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Aus der Lobbywelt

Lobbyreport 2024: Großer Fortschritt bei Lobbyregeln

... und was die Ampel noch tun müsste

von 14. März 2024

Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode hat die Ampel-Koalition viele neue Lobbyismus-Regeln auf den Weg gebracht. Sie hat viele Vorhaben aufgeholt, die jahrzehntelang versäumt wurden. Trotzdem bleiben gravierende Missstände, die behoben werden müssen, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.

In unserem neuen Lobbyreport 2024 zeigen wir, wie diese neuen Regeln wirken: Verschärfungen beim Lobbyregister, bei der Parteienfinanzierung, bei Seitenwechseln oder gegen Korruption von Abgeordneten.

Lobbyreport 2024

Wir ziehen eine Zwischenbilanz über die Arbeit der Ampelkoalition.

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In der vorherigen Legislaturperiode bis 2021 fügten eine Reihe von Lobby- und Korruptionsskandalen dem Vertrauen in die Politik und dem Ansehen des Bundestags schweren Schaden zu: Mehrere Unionsabgeordnete nutzten ihre Stellung, um sich private wirtschaftliche Vorteile durch Maskendeals mit Ministerien zu verschaffen, während Millionen Menschen aufgrund der Corona-Pandemie um ihre Jobs bangten oder in Kurzarbeit steckten. Zugleich wurden weitere Ermittlungen gegen Bundestagsabgeordnete im Zusammenhang mit Schmiergeldern aus Aserbaidschan bekannt.

Das verlangte nach einer entschiedenen Antwort der Politik, einem klaren Zeichen gegen Korruption sowie Maßnahmen zur Stärkung von Transparenz und Integrität in der Politik insgesamt. Unter dem Druck der Maskendeal- und Aserbaidschanaffären stimmte die Union 2021, kurz vor Ende der Wahlperiode, einem gesetzlich verpflichtenden Lobbyregister sowie einer umfassenden Verschärfung der Regeln für Bundestagsabgeordnete zu.

Doch sowohl in diesen beiden Bereichen als auch darüber hinaus, etwa bei der Parteienfinanzierung oder der Transparenz bei der Gesetzgebung, bestand weiter Handlungsbedarf. Da neben der SPD auch Grüne und FDP im Wahlkampf solche weitergehenden Schritte forderten, trat die Ampelkoalition in Sachen Transparenz und Lobbykontrolle Ende 2021 durchaus entschlossen und engagiert an.

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Den Lobbyreport stellen wir Ihnen auch als PDF-Datei zur Verfügung.

LobbyControl Team hält "Die ganze Lobby-Fußspur sichtbar machen" Banner vor dem Reichstag
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Die Lobby-Fußspur für Gesetze soll konkrete Lobbyeinflüsse bei der Entstehung von Gesetzen sichtbar machen.
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LobbyControl Team hält "Die ganze Lobby-Fußspur sichtbar machen" Banner vor dem Reichstag
Die Lobby-Fußspur für Gesetze soll konkrete Lobbyeinflüsse bei der Entstehung von Gesetzen sichtbar machen.

Der Koalitionsvertrag enthält dementsprechend Vorhaben in beinahe allen in diesem Lobbyreport betrachteten Feldern: von der Verschärfung des Lobbyregisters und dessen Ergänzung um eine Lobby-Fußspur für Gesetze über neue Regeln für die Parteien- und Wahlkampffinanzierung bis hin zur Reform des Strafgesetzes, um wirksam gegen Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit vorzugehen.

Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Umsetzung der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag kann sich insgesamt durchaus sehen lassen: Alle angekündigten Vorhaben wurden entweder bereits umgesetzt oder befinden sich kurz vor der Verabschiedung. Die Ampelkoalition hat damit im Bereich Transparenz und Lobbyregulierung mehr vorangebracht als ihre Vorgänger. Dennoch bleiben gravierende Lücken und Missstände bestehen: Insbesondere mangelt es an einer effektiven Kontrolle und Durchsetzung der bestehenden Regeln, und zwar in allen hier betrachteten Bereichen. Große Defizite bestehen nach wie vor im Bereich der Parteienfinanzierung insbesondere durch die fehlende Höchstgrenze für Spenden und Sponsoring.

Zudem wurden in dieser Legislaturperiode die mangelhaften Regeln und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten in den Ministerien besonders deutlich. Aber auch bei den umgesetzten Vorhaben blieb die Ampel zum Teil hinter ihren eigenen Ambitionen zurück. Zufrieden zurücklehnen kann sich die Koalition daher in keinem der betrachteten Bereiche.

