Das Innenministerium hat dem Bundestag den zweiten Bericht über die Beschäftigung „Externer Mitarbeiter“ in den Bundesministerien vorgelegt. Der Bericht, der auch uns vorliegt, zeigt zunächst, dass sich unser Einsatz gegen diese Praxis gelohnt hat:
Unser Erfolg: Weniger Lobbyisten in den Ministerien!
Zwar gibt es weiterhin von privaten Stellen entsandte Mitarbeiter/innen in den Ministerien. Doch ist ihre Zahl seit Inkrafttreten der Richtlinie, die die Dauer und Einsatzbereiche stark einschränkt, zurück gegangen. Insbesondere Unternehmen und Wirtschaftsverbände scheinen das Interesse zu verlieren, seit sie nicht mehr an Gesetzen mitschreiben dürfen. Keiner der in diesem Bericht neu aufgeführten Fälle stammt aus Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden. Der einzige Fall seit Inkrafttreten der Richtlinie sind die Berliner Wasserbetriebe, deren Einsatz wir bereits nach dem ersten Bericht kritisierten. Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle, die unsere Kampagne „Keine Lobbyisten in Ministerien“ mit Protest und Spenden unterstützt haben – Ihr Engagement hat den Erfolg unserer Arbeit ermöglicht!
Weiterhin Unregelmäßigkeiten
Zugleich haben wir bei unserer Auswertung erneut Unregelmäßigkeiten festgestellt. So sind drei Fälle aus dem ersten Bericht von September 2008 in dem neuen Bericht nicht mehr zu finden, obwohl ihre Mitarbeit im Ministerium laut erstem Bericht im neuen Berichtszeitraum weiter lief. Umgekehrt wird im neuen Bericht ein Mitarbeiter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt im Gesundheitsministerium gelistet, der schon im August 2008 dort tätig war und demnach im ersten Bericht hätte aufgeführt werden müssen.
Schlupflöcher und fehlende Öffentlichkeit
Unklar bleibt außerdem, ob nicht Schlupflöcher genutzt werden: Von der Regulierung und Berichtspflicht werden befristete Arbeitsverhältnisse und Beratungsverträge nicht erfasst.
Außerdem ist auch dieser Bericht nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, sondern lediglich den Ausschüssen des Bundestages vorgelegt worden.
Hier ist der Bundestag gefragt, seine Kontrollfunktion ernst zu nehmen, die Schlupflöcher zu schließen und für umfassende Transparenz auch gegenüber der Öffentlichkeit zu sorgen. LobbyControl tritt weiter dafür ein, die Beschäftigung externer Mitarbeiter in Ministerien ganz zu stoppen.
Laxe Umsetzung der Verwaltungsvorschrift
Auch wird die Verwaltungsvorschrift zu lax gehandhabt. Zwar heißt es darin, der Einsatz solle „im Regelfall sechs Monate nicht überschreiten“. Von den 14 neuen Fällen seit Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift wurden jedoch nur drei für einen Zeitraum bis zu sechs Monaten entsandt. Sechs bleiben bis zu einem Jahr, vier bis zu zwei und einer länger als zwei Jahre. Im Bericht heißt es dazu: „Der Anteil der maximal sechs Monate tätigen Personen hat sich somit seit Inkrafttreten der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift von 13 auf rund 21,4 % deutlich erhöht“. Hinter dieser blumigen Formulierung verbirgt sich, dass das, was laut Richtlinie die Regel sein sollte, weiterhin die Ausnahme bleibt.
Mangelnde Übersichtlichkeit
Insgesamt mangelt es auch dem zweiten Bericht an Übersichtlichkeit. Es fehlt eine Kennzeichnung der neu hinzu gekommenen Fälle und der Fälle, die unter die Verwaltungsrichtlinie fallen. Unklar ist auch, wie die Klassifizierung der entsendenden Stellen (in Wissenschaft, gemeinnützige Einrichtungen, Wirtschaft) vorgenommen wurde.
Laut Bericht wurde nur eine Person im Rahmen des Personalaustauschprojektes eingesetzt, obwohl dieser in der Einleitung als wichtiger Grund für die Praxis überhaupt angeführt wird. Inwieweit auch Beamte im Austausch in Unternehmen oder Verbänden tätig waren, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Weitere Informationen zum Thema:
Die Pressemitteilung mit einer Auflistung der neuen Fälle gibt es hier (pdf). Alle bisher bekannten Fälle sind in unserer Datenbank www.keine-lobbyisten-in-ministerien.de zu finden. Wir werden sie in den nächsten Tagen um die neuen Fälle ergänzen. Eine Analyse des ersten Berichtes und eine Auflistung der Fälle aus dem ersten Bericht hatten wir bereits im September 08 veröffentlicht.
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Aktualisierung (17.4.09)
Über unsere Kritik berichtete heute die Frankfurter Rundschau; der Blog Carta veröffentlichte soeben den Bericht selbst in Originalfassung (pdf).
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