutet „transparent entscheiden“ nach seiner Auslegung, der Pharmalobby offenen Zugang zu Expertengremien zu gewähren.
Foto: e-MagineArt.com Lizenz: CC BY 2.0
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