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Wir ziehen eine Zwischenbilanz über die Arbeit der Ampelkoalition.

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Unsere Bewertung der einzelnen Regelungsfelder im Vergleich zum Lobbyreport 2021

→ ROT: Großer Handlungsbedarf, die bestehende Regelung ist mangelhaft oder eine Regelung ist nicht vorhanden.
→ GELB: Es existieren unzureichende Regelungen, die verbesserungsbedürftig sind.
→ GRÜN: Aktuell kein Handlungsbedarf, eine angemessene Regelung wurde umgesetzt.

Transparenz der Interessenvertretung – Lobbyregister

Bei der Reform des erst Anfang 2022 eingeführten Lobbyregisters hat die Ampel an vielen Stellschrauben gedreht und in wesentlichen Punkten Verbesserungen erzielt. Lobbyist:innen müssen nun wesentlich umfangreicher Auskunft geben, worauf ihre Lobbyarbeit zielt, wie sie sich finanzieren und wer wen in welchem Umfang mit Lobbyarbeit beauftragt. Damit schließt Deutschland in Sachen Lobbyregister auch im europäischen Vergleich zur Spitzengruppe auf. Weiter bestehende Ausnahmen für einige Akteure wie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften bleiben aber problematisch.

→ Bei der Transparenz der Interessenvertretung springt unsere Bewertungsampel von Gelb auf Grün-Gelb.

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Transparenz der Gesetzgebung – Lobby-Fußspur

Die Bundesregierung beschloss Anfang März 2024 endlich eine Regelung für eine Lobby-Fußspur für Gesetze und setzte damit ein weiteres Vorhaben des Koalitionsvertrags um. Der Beschluss weist in die richtige Richtung, bleibt aber zugleich klar hinter unseren Erwartungen zurück. Die neue Regelung lässt den Ministerien viel Spielraum dabei, welche Angaben sie zum Einfluss von Lobbyist:innen tatsächlich machen müssen.

→ Auf Grund der neu eingeführten, aber nicht ausreichenden Regelung springt unsere Bewertungsampel von Rot auf Gelb.

Seitenwechsel – Karenzzeitgesetz

Beim Wechsel aus der Politik in Tätigkeiten bei Verbänden und Unternehmen kann es zu Interessenkonflikten kommen. Während die zu schwachen Karenzzeitregeln für Mitglieder der Bundesregierung unverändert blieben, hat die Ampel die Regeln für Seitenwechsel von hochrangigen Beamt:innen verschärft und damit Teile unserer Forderungen umgesetzt.

→ Dank der verschärften Regeln bei Seitenwechseln von politischen Beamten verbessert sich unsere Bewertungsampel von Gelb auf Grün-Gelb.

Parteien- und Wahlkampffinanzierung

Die Reform des Parteiengesetzes Ende 2023 ist ein großer Fortschritt. Parteien stehen künftig erstmalig in der Pflicht, Einnahmen aus Sponsoring offenzulegen. Ebenso gibt es erstmalig eine Regelung für Wahlwerbeaktionen zugunsten einer Partei durch Dritte. Die Transparenz bei Parteispenden wurde dagegen nur marginal erhöht und ein Deckel für die maximale Zuwendungshöhe noch nicht einmal debattiert. Zudem bestehen auch hier Umsetzungsdefizite.

→ Unsere Bewertungsampel springt aufgrund der bedeutsamen, aber nicht ausreichenden Fortschritte von Rot nur auf Gelb.

Abgeordnetenregeln

Nachdem die Große Koalition 2021 das Abgeordnetengesetz verschärfte, wurden in dieser Wahlperiode die Auswirkungen der Reform sichtbar. Neben positiven Effekten wurden jedoch auch Defizite bei der Umsetzung und Schwächen der neuen Regeln deutlich. Zur Reform des Strafgesetzes gegen Abgeordnetenbestechung legte die Ampel einen Gesetzentwurf vor.

→ Unsere Bewertungsampel bleibt auf Grund weiter bestehender Defizite in den Abgeordnetenregeln bei Grün-Gelb.

Interessenkonflikte in den Bundesministerien

Der Umgang mit Interessenkonflikten in den Bundesministerien gelangte durch eine Reihe prominenter Fälle auf die mediale und politische Agenda. Obwohl Vertreter:innen der Ampelkoalition Reformen ankündigten, sind diese nach unseren Informationen noch nicht in Gang gekommen.


→ Unsere Bewertungsampel steht auf Rot: Die bisherigen Regelungen und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten reichen keineswegs.

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