Handelspolitik

Durchsichtige Salamitaktik: EU will Paralleljustiz für Konzerne bei JEFTA reinmogeln

Die EU will auch bei JEFTA Sonderklagerechte für Konzerne festlegen. Um die Mitsprache der Parlamente auszuhebeln, wird dieser Aspekt allerdings separat in einem Investitionsabkommen mit Japan verhandelt.
von 18. Mai 2018

Das JEFTA-Handelsabkommen mit Japan ist bereits vollständig ausgehandelt. Es soll Anfang Juli von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Im Geheimen geht es parallel weiter mit Verhandlungen zu den umstrittenen einseitigen Konzernklagerechten, die es ausländischen Investoren ermöglichen, gegen Staaten zu klagen. Um diese abzusichern, soll bis Ende des Jahres ein Investitionsschutzabkommen mit Japan her. Anstatt die Kritik von Bürgerinnen und Bürgern an den Konzernklagerechten ernstzunehmen, werden sie ohne öffentliche Diskussion vorangebracht. Auch weitere Handelsabkommen mit anderen Staaten werden wieder im Geheimen verhandelt.

Rund die Hälfte der JEFTA-Verhandlungsrunden fanden im Geheimen in Tokio statt. Bild: Okajun; CC BY-SA 3.0.

Rund die Hälfte der JEFTA-Verhandlungsrunden fanden im Geheimen in Tokio statt. Bild: Okajun; CC BY-SA 3.0.

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Der Stand bei den Verhandlungen mit Japan

Als sich im Herbst 2017 abzeichnete, dass es Unruhe und keine schnelle Einigung mit Japan über Schiedsgerichte geben würde, entschied sich Handelskommissarin Malmström, das Thema in ein separates Investitionsschutzabkommen zu verlagern. Die bei TTIP und CETA heftig kritisierten Konzernklagerechte vor Sondergerichten sind damit allerdings nicht vom Tisch. Sie werden kurzerhand getrennt vom Rest des JEFTA-Abkommens verhandelt. Das ist eine durchsichtige Salamitaktik, um die Mitsprache der nationalen Parlamente zu umgehen.

Denn ohne Schiedsgerichte gilt JEFTA laut EU-Kommission nicht mehr als sogenanntes gemischtes Abkommen und bedarf damit nicht der Ratifizierung durch Bundestag und Bundesrat. Die Kommission fürchtet die Kritik von Bürgerinnen und Bürgern und geht so auf Nummer sicher. Der Teil mit den Konzernklagerechten soll später ohne große Debatte nachgereicht werden – so das Kalkül der Verhandler.

Bundesregierung zieht mit EU-Kommission an einem Strang

Das es von der Bundesregierung wenig Aufregung darüber gab, verwundert nicht. Denn sie gehört zu den Treibern hinter dem Abkommen mit Japan und der umstrittenen Paralleljustiz für Konzerne. Doch überraschend ist schon, dass bislang vonseiten der Opposition äußerst wenig Kritik an der Situation zu hören ist, werden die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten doch bei JEFTA übergangen. Und das obwohl nach der Kritik an TTIP und CETA versprochen wurde, die Abgeordneten der nationalen Parlamente besser in die EU-Handelspolitik einzubinden.

Trotz TTIP-Kritik weiter Geheimverhandlungen um Handelsabkommen

Doch damit nicht genug. Nicht nur bei den Verhandlungen um Konzernklagerechte geht es undurchsichtig zu. Auch bei JEFTA selbst wurde die Öffentlichkeit trotz erheblicher Kritik in den vergangenen Jahren an TTIP und CETA nicht stärker eingebunden. Selbst das Verhandlungsmandat der EU-Kommission wurde erst nach 18 Verhandlungsrunden öffentlich – und das nur, weil sich die Umweltorganisation Greenpeace entschloss, es zu „leaken“. Und es laufen weitere, ähnliche Verhandlungen zu Abkommen der EU-mit Singapur, Mexiko und den lateinamerikanischen Mercosur-Ländern, ohne das wir mehr darüber erfahren. Diese Intransparenz ist ein Skandal.

Treffen des Kabinetts der Generaldirektion Handel mit Lobbyisten zwischen Dezember 2014 und Januar 2018.

Treffen des Kabinetts der Generaldirektion Handel mit Lobbyisten zwischen Dezember 2014 und Januar 2018.

Einseitige Einflüsterer

Es kommt hinzu, dass sich am einseitigen Lobbyeinfluss auf die Handelspolitik ebenfalls nichts grundlegend geändert hat. Nach wie vor dominieren Konzernlobbyisten unter denjenigen, die sich mit dem Kabinett von Handelskommissarin Malmström treffen: 481 der 555 Treffen fanden mit Vertretern von Unternehmen statt. Das zeigt unsere Auswertung der Lobbytreffen von Dezember 2014 bis Januar 2018. Die Kommission boxt also nicht nur mit Hilfe der Bundesregierung einseitige Konzernklagerechte durch. Sie hört sich auch in erster Linie die Interessen von deren Lobbyisten an.

Schwer verträglicher Cocktail: Konzerndominanz und Geheimverhandlungen

Die Mischung aus Geheimniskrämerei bei den Verhandlungen zu umstrittenen Themen wie Konzernklagerechten und einem gleichzeitigen einseitigem Lobbyeinfluss von Unternehmen ist brisant. Wir fordern von EU-Kommission und Bundesregierung einen grundlegenden Kurswechsel in der Handelspolitik, der Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl gibt, dass ihre Interessen und nicht nur die der Konzerne ernst genommen werden. Dafür werden wir gemeinsam Druck machen.

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