Die kurzfristigen Ausladungen des ehemaligen Schach-Weltmeisters und Kreml-Kritikers Garri Kasparow und des Ex-ARD Moskau-Korrespondenten, früheren Monitor-Chefs und WDR-Korrespondenten Klaus Bednarz, geraten zunehmend in den Mittelpunkt der medialen Kritik.
Das ist sogar bei „Christiansen“ unüblich: im Vorfeld der Sendung vom vergangenen Sonntag, in der über den Mord am russischen Ex-Agenten Litvinenko und die Rolle der russischen Regierung und -Geheimdienste in diesem Zusammenhang diskutiert werden sollte, wurden bereits eingeladene Gäste wieder ausgeladen. Sowohl Kasparow, der via Liveschaltung aus Moskau an der Diskussionsrunde teilnehmen sollte, als auch Bednarz geben an, sich mit der „Christiansen“-Redaktion über ihre Auftritte einig gewesen zu sein. Bednarz meint, ihm habe bereits ein Studiogastvertrag vorgelegen und Kasparow vermutet Zensur als Grund für seine Ausladung.
Trotz aller Beteuerungen der „Christiansen“-Redaktion, ausschlaggebend gewesen seien ausschließlich Kosten und technische Gründe, scheint eine Manipulation im Sinne eines einseitigen Diskussionsverlaufs offensichtlich. Wenn auch Kritik an einer unausgewogenen Gäste-Auswahl nichts Neues ist, liegt in diesem Fall der Verdacht einer externen Beeinflussbarkeit der Talkshow-Redaktion deutlich auf der Hand. So schreckt die „last-minute“-Intervention bei der Auswahl der Studiogäste in diesem Fall denn auch die sonst weniger hinterfragenden Organe der Massenmedien auf, und der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günther Nooke von der CDU, sieht gar einen handfesten „Medien-Skandal“. Sogar ARD intern nimmt die Kritik an den Machern der Sendung zu. Zudem fordert Jörg Uwe Hahn, Mitglied des Rundfunkrats des Hessischen Rundfunks, in einem Schreiben an HR-Rundfunkratschef Alfred Möhrle eine Zwangspause der Talkrunde bis zur endgültigen Aufklärung der Angelegenheit. Außerdem appelliert er an den HR-Intendanten Helmut Reitze, den Vorgang dem zuständigen Rundfunkrat zu berichten. Offensichtlich sollten Moskau-kritische Stimmen und damit eine Diskussion auf Augenhöhe auf den letzten Drücker verhindert werden. Es hat den Anschein, als ob dem Druck aus Moskau nachgegeben wurde. Bednarz, der der offiziellen Begründung der „Christiansen“-Redaktion widerspricht, sagte ein Mitarbeiter der Sendung habe ihn telefonisch darüber informiert, dass der ebenfalls als Studiogast geladene russische Botschafter Kotenew, auf einer Ausladung Kasparows bestand und sein eigenes Erscheinen an diese Forderung geknüpft hätte. Diese Version bestätigte auch Jürgen Roth, der am Sonntag Gast bei „Christiansen“ war und eben diese Informationen von Mitarbeitern nach der Sendung erhielt.
Was auch immer sich tatsächlich hinter den Kulissen abgespielt hat, fest steht: die Erklärungen der Redaktion scheinen äußerst fadenscheinig. Die ganze Angelegenheit hinterlässt einen ziemlich faden Beigeschmack, zumal der repressive Druck auf Kasparow und seine oppositionelle Vereinigte Bürgerfront, durch die russische Regierung noch erhöht wird, seitdem Kasparow öffentlich den russischen Botschafter hinter dem Vorgang vermutet hat.
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