Mit dem Seitenwechsel des schwarz-gelben Staatsministers Eckart von Klaeden zu Daimler, den Vortragshonoraren von Peer Steinbrück oder der Debatte um Abgeordnetenbestechung zählten auch Schranken für Lobbyisten zu den Themen im Wahlkampf. Wir von LobbyControl haben die fünf im Bundestag vertretenen Parteien gefragt, wie sie Lobbyismus transparent machen und kontrollieren wollen. Das Ergebnis: es gibt große Unterschiede zwischen den aktuellen Regierungs- und den Oppositionsparteien. Die Antworten bestätigen unseren Lobbyreport zur ausgehende Legislaturperiode. Während die Oppositionsparteien Lobbyisten stärker regulieren wollen, lehnen FDP und besonders die Union dies weitgehend ab.
Unsere Fragen an die Parteien
Im August haben wir den im Bundestag vertretenen Parteien Fragen zu fünf Themenkomplexen gestellt. Wollen sie ein verpflichtendes Lobbyregister? Wie stehen sie zu Karenzzeiten von Ministern und anderen Amtsträgern? Wie sollen Abgeordnete ihr Einkommen aus Nebentätigkeiten offenlegen? Wo liegen Grenzen bei der Parteienfinanzierung? Was soll gegen Korruption bei Abgeordneten und Parteien getan werden?
Die fünf Parteien (CDU/ CSU, SPD, FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen) haben alle geantwortet. Zudem haben wir von vier kleineren im Wahlkampf vertretenen Parteien die Wahlprogramme ausgewertet: AfD, Freie Wähler, ÖDP und die Piratenpartei.
Klare Lagerbildung, kleine Abweichungen
Unsere Auswertung (pdf) hat große Unterschiede zwischen den Oppositionsparteien und der Regierungsfraktion sichtbar gemacht. Während Union und FDP die bisherigen Kontrollen und Transparenzregeln für ausreichend erachten, wollen die Oppositionsparteien Lobbyismus stärker regulieren, jedoch bestehen durchaus Unterschiede zu den LobbyControl-Forderungen.
Die ablehnendste Haltung zu mehr Transparenz und Lobbyregulierung vertritt demnach die CDU/ CSU. Sie hat zum großen Teil ihre Antworten auf die Wahlprüfsteine von 2009 wiederholt. Das gilt sogar für die falsche Aussage, dass die Eintragung in die freiwillige Verbändeliste des Bundestages die Voraussetzung für die Teilnahme an Anhörungen oder die Erteilung von Hausausweisen sei (siehe dazu den Artikel Verbändeliste in der Lobbypedia). Auch dass die Verbändeliste kein richtiges Lobbyregister ist, will die Union nicht wahrhaben.
Die FDP teilt bedauerlicherweise diese Sicht beim Thema Lobbyregister. Dennoch ist sie an einigen Stellen zu (kleineren) Fortschritten bereit. Die drei Oppositionsparteien teilen die meisten LobbyControl-Forderungen, mit Abweichungen in einzelnen Punkten. Im Vergleich zu 2009 haben sie ihre Positionen weiter ausgebaut.
Bei den kleineren Parteien haben die Piraten neben der ÖDP das ausgefeilteste Programm. Auch die Freien Wähler greifen mehrere unserer Forderungen auf.
Die Themenfelder im Überblick
Für ein verpflichtendes Lobbyregister sprechen sich alle Oppositionsparteien aus. Union und FDP behaupten dagegen, dass die bestehende freiwillige Verbändeliste beim Bundestag ausreiche. Dort sind aber weder Unternehmen noch Lobbyagenturen oder Anwaltskanzleien enthalten. Zudem fehlen Daten zu den Ausgaben für Lobbyarbeit, den bearbeiteten Themen oder den Namen der jeweiligen Lobbyisten (wie etwa in den USA oder schwächer in der EU).
