Aus der Lobbywelt

Wählerinitiative für Rüttgers täuschte 2005 die Öffentlichkeit

Kurz vor der NRW-Landtagswahl gerät die CDU erneut in Bedrängnis, weil sich eine vermeintlich eigenständige Wählerinitiative „Wähler für den Wechsel!“ aus dem Wahlkampf 2005 als CDU-Schöpfung entpuppt. Noch kurz vor dem Wahltag am 22. Mai 2005 hatte der Frontmann der Wählerinitiative, Tim Arnold, jede Verbindung zur CDU bestritten – eine Irreführung der Wählerinnen und Wähler, […]
von 4. Mai 2010
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Der Ausgang der NRW-Landtagswahl 2005. Die CDU (blau) kam erstmals seit 39 Jahren an die Macht.

Kurz vor der NRW-Landtagswahl gerät die CDU erneut in Bedrängnis, weil sich eine vermeintlich eigenständige Wählerinitiative „Wähler für den Wechsel!“ aus dem Wahlkampf 2005 als CDU-Schöpfung entpuppt. Noch kurz vor dem Wahltag am 22. Mai 2005 hatte der Frontmann der Wählerinitiative, Tim Arnold, jede Verbindung zur CDU bestritten – eine Irreführung der Wählerinnen und Wähler, wie sich heute zeigt. Ein Jahr später wurde er von Rüttgers nach Berlin befördert.

Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass die CDU der Frankfurter Agentur Equipe 40.000 Euro für die Organisation der Wählerinitiative zahlte. Außerdem belegt eine Mail des Frontmanns der Initiative, Tim Arnold, die enge Verbindung der Initiative zur CDU (zuerst veröffentlicht im Blog „Wir in NRW“ mit Begleittext).

Die von der Wählerinitiative gesammelten Spenden tauchten jedoch nicht im Rechenschaftsbericht der CDU auf, weshalb nun der Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung geprüft wird. Nun muss Bundestagspräsident Norbert Lammert erneut in einer politisch zugespitzten Lage prüfen, ob die eigene Partei gegen die Vorschriften verstoßen hat. Aus unserer Sicht wäre dringend eine unabhängige Kontrollinstanz nötig – eine unserer drei Forderungen in der Online-Aktion zum Thema Parteisponsoring.

Gezielte Verleugnung der CDU-Verbindung
Neben dieser Frage ist ein weiterer Aspekt an den neuen Enthüllungen brisant: In einem Artikel vom 18. Mai 2005 versuchte die Neue Ruhr / Neue Rhein Zeitung (NRZ), vor der Landtagswahl die Hintergründe verschiedener Wählerinitiativen zu erhellen (auch von Initiativen pro SPD). Dabei gab der ehemalige Bertelsmann-Manager Tim Arnold eine Darstellung zu Protokoll, die nach heutigem Kenntnisstand nicht der Wahrheit entsprach. Er wies demnach jede Verbindung mit der CDU zurück und wird mit der Aussage zitiert: „Wir sind ’ne völlig Hand gemachte Initiative“. Dass die Telefonnummer seiner Initiative zu einem „Organisationsbüro“ in Frankfurt führte, erklärte Arnold in dem Artikel wörtlich so: „Da sind Leute, die uns geholfen haben, das Logo zu entwerfen.“ (zitiert nach Dagobert Ernst: Gönner im Geheimen. In: NRZ vom 18.5.2005)

Dieses Abstreiten ist eine immer wiederkehrende Taktik in der PR- und Lobbywelt: durch eine vermeintliche Unabhängigkeit soll die Glaubwürdigkeit der Botschaften erhöht werden. Brisant wird das ganze dadurch, dass Jürgen Rüttgers 2006 Tim Arnold zum Leiter der NRW-Landesvertretung in Berlin machte. Dort vertritt er nun die Wählerinnen und Wähler, die er vor der Wahl 2005 hinters Licht geführt hat. Angesichts der neuen Erkenntnisse ist er in dieser Position eigentlich nicht mehr tragbar.

Tim Arnold – Aufsteiger aus dem Hause Bertelsmann
Sein Weg dahin ist durchaus interessant: auf der Seite der damaligen „Wählerinitiative“ fungierte er nur als „Student“. Das war zwar richtig, aber Arnold war kein gewöhnlicher Student. Er hatte zuvor mehrere Jahre in leitenden Positionen bei Bertelsmann und der einflussreichen wie umstrittenen Bertelsmann-Stiftung gearbeitet (siehe Lebenslauf als pdf). Dann begann er 2004 nochmal ein Studium an der französischen Elite-Universität ENA in Straßburg. 2006 erhielt er dann den wichtigen Posten als Leiter der NRW-Landesvertretung in Berlin. Insofern hat sich für ihn das Engagement in der Wählerinitiative gelohnt, man könnte es auch als Eintrittsticket für seine Karriere in politischen Ämtern sehen.

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