Die Sommerpause hat begonnen, die heiße Wahlkampfphase rückt näher – Zeit, einen genaueren Blick auf die Wahlprogramme der Parteien zu werfen. Welche Maßnahmen für mehr Transparenz und Schranken beim Lobbyismus streben die Parteien an?
Union und FDP: die große Leere
Für die derzeitigen Koalitionsparteien fällt der Blick in die Wahlprogramme ernüchternd aus. CDU und CSU haben ihr gemeinsames Wahlprogramm mit dem Motto „Gemeinsam erfolgreich für Deutschland“ am 23. Juni verabschiedet. Die FDP hat ihr „Bürgerprogramm“ mit dem Motto „Damit Deutschland stark bleibt“ am 5. Mai verabschiedet. Vorschläge für mehr Lobbytransparenz und Maßnahmen gegen Lobbyverstrickungen finden sich darin nicht.
Die Liberalen bekennen sich in ihrem Programm immerhin zur Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption – im Gegensatz zur Union (dort taucht das Wort „Korruption“ nur im Kapitel über Sport auf…). Schwarz-Gelb hat in dieser Legislaturperiode kein Interesse daran gezeigt, die Bedingungen für eine Umsetzung des Abkommens zu schaffen und das Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung zu verschärfen.
In beiden Wahlprogrammen finden sich keine Aussagen zur Transparenz der Parteienfinanzierung, trotz mehrerer Skandale und andauernder Kritik des Europarats. Auch die schnellen Seitenwechsel von der Regierungsbank in Lobbyjobs – Beispiel Eckart von Klaeden – sind für Schwarz-Gelb offenbar kein Thema. Und Vorschläge, wie Lobbyismus transparenter werden könnte, finden sich ebenfalls in keinem der beiden Programme.
Schwarz-Gelbe Blockadehaltung setzt sich fort
Es scheint, als wolle Schwarz-Gelb die Politik der Blockade und Verschleppung im Bereich Lobbyregulierung fortsetzen. In unserem Lobbyreport 2013 haben wir gezeigt, wie Schwarz-Gelb bereits in den letzten vier Jahren mehr Regeln für Lobbyisten und mehr Transparenz zurückgewiesen hat – und das trotz diverser Lobbyaffären und internationaler Kritik.
Konkrete Vorschläge aus der Opposition
Im Gegensatz zu Schwarz-Gelb legen die jetzigen drei Oppositionsparteien erfreulicherweise alle konkrete Vorschläge zur Regulierung von Lobbyismus vor. Über die Wahlprogramme von SPD und Grünen haben wir bereits kurz berichtet (siehe hier und hier). Die Linke hat ihr Wahlprogramm unter dem Motto „100% sozial“ am 16. Juni auf ihrem Parteitag in Dresden beschlossen. Hier ein Überblick zu den einzelnen Themen:
- Lobbyregister: Alle drei Parteien fordern ein verbindliches Lobbyregister.
- Seitenwechsel: Alle drei Parteien fordern Karenzzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder und Spitzenpersonal aus den Ministerien. Im Detail gibt es Unterschiede: Die SPD fordert – in Anlehnung an die Regeln für die EU-Kommission – einen Verhaltenskodex, der Anschlussbeschäftigungen nur nach vorheriger Genehmigung durch eine Ethikkomission vorsieht. Die Grünen grenzen ihre Karenzzeit für „Lobbytätigkeiten auf dem gleichen Feld“ ein. Die LINKE fordert eine fünfjährige Karenzzeit für Tätigkeiten in Unternehmen, „mit deren wirtschaftlichen Interessen“ die potentiellen Seitenwechsler zuvor befasst waren.
- Parteienfinanzierung: Hier sehen alle drei Parteien mehr Transparenz und Schranken vor. Im Detail fordert die SPD – ebenso wie die Grünen – eine Deckelung von Großspenden auf 100.000 Euro pro Spender im Jahr. Die LINKEN sehen eine Deckelung bereits für 25.000 Euro pro Spender im Jahr vor. Sowohl Grüne als auch LINKE fordern ein Verbot von Unternehmensspenden. Grüne und SPD wollen Parteisponsoring offenlegen, die LINKE will Parteisponsoring und Unternehmensstände auf Parteitagen verbieten.
- Nebeneinkünfte: SPD und Linke fordern, Nebeneinkünfte auf Euro und Cent offenzulegen. Die Grünen fordern, die Transparenzregeln über Nebeneinkünfte zu verbessern. Die LINKE fordert für Abgeordnete in Vollzeitparlamenten außerdem ein Beschäftigungsverbot bei Unternehmen und Lobbyorganisationen.
- Abgeordnetenkorruption: Alle drei Parteien wollen die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung erweitern.
- Lobbyisten in Ministerien: Grüne und LINKE wollen den Einsatz von Lobbyisten in Ministerien verbieten. Die SPD fordert, den Einsatz externer Mitarbeiter in Ministerien transparenter zu gestalten – und zwar über einen jährlichen Bericht über die Art und den Umfang ihrer Arbeit in den Ministerien.
Ein Blick auf weitere Parteien
Neben den jetzigen im Bundestag vertretenen Parteien werden derzeit einige weitere Bewerber als aussichtsreiche Kandidaten für den Bundestag gehandelt. Die Piraten haben sich das Thema Transparenz auf die Fahnen geschrieben – und damit auch die Lobbytransparenz. Ihr Wahlprogramm enthält folgende Forderungen: Einführung eines Lobbyregisters, mehr Transparenz bei Nebeneinkünften und Sponsoring, eine Karenzzeit für Seitenwechsler sowie für eine verschärfte Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung.
Das Wahlprogramm der Alternative für Deutschland (AfD) enthält zum Thema Lobbyregulierung einzig die Forderung, dass das Abgeordnetenmandat „nicht unter bezahlten Nebentätigkeiten“ leiden dürfe. Die Freien Wähler machen sich für ein Lobbyregister, für eine verschärfte Strafbarkeit von Abgeordnetenkorruption und für eine Deckelung von Parteispenden und -sponsoring stark.
Fazit: Große Unterschiede zwischen den Parteien
Die Gesamtschau der Wahlprogramm zeigt: Bei Transparenz und Schranken für Lobbyismus gibt es große Unterschiede zwischen dem Regierungslager und der jetztigen Opposition. Während Schwarz-Gelb dem Thema kaum ein Wort widmet, zeichnen sich die Wahlprogramme von SPD, Grüne und Linke durch konkrete Vorschläge für mehr Lobbyregulierung aus.
In den nächsten Wochen werden wir die Parteien mit unseren Wahlprüfsteinen noch einmal nach ihren Positionen zu Lobbyregulierung befragen. Vor allem von Union und FDP wollen wir wissen, ob sie ihre Blockadepolitik der letzten Jahre wirklich fortsetzen wollen. Die Ergebnisse werden wir in unserem Blog zusammenstellen und kommentieren.
Weitere Informationen
- Unsere Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit finden Sie in unserem Lobbyreport.
- Unser Positionspapier als pdf.
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