Parteienfinanzierung: Bemerkenswert ist, dass sich bis auf die Union alle Parteien dafür aussprechen, das Sponsoring von Parteiveranstaltungen offen zu legen. Dieser Bereich ist bislang vollkommen intransparent. SPD, Grüne und Linke unterstützen zudem mehr Transparenz sowie Obergrenzen bei Parteispenden (in unterschiedlicher Höhe).
Auch bei den Nebeneinkünften zeigt sich eine klare Lagerbildung: SPD, Grüne und Linke befürworten eine Offenlegung auf Euro und Cent und tendenziell die Schließung weiterer Transparenzlücken. Union und FDP halten die jüngst beschlossene Offenlegung in 10 Stufen für ausreichend.
Angesichts der Wechsel von ehemaligen Regierungsmitgliedern in Lobbytätigkeiten unterstützen die Oppositionsparteien Karenzzeiten, die aber zum Teil deutlich unterschiedlich ausgestaltet sind. Bei dem Thema gibt es die meisten Abweichungen. Die FDP ist hier immerhin für einen Verhaltenskodex, der eine Untersagung neuer Jobs ermöglichen solle, „wenn eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen droht“.
Beim Thema Abgeordnetenbestechung sind alle Parteien im Prinzip für die lange überfällige Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption. Allerdings sind auch hier deutliche Unterschiede erkennbar. Alle Oppositionsparteien haben dazu eigene Gesetzesentwürfe eingebracht, die sie nach der Wahl umsetzen wollen. Union und FDP betonen dagegen die juristischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Die FDP sagt, dass sie sich für eine „verfassungskonforme Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption“ einsetzen will. CDU und CSU wollen „weiter beraten, wie eine Umsetzung des Übereinkommens erfolgen kann“. In den vergangenen Monaten haben Union und FDP de facto allerdings den Beratungsprozess zu dem Thema verschleppt und keine eigene Initiative in dem Feld gezeigt – obwohl sie als Regierungsparteien dafür in der Verantwortung standen. Im Wahlkampf hat sich allerdings CSU-Parteichef Horst Seehofer neu positioniert und für eine Umsetzung der UN-Konvention ausgesprochen. Die gemeinsame Antwort von CDU und CSU bleibt trotzdem sehr zurückhaltend.
Fazit: Orientierungshilfe für ein Zukunftsthema
Insgesamt zeigen die Antworten, dass sich die Debatte seit 2009 weiterentwickelt hat. Allerdings bleiben große Unterschiede zwischen den Parteien, und in der Praxis hinkt Deutschland in Sachen Lobbyregulierung und Transparenz weiterhin hinterher.
Die Wahlprüfsteine bieten eine Orientierungshilfe für alle, denen das wichtige Thema Lobbyismus und Demokratie am Herzen liegt. Hier können Sie die Wahlprüfsteine (pdf) herunterladen.
Über die Wahl hinaus Druck machen
Mit der Aktion „Meine Stimme gegen Lobbyismus und für Demokratie“ wollen wir über die Wahl hinaus den Druck auf die Parteien erhöhen, für mehr Transparenz und eine striktere Regulierung des Lobbyismus zu sorgen. Wir sammeln Unterschriften unter unsere Forderungen sowie Botschaften von Bürgerinnen und Bürger an die neue Regierung. Diese sollen zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen an die nächsten Regierungsparteien übergeben werden. Machen Sie mit, damit dem Lobbyismus endlich Schranken gesetzt werden!
Alle Dokumente zum Herunterladen
- Unsere Auswertung der Wahlprüfsteine in tabellarischer Form
- Unser Maßstab: unser Positionspapier und kleine Erweiterungen im Lobbyreport 2013.
Die ausführlichen Antworten der Parteien im Original
- Antworten der SPD
- Antworten der CDU/CSU
- Antworten der FDP
- Antworten der Linken
- Antworten von Bündnis 90/Die Grünen
Weitere Informationen:
- Unsere Pressemitteilung zu den Wahlprüfsteinen
- Wahlprüfsteine von Transparency International Deutschland zur Landtagswahl in Bayern
- Eine ausführliche Aufarbeitung der Lobbyismus-Debatte 2009-2013 mit Fallbeispielen finden Sie im Lobbyreport 2013
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