Die Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat am Mittwoch ihren Bildungsmonitor 2006 veröffentlicht. Die Studie über die Bildungssysteme der Bundesländer wurde im Auftrag der INSM vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) erstellt. Dabei werden die Bildungssysteme danach bewertet, ob sie zu „einer Steigerung von Standortqualität, Wachstum und Beschäftigung betragen.“ Der Bildungsmonitor 2006 zeigt: neuer Spitzenreiter ist Sachsen, Verlierer des Jahres 2006 Bayern. Um zu diesen Ergebnissen zu kommen, wurden 116 Einzelmerkmale ausgewertet, darunter Ausgaben pro Schüler, Klassengröße, aber auch Pisa-Daten.
Allerdings ist die Auswahl der Indikatoren umstritten. Die starke Gewichtung der Betreuungsrelation (Lehrer-Schüler) verzerre die Ergebnisse zugunsten der ostdeutschen Länder. Kritik gibt es auch an den Minuspunkten für Länder mit einem hohen Anteil von Lehrkräften über 50 Jahren. Olaf Köller, Direktor des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, Berlin kritisiert in der Zeit: „Viele ihrer Annahmen darüber, was ein gutes Bildungssystem ausmacht, sind hoch normativ und ohne empirische Grundlage.“ Dennoch hält der Bildungsforscher das Gesamtergebnis im Grunde plausibel, allerdings rät er von einer Rankingdarstellung ab: Man wisse dabei nicht, was die Abstände zwischen den Ländern und damit auch die Ränge wirklich bedeuten würden.
Die Zeit hatte bereits im letzten Jahr anlässlich des Bildungsmonitors 2005 das strategische Interesse der INSM hinter der Studie beschrieben:
Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die vor allem von den Arbeitgeberverbänden getragen wird, macht seit Jahren Lobbyarbeit für mehr Wettbewerb und weniger Staat. Eine an Effizienz, Innovation und Qualität orientierte Bildungspolitik sei eine wichtige Voraussetzung für mehr Wirtschaftswachstum, betonen die Autoren der Studie. Der Bildungsmonitor soll eine Art Generalinventur des deutschen Bildungswesens sein, Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern ermöglichen und den Wettkampfgeist der Kultusminister wecken.
Der Wettkampf soll sich natürlich am besten an den Kriterien der INSM ausrichten. Bereits damals hatte Klaus Klemm, Leiter der Arbeitsgruppe Bildungsforschung/Bildungsplanung an der Universität Essen, kritisiert, dass die Auswahl der Indikatoren nicht hinreichend abgesichert sei.
Bis auf die Zeit (die die Inhalte der Studie offensichtlich vorab bekam) berichten wenige Medien über mögliche Kritikpunkte an der Studie. Berliner Zeitung und Handelsblatt machen zumindest deutlich, wer hinter der INSM steht. Bei Focus Online oder der Leipziger Volkszeitung fällt das unter den Tisch und bei der Chemnitzer Morgenpost taucht die INSM als Auftraggeber der Studie gar nicht mehr auf. Dort heißt es nur:
„Sachsen ist Gesamtsieger des Ländervergleichs im Bildungssystem. Zu diesem Ergebnis kam der gestern veröffentlichte Bildungsmonitor 2006. Der Freistaat zog damit an Vorjahressieger Bayern und Baden-Württemberg vorbei. Damit setzte sich erstmals ein ostdeutsches Bundesland an die Spitze. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hatte analysiert, inwieweit das Bildungssystem eines Landes einen Beitrag zu mehr Wachstum leistet. […]“
Die Arbeitgeberverbände und ihr Interesse an dem Bildungsmonitor tauchen nicht mehr auf.
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