Die ehemalige Pharma-Lobbyistin Cornelia Yzer (CDU) wird die neue Wirtschaftssenatorin im Berliner Senat. Bis Mai 2011 war Yzer 15 Jahre lang Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Im rot-schwarzen Kabinett folgt Yzer damit auf Sybille von Obernitz (parteilos), die um ihre Entlassung gebeten hat. Wir kritisieren die Berufung Yzers auf Grund der Gefahr von Interessenkonflikten. Berlins amtierender Oberbürgermeister, Klaus Wowereit, hat die Berufung Yzers als Wirtschaftssenatorin in der gestrigen Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses verteidigt. SPD-Fraktionschef Raed Saleh sprach der CDU in der Personalfrage sein Vertrauen aus: „Ich verlasse mich darauf, dass die CDU diese Aspekte alle abgewogen hat und jemanden präsentiert, der die Wirtschaft in Berlin voranbringen kann.“ Der Berliner CDU-Chef und Innensenator, Frank Henkel, sagte gegenüber der Tageszeitung „Die Welt„: „Ich bin ehrlichen Herzens froh darüber, dass wir jetzt eine Lobbyistin für Berlin gefunden haben.“
Zwischen Pharma-Industrie und Politik
Die ehemalige Cheflobbyistin des vfa ist sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft bestens vernetzt. Sie selbst beschreibt sich in ihrem Profil beim Job-Portal „xing“ als „erfahrene Mittlerin zwischen Industrie und Politik“. Im Laufe ihrer Karriere hat sie bereits zweimal die Seiten gewechselt und wird nun mit ihrem neuen Job als Wirtschaftssenatorin in Berlin quasi zur „540-Grad-Seitenwechslerin“.
Yzer war von 1989 bis 1992 als leitende Mitarbeiterin bei dem Chemie- und Pharmaunternehmen Bayer tätig. Zwischen 1990 und 1998 saß sie im Deutschen Bundestag. Während dieser Zeit war sie von 1992 bis 1994 Parlamentarische Staatssekretärin unter Angela Merkel und arbeitete daraufhin bis 1997 im Staatsministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie.
Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag wechselte sie übergangslos zur Pharmalobby. Ihr früherer Arbeitgeber, der Verband Forschender Arzneimittelhersteller, gilt als einer der mächtigsten und einflussreichsten Lobby-Verbände. 2011 schied Yzer dort überraschend aus. Man kann jedoch davon ausgehen, dass Frau Yzer weiterhin über hervorragende Kontakte in der Pharmabranche verfügt – und die Pharmaindustrie damit einen direkten Draht zur künftigen Wirtschaftssenatorin.
Das Drehtür-Phänomen
Immer mehr PolitikerInnen vollziehen nach ihrem Ausscheiden aus politischen Ämtern einen Seitenwechsel, meist hin zu finanziell starken und prestigeträchtigen Unternehmen oder Verbänden. Interessenverbände profitieren von dem Wissen ehemaliger PolitikerInnen enorm. Dieses sogenannte Drehtür-Phänomen, also der Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft und zurück, kann zu Interessenkonflikten führen und verschafft Lobbyakteuren einen privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern.
Im Fall von Cornelia Yzer besteht die Befürchtung, dass ihre Nähe zur Pharma-Industrie zu Interessenkonflikten führen könnte. Besonders bei der Verteilung von Förder- und Forschungsgelder ist diese Nähe problematisch und sollte im Blick behalten werden.
Mehr Informationen zum Thema Seitenwechsel gibt es in der Lobbypedia und ein ausführlicheres Portrait zu den Tätigkeiten Cornelia Yzer findet sich ebenfalls in der Lobbypedia
Foto: alles banane, Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0, Quelle: Drehtüre auf flickr
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