Aus der Lobbywelt

Wissenschaft im „Würgegriff“ der Tabakindustrie

Spiegel Online berichtet über eine neue Studie zum Einfluss der Tabaklobby auf die Wissenschaft in Deutschland: Die Tabakindustrie hat demnach über Jahrzehnte geschafft, renommierte deutsche Wissenschaftler in großer Zahl zu finden, die in ihren Veröffentlichungen die Beweise für die tödlichen Auswirkungen des Qualmens „manipulieren und verdrehen“, so die Studie. Sie beruht auf der Auswertung interner […]
von 4. Dezember 2005

Spiegel Online berichtet über eine neue Studie zum Einfluss der Tabaklobby auf die Wissenschaft in Deutschland: Die Tabakindustrie hat demnach über Jahrzehnte geschafft, renommierte deutsche Wissenschaftler in großer Zahl zu finden, die in ihren Veröffentlichungen die Beweise für die tödlichen Auswirkungen des Qualmens „manipulieren und verdrehen“, so die Studie. Sie beruht auf der Auswertung interner Dokumente der Industrie, die diese Ende der 90er Jahre nach Gerichtsverfahren in den USA offenlegten.

Schon 2002 hatte eine Untersuchung des Center for Tobacco Control Research and Education (pdf) gezeigt, wie die Tabakindustrie besonders ihren Einfluss auf deutsche Politiker (inkl. Helmut Kohl und Martin Bangemann) nutzte, um das geplante EU-Tabakwerbeverbot zu blockieren.

Drei Zitate aus dem aktuellen Spiegel Online-Artikel:

„Mindestens 80 zumeist hochrangige Klinikprofessoren hätten sich ‚im Würgegriff der Tabakindustrie‘ befunden, weil sie Forschungsgelder annahmen. Denn fast immer waren die Zuschüsse an Vorgaben geknüpft, die die Auftraggeber bestimmten – ein Lehrstück für gekaufte Wissenschaft. Internisten, Toxikologen oder Pneumologen, die sich im Hauptberuf um die Heilung von Raucherkrankheiten bemühten, wurden quasi im Nebenjob Teil der Geschäftsstrategie der Zigarettenkonzerne.

„Deutschland war nach den USA die wichtigste Operationsbasis der Tabaklobby. Schon 1975 gründete der Verband der Cigarettenindustrie (VDC) den ‚Forschungsrat Rauchen und Gesundheit‘. Als Vorsitzenden gewann der VDC ausgerechnet Dietrich Schmähl, damals ein Direktoriumsmitglied des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg. Eine absurde Konstruktion: Der Professor stand der wichtigsten deutschen Institution gegen den Rauchertod vor – und war gleichzeitig Verteiler der Tabakgelder. Die Investition lohnte sich für die Lobbyisten: Für den anfangs 14 Mann starken Forschungsrat rekrutierte Schmähl das Who’s who deutscher Klinikprofessoren.“

„Weltweit agierten die Firmen nach einer Art vierstufigem Masterplan. Erstens: Sie wollten Wissenschaftler für sich gewinnen; zweitens: Sie wollten sich Gefälligkeitsdienste sichern; drittens: Sie wollten andersdenkende Wissenschaftler in die Isolation drängen; viertens: Sie wollten möglichst viele Arbeiten veröffentlichen, um tabakfeindlichen Studien etwas entgegensetzen zu können.“